Körpereigene Heilung nach Herzinfarkten: Forscher entdecken entzündungshemmendes Protein GDF-15
03.05.2011
Die Heilungsprozesse nach einem Herzinfarkt laufen stets nach dem selben Muster ab, wobei ein bestimmtes Eiweiß einen wesentlichen Anteil an der Genesung hat. Denn das Protein verhindert überschießende Entzündungsreaktionen, so dass eine stabile Narbenbildung gewährleistet werden kann.
Forscher des Max-Planck-Instituts in Münster und er Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben ein Protein entdeckt, dass eine regulierende Wirkung auf Entzündungsprozesse hat. Das Eiweiß GDF-15 sorgt dafür, dass nach einem Herzinfarkt die im Zuge des natürlichen Heilungsprozesses auftretende Entzündung nicht ausufert und möglicherweise Schäden verursacht. Die Wissenschaftler haben ihre Forschungsergebnisse in dem Fachmagazin „Nature Medicine“ veröffentlicht.
Protein entscheidend für Heilungsprozesse nach Herzinfarkten
Bei einem Herzinfarkt stirbt Muskelgewebe im Herzen ab, dass vom Körper durch eine stabile Narbe ersetzt werden muss, um weiterhin die Funktionsfähigkeit des lebenswichtigen Organs zu gewährleisten. Wie die körpereigenen Heilungsprozesse nach einem Herzinfarkt im Detail aussehen, haben die Forscher des Max-Planck-Instituts und der MHH im Rahmen ihrer Studien genauer untersucht. Sie stellten fest, dass dabei ein bestimmtes Protein eine wesentliche Rolle spielt. Da während des Heilungsprozesses kontinuierlich weiter Blut gepumpt werden muss, steht die Narben im Herzmuskelgewebe fortwährend unter Belastung. Hier könnten die während der Heilung auftretenden Entzündungsreaktionen eine Schwächung des Gewebes bedingen und möglicherweise lebensbedrohliche Risse im Herzmuskel verursachen, erklärten die Forscher. Daher werde vom Körper unmittelbar nach einem Herzinfarkt das Protein GDF-15 gebildet, um überschießende Entzündungsreaktionen zu verhindern. Die beteiligten Biomediziner und Kardiologen konnten beobachteten, dass die Herzmuskelzellen während des Heilungsprozesses „vermehrt GDF-15 bilden: Schon nach zwölf Stunden stieg die Konzentration dieses Faktors um das zwanzigfache an – hauptsächlich im Infarktgebiet“, erklärte der Sprecher des Max-Planck-Instituts, Dirk Hans.
Protein verhindert überschießende Entzündungsreaktionen
Die zu beobachtende Entzündungsreaktion sei ein natürliches Element des Heilungsprozesses nach einem Herzinfarkt, berichten die Forscher. Allerdings müssen für eine stabile Narbenbildung überschießende Entzündungsprozesse dringend verhindert werden, erklärte der Sprecher des Max-Planck-Instituts. Hier entdeckten die Forscher nun „einen völlig neuen Mechanismus, mit dem der Körper (diese) überschießende Entzündungsreaktionen verhindert“, betonte Dirk Hans. Die Entzündungsreaktion wird im wesentlichen durch weiße Blutkörperchen ausgelöst, die in den Entzündungsherd einwandern und hier „an die Wand der Blutgefäße“ andocken, erklärte Dietmar Vestweber vom Max-Planck-Institut. Damit dieses Andocken möglich ist, müssen auf der Oberfläche der weißen Blutkörperchen sogenannte Integrin-Moleküle aktiviert werden, so der Experte des Max-Planck-Instituts weiter. „Dadurch verändern diese Moleküle ihre Form, sie richten sich auf und können zum Andocken an die Wand der Blutgefäße genutzt werden“, erläuterte Vestweber.
GDF-15 verhindert das Andocken weißer Blutkörperchen
Die Forscher der MHH und des Max-Planck-Instituts haben bei ihren Untersuchungen nun erstmals den Mechanismus entdeckt, der das Aufrichten der Integrine und damit deren Aktivierung hemmt. Vestweber erläuterte: „Wenn GDF-15 an die weißen Blutkörperchen bindet, bleiben die Integrine inaktiv, und die weißen Blutkörperchen können im Entzündungsgebiet an der Blutgefäßwand nicht andocken.“ Auf diese Weise sorge „GDF-15 dafür, dass der Entzündungsprozess reguliert abläuft und nicht überschießt und Schaden anrichtet“, erklärten die Wissenschaftler. Die Forscher fanden bei der Untersuchung an Mäusen außerdem heraus, dass ohne GDF-15 ein deutlich erhöhtes Risiko schwerwiegender gesundheitlicher Probleme nach einem Herzinfarkt bestehe. So starben die Mäuse, die kein GDF-15 produzieren konnten, kurze Zeit nach einem Herzinfarkt, da es „bei ihnen zu einer überschießenden Entzündungsreaktion“ kam, erklärte Vestweber. Bei den Mäusen ohne GDF-15 habe der Körper „das abgestorbene Gewebe zu schnell abgebaut, so dass der Herzmuskel einriss“, erläuterte Kai Wollert von der MHH.
Entdecktes Protein auch bei andere Krankheiten einsetzbar?
Die Experten des Max-Planck-Instituts und der MHH stellten außerdem fest, dass das Protein GDF-15 nicht nur nach einem Herzinfarkt eine entzündungshemmende Wirkung entfaltet, sondern der gleiche Prozess „auch in Geweben außerhalb des Herzens“ festzustellen ist. „Das scheint ein generelles Prinzip der Entzündungshemmung zu sein“, betonte Dietmar Vestweber. So könnte das Protein auch bei der Bekämpfung anderer Krankheiten, die mit überschießenden Entzündungsreaktionen einhergehen, interessant sein, erklärte Vestweber. Insbesondere bei Entzündungen im Körperinneren wie zum Beispiele Magenschleimhautentzündungen oder Nierenbecken-Entzündungen könnten neue Medikamente auf Basis des entdeckten Mechanismus des Proteins GDF-15 die Behandlung in Zukunft deutlich vereinfachen. (fp)
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