Neue Biomarker können Erfolg von Immuntherapie gegen Krebs voraussagen
Gesundheitsexperten zufolge erkranken jedes Jahr rund eine halbe Million Menschen in Deutschland an Krebs. Nach der Diagnose werden viele Betroffene operiert und erhalten eine Chemotherapie und/oder Bestrahlung. Seit einigen Jahren stehen auch Immuntherapien gegen Krebs zur Verfügung. Ob Patienten positiv darauf ansprechen, lässt sich nun schon vorab durch einen Bluttest vorhersagen.
Therapieerfolg lässt sich durch neue Biomarker vorhersagen
Immer mehr Menschen erkranken an Krebs. Dem Welt-Krebs-Bericht der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) zufolge könnte es weltweit bis zum Jahr 2025 jährlich zu 20 Millionen Krebs-Neuerkrankungen kommen. Hierzulande hat sich die Zahl der Neudiagnosen seit 1970 fast verdoppelt. Nach der Diagnose Krebs folgen häufig Operation, Bestrahlung und/oder Chemotherapie. Seit einigen Jahren setzen Ärzte auch auf Immuntherapien gegen Krebs. Der Erfolg dieser Behandlungsmethode lässt sich durch neue Biomarker vorhersagen, berichten Wissenschaftler aus der Schweiz.
Immuntherapie gegen Krebs
Aufsehenerregende Erfolge der Immuntherapie gegen Krebs gab es in den vergangenen Jahren schon häufiger.
So berichteten Ärzte vom Londoner Great Ormond Street Hospital (GOSH) über ein kleines Mädchen, das erstmals mit einer speziellen Zelltherapie geheilt wurde, die zuvor noch nie angewandt wurde.
Und in verschiedenen Ländern wurden mit einer neuen Immuntherapie gegen Blutkrebs vielversprechende Ergebnisse erzielt.
Allerdings wirken solche Behandlungen nicht bei allen Patienten gleich. Die Universität Zürich (UZH) berichtet nun jedoch, dass sich bereits vorgängig im Blut nachweisen lässt, ob Krebspatienten auf eine Immuntherapie positiv ansprechen werden.
Forscher der Uni haben demnach entsprechende Biomarker identifiziert. Patienten, bei denen die Therapie nicht wirkt, können frühzeitig mit anderen Methoden behandelt werden.
Bestimmte Krebsformen können erfolgreich bekämpft werden
Mit einer Immuntherapie kann bereits heute der schwarze Hautkrebs (Melanom) und der Lungenkrebs erfolgreich bekämpft werden.
Dabei wird die normale Funktion des Immunsystems, das regelmäßig alle Gewebe im Körper auf Krankheitserreger und Störungen untersucht, gezielt genutzt: Mit spezifischen Inhibitoren werden die Immunzellen so aktiviert, dass sie die Krebszellen als Fremdkörper erfassen und eliminieren.
Das System kann seine häufig schwächelnde Immunantwort so stärken, dass selbst ausgeprägte Tochtergeschwüre (Metastasen) aufgespürt und zerstört werden.
Bei bis zu 50 Prozent der Patientinnen und Patienten lässt sich der Krebs auf diese Art kontrollieren, manche werden sogar geheilt.
Nicht alle sprechen auf die Therapie an
Allerdings sprechen etwa die Hälfte der Krebskranken nicht auf die Immuntherapie an, müssen aber deren Nebenwirkungen in Kauf nehmen.
Ein Forscherteam der Universität Zürich und des Universitätsspitals Zürich hat nun mit einer neuartigen Methode herausgefunden, welche Patienten voraussichtlich auf eine Immuntherapie positiv reagieren werden.
Sie konnten in den Blutproben die Biomarker identifizieren, welche noch vor Behandlungsbeginn darauf schließen lassen, ob die Therapie mit größerer Wahrscheinlichkeit wirksam ist – oder eben nicht.
Im Fachmagazin „Nature Medicine“ berichten die Experten über ihre neuen Erkenntnisse.
„Bei einem Entscheid für eine Immuntherapie sollten die weissen Blutzellen auf diese Biomarker analysiert werden. So kann der Anteil der Patienten, die von der Therapie profitieren, dramatisch erhöht werden“, sagt Prof. Burkhard Becher vom Institut für experimentelle Immunologie der UZH.
„Bei den restlichen Patienten können dagegen gleich anderen Methoden angewandt werden – ohne kostbare Zeit mit einer für sie ineffektiven Immuntherapie zu verlieren.“
Hochdimensionale Zellanalyse
Die Forscher untersuchten in Kooperation mit der Dermatologischen Klinik des USZ 40 Blutproben von 20 Patientinnen und Patienten vor und 12 Wochen nach der Immuntherapie auf Biomarker.
Dabei wurde die hochdimensionale Zellanalyse-Methode Cytometry-by-time-of flight (CyTOF) angewandt, die jede Zelle einzeln auf bis zu 50 verschiedene Eiweiße analysiert.
So konnte jede einzelne Zelle identifiziert und ihren Aktivierungszustand dokumentiert werden. Selbst nuancierte Unterschiede zwischen den Patientenproben wurden genau erfasst.
Molekulare Muster erkennen
Nach der Analyse der Zellen wurden die Daten zusammen mit Mitarbeitern des Schweizer Instituts für Bioinformatik der UZH auf molekulare Muster analysiert, welche einen Therapieerfolg voraussagen können.
„Wir fanden selbst vor Therapiebeginn eine subtile und schwache, durch den Krebs verursachte Immunantwort im Blut. Wir identifizierten dieses molekulare Muster als eine kleine Untergruppe von weissen Blutzellen (CD14+CD16−HLA-DRhi), die auf bessere Therapieergebnisse hinweisen“, so Becher.
Damit der Befund leicht nachzuvollziehen ist, sollten die Biomarker auch einfach in den gängigen Kliniklaboren nachgewiesen werden können: In der Tat wurde ein solches Blutbild auch in einer zweiten, unabhängigen Kohorte von mehr als 30 Personen mit herkömmlichen Methoden reproduziert.
Beginn der Präzisionsmedizin
„Diese Studie ist zusammen mit einem umfassenden, exakt strukturierten Biobanking ein wichtiger Schritt in Richtung Präzisionsmedizin“, sagt Prof. Mitch Levesque von der Dermatologischen Klinik des USZ.
Unterstützt wird dies auch vom Universitären Forschungsschwerpunkt „translationale Krebsforschung“ der UZH. Die gewonnenen Erkenntnisse müssen nun in unabhängigen Studien mit höheren Patientenzahlen angewandt werden, bevor sie klinisch umsetzbar sind.
Die Methode mit Hilfe von Biobanking, hoch-dimensionaler Zytometrie und computergestützter Mustererkennung soll auch bei anderen Krankheitsbildern helfen, Therapieentscheidungen zu treffen und neue Therapieansätze zu erarbeiten. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.