Mesalazin: Altes Medikament gegen Darmerkrankungen verringert Tumorbildung deutlich
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Jedes Jahr sterben hierzulande rund 26.000 Menschen daran. Gesundheitsexperten zufolge sind etwa zwei bis drei Prozent aller Darmkrebserkrankungen auf das Lynch-Syndrom zurückzuführen. Ein internationales Forscherteam hat nun festgestellt, dass Lynch-Syndrom-Patienten, die den Wirkstoff Mesalazin erhalten, deutlich seltener Tumore entwickeln.
Jede achte Krebserkrankung betrifft den Darm
Laut der Stiftung Deutsche Krebshilfe betrifft rund jede achte Krebserkrankung von Frauen und Männern in Deutschland den Darm. „Unter dem Oberbegriff „Darmkrebs“ werden Krebserkrankungen des Dickdarms (Kolon), des Enddarms (Mastdarm/Rektum) und des Darmausgang (Anus) zusammengefasst“, schreiben die Experten auf ihrer Webseite. Medizinern zufolge sind etwa zwei bis drei Prozent aller Darmkrebserkrankungen auf das Lynch-Syndrom zurückzuführen. Forscher haben nun herausgefunden, dass Lynch-Syndrom-Patienten, die ein bestimmtes, schon lange auf dem Markt erhältliches Medikament erhalten, deutlich seltener Tumore entwickeln.
Die häufigste genetische Tumorerkrankung des Darms
Gesundheitsexperten zufolge liegt bei fast einem Drittel der Darmkrebsfälle ein familiäres Risiko zu Grunde.
Neben der familiären Vorbelastung gibt es allerdings noch weitere Faktoren, die das Risiko für eine Darmkrebserkrankung erhöhen können.
So ist die Gefahr bei Menschen, die an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa sowie Morbus Crohn leiden, größer.
Zudem zählen Bewegungsmangel, Rauchen, Alkoholkonsum und Fehlernährung, wie eine sehr fett- und fleischreiche Kost, zu den Faktoren, die das Darmkrebsrisiko erhöhen.
Allerdings sind auch rund zwei bis drei Prozent aller Darmkrebserkrankungen auf das Lynch-Syndrom zurückzuführen, die häufigste genetische Tumorerkrankung des Darms.
Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass Lynch-Syndrom-Patienten, die den entzündungshemmenden Wirkstoff Mesalazin erhalten, seltener Tumore entwickeln und sich auch die Anzahl der Tumor-Neubildungen (Neoplasien) deutlich verringert.
Beteiligt an dem internationalen Forscherteam waren Experten der Universitätsklinik für Chirurgie und der Universitätsklinik für Innere Medizin III der Medizinischen Universität (MedUni) Wien.
Bestätigung der Resultate erwartet
„Im Schnitt entwickeln 94 von 100 Betroffenen Tumore, bei Gabe des Wirkstoffs sind es nur noch 69“, erklärt Judith Karner-Hanusch, Expertin für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie an der MedUni Wien in einer Mitteilung.
„Die Tumoranzahl wiederum reduziert sich von durchschnittlich 3,1 auf 1,4 pro Patient.“ Das konnte im Mausmodell gezeigt werden. Nun steht die Phase II-Studie beim Menschen bevor.
Die Ergebnisse sind aber derart vielversprechend, dass man eine Bestätigung der Resultate erwarten kann, so Christoph Gasche, Leiter des Labors für Molekulare Karzinome und Mitglied des Comprehensive Cancer Centers (CCC), einer gemeinsamen Einrichtung von MedUni Wien und AKH Wien.
„Es sollte uns gelingen, zu beweisen, dass die PatientInnen durch die Einnahme dieses für viele Indikationen bereits zugelassenen Medikaments von der vererbten Tumorlast größtenteils befreit werden.“
Die Studie wird gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Deutschland, Polen, Israel, Schweden und den Niederlanden durchgeführt.
Risiko durch Gebärmutterkrebs erhöht
Mesalazin ist ein Amin-Derivat der Salicylsäure (5-Aminosalicylsäure/5-ASA), das als entzündungshemmender Arzneistoff bei der Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (etwa Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) eingesetzt wird.
Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass Mesalazin beim genetisch vererbbaren Lynch-Syndrom dazu führt, die Tumoranzahl um 50 Prozent zu reduzieren.
Die Risikogruppe für das Lynch-Syndrom umfasst Personen, in deren Familie es mindestens einen verwandten Patienten vor dem 50. Lebensjahr gegeben hat, in deren Familie die Erkrankung in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Generationen zu finden ist und in deren Familie es drei Angehörige mit erblichen Darmkrebsformen assoziierten Karzinomen gibt (Amsterdam-II-Kriterien) – sowie das junge Erkrankungsalter.
Außerdem, betont Karner-Hanusch, kann auch Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom) stark auf genetische Mutationen und auf das Lynch-Syndrom hinweisen:
„Frauen mit Gebärmutterkrebs, nicht zu verwechseln mit Gebärmutterhalskrebs (Anm. HPV), tragen ein 40-prozentiges Risiko für genetisch bedingten Darmkrebs mit sich und sollten sich austesten lassen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.