Neues Pflegesystem soll für Entlastung der Pfleger sorgen und Patienten mehr Freiheiten gewähren
Pflegebedürftige Person sind auf die Hilfe von anderen Menschen angewiesen, oft rund um die Uhr. Dies erfordert einen hohen zeitintensiven Einsatz des Pflegepersonals, beziehungsweise der Person, die die Pflege übernimmt. Für die Pfleger, aber auch für den Hilfebedürftigen, kann diese Situation zu Stress und enormer psychischer Belastung führen. Das Forschungsinstituts IDC der Wilhelm Löhe Hochschule (WLH) entwickelte eine Idee, um das Pflegesystem zu entlasten. Ein intelligentes Pflaster soll verschiedene Daten des Pflegebedürftigen überwachen und so erkennen, wann diese Hilfe benötigen. Der Pfleger wird umgehend informiert und kann zur Hilfe eilen.
Zur Zeit zeichnet sich ab, dass Pflegedienste die rapide steigende Nachfrage an professioneller Unterstützung im Pflegebereich bald nicht mehr decken können. Experten der WHL befürchten einen gravierenden Versorgungsengpass. Mit dem Pflegesystem „moio care“ soll dieser Entwicklung entgegen gewirkt werden. Die Idee ist, dass Pfleger künftig erkennen können, wann eine Person tatsächlich Hilfe benötigt. Dies erspart dem Pfleger Zeit durch ständige Kontrollen und gewährt dem Patienten mehr Privatsphäre und Mobilität. So soll das Pflaster beispielsweise erkennen, wann ein Patient umgelagert werden muss, ob er gestürzt ist oder sich verirrt hat.
Das Pflegesystem ist überlastet
Pflegestatistiken des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass unser Pflegesystem überlastet ist und dass dringend neue Lösungen gefunden werden müssen. Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes gibt es 2,6 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland und diese Zahl steigt jährlich um circa 48.000 Menschen. Viele der Betroffenen leiden an Demenz. Für das Jahr 2019 wird eine Anzahl von mehr als 1,8 Millionen Demenzerkrankungen prognostiziert. In der gesamten EU mehr als 10 Millionen. Sollte der Anstieg weiter wie bisher laufen, wird sich die Anzahl dementer Personen alle 20 Jahre verdoppeln, so dass im Jahr 2050 weltweit circa 131 Millionen Menschen dement sind.
Wie kann das neue Pflaster helfen?
Ein dünnes und flexibles Pflaster wird auf den Rücken des Patienten geklebt. Dieses enthält verschiedene Sensoren, womit das neue „TeleCare-System“ bestimmte Werte überwacht. Wenn ein konkreter Handlungsbedarf besteht, wird umgehend der verantwortliche Pfleger informiert. Somit müssen Patient und Pfleger nicht mehr in unmittelbarer Nähe aneinander gebunden sein, was zum einen die Kontroll- und Routineaufgaben des Pflegers stark entlastet und zum anderen dem Pflegebedürftigen mehr Mobilität, verbesserte Privatsphäre, mehr Selbstständigkeit und höheren Schutz gewährt.
Was genau wird überwacht?
In der ersten Entwicklungsstufe soll das Pflaster mit einem Ortungssystem ausgestattet sein, dass Pfleger darüber informiert, wenn eine Pflegeperson, die beispielsweise desorientiert ist, eine definierte Zone verlässt. Somit können sich Demenzkranke in bekannten Gebieten frei bewegen. Zusätzlich ist das Pflaster mit Beschleunigungs- und Lagesensoren ausgestattet, die einen Sturz erkennen, beziehungsweise eine Sturzgefahr einschätzen können. Auch vor dem Wundliegen einer bettlägrigen Person kann das Pflaster schützen. Es informiert den Pfleger, wie lange eine Person bewegungslos in einer bestimmten Positionierung verharrt hat. Außerdem legt das Pflaster ein Aktivitätsprotokoll der Pflegeperson an, wodurch die Ernährung besser auf den Patienten abgestimmt werden kann.
Wann wird das Pflaster auf dem Markt eingeführt?
Das von der WHL stammende Konzept des Pflasters soll nun über die für diesen Zweck gegründete Firma „MOIO GmbH“ zur Marktreife gebracht werden. Das Unternehmen plant die Zulassung als Medizinprodukt im zweiten Halbjahr 2018. Vorher muss allerdings noch die Hürde der Finanzierung genommen werden, für die zur Zeit eine Crowdfunding-Kampagne läuft. Dort möchte das Unternehmen 250.000 Euro für die anstehenden Entwicklungsschritte und die Vorbereitung zur Markteinführung des neuen Systems erzielen.
Das Projekt hat starke Unterstützung
„Bislang am Markt verfügbare Geräte sind für Menschen mit Demenz häufig ungeeignet, da sie unbemerkt vergessen, abgenommen oder verloren werden können und zudem häufig bewusste Aktionen des Trägers erfordern”, erklärt Jürgen Besser, Geschäftsführer der MOIO Gmbh in einer Pressemitteilung der Diakonie Neuendettelsau, die das Projekt initiierte und unterstützt. Die Diakonie gehört mit über 200 Einrichtungen und rund 7.200 Mitarbeitenden zu einem der größten diakonischen Unternehmen in Deutschland. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.