Beeinträchtige Transportproteine Auslöser für Epilepsie
14.02.2012
Forscher des Instituts für Zell- und Neurobiologie an der Berliner Charité haben die Entstehung von Epilepsie im Gehirn entschlüsselt. Demnach ist die chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS) maßgeblich durch die beeinträchtigte Funktion bestimmter zellulärer Ionentransporter beeinflusst.
Im Rahmen ihrer Untersuchungen konnten die Wissenschaftler um den Privatdozent Dr. Rudolf A. Deisz vom Institut für Zell- und Neurobiologie erstmals einen der ursächlichen molekularen Mechanismen im menschlichen Gewebe für die Entstehung von Epilepsie identifizieren. Im Rahmen der Veröffentlichung ihrer Studienergebnisse in der Fachzeitschrift „The Journal of Physiology“ (JP) erklären die Forscher, dass es ihnen gelungen sei, die speziellen Störungen der Nervenzellen, die an der Entstehung von fokalen, therapieresistenten Epilepsien beteiligt sind, zu entschlüsseln. Demnach spielt die Verminderung spezieller zellulärer Transportproteine eine wesentliche Rolle.
Verminderung bestimmter Transportproteine verursacht Epilepsie
Laut Aussage des Forscherteams um Dr. Rudolf Deisz verursacht die Verminderung sogenannter zellulärer Ionentransporter in der Ursprungszone des Anfalls das Auftreten der Epilepsie. Spezielle Formen dieser Transportproteine seien in ihrer Funktion beeinträchtigt und bedingen so eine Fehlverteilung von Chloridionen an den Nervenzellen, erklären die Wissenschaftler. Auf diese Weise werde die korrekte Signalweitergabe durch den hemmenden Überträgerstoff GABA im Zentralnervensystem gestört. Die Fehlverteilung der Chloridionen ist somit Grundlage einer gesteigerten Nervenzellaktivität, da sie einen maßgeblichen Einfluss auf die Effektivität der hemmenden GABA Wirkung hat. Diese Übererregbarkeit der Nervenzellen hat zur Folge, dass zunächst kleine Zellgruppen vermehrt zu große Impulse weitergeben. Hierdurch werden anschließend gleichzeitig größere Nervenzellverbände stimuliert und ein regelrechtes Feuerwerk der Impulse beginnt, welches sich als epileptischer Krampfanfall äußert. Etwa ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland leidet laut Aussage der Experten unter Epilepsie.
Neuer Ansatzpunkt zur Entwicklung von Epilepsie-Medikamenten
Aus früheren Studie war bereits bekannt, dass die GABA-Rezeptoren einen wesentliche Einfluss bei der Entstehung von Epilepsie haben können, nicht zuletzt, da rund 30 Prozent der Transmittermenge im Zentralen Nervensystem auf diese Rezeptoren entfallen. Doch gingen Forscher weltweit bislang davon aus, das ein Defekt unmittelbar an den GABA-Rezeptoren selber für die gestörte Signalweitergabe verantwortlich sei. Im Rahmen ihrer aktuellen Untersuchung konnten die Wissenschaftler um Dr. Deisz vom Institut für Zell- und Neurobiologie der Berliner Charité diese Theorie zur Entstehung von Epilepsie nun widerlegen. Verantwortlich seien bestimmte zelluläre Ionentransporter, die ihrerseits die Funktion der GABA-Rezeptoren beeinflussen, so die Aussage der Forscher. Nach Ansicht von Dr. Deisz und Kollegen ist dies möglicherweise auch die Erklärung dafür, warum die verordneten Epilepsie-Medikamente bisher bei vielen Betroffenen versagen. „Unsere Ergebnisse zeigen nicht nur eine entscheidende, ursächliche Störung (der Transportproteine) bei der Epilepsie“, sondern liefern auch eine Begründung für das Versagen der Medikamente, so der Privatdozent Dr. Deisz. So zeigten sich die Forscher im Rahmen ihrer Veröffentlichung zuversichtlich, mit ihren Ergebnissen „auch einen Ansatzpunkt zur Entwicklung wirksamerer Medikamente für die Behandlung der Epilepsie gefunden zu haben.“ (fp)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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