Immuntherapie eröffnet neue Möglichkeiten der Krebsbehandlung
26.01.2015
Die Immuntherapie bietet im Kampf gegen Krebs große Möglichkeiten, doch nicht alle Krebsarten sind für diesen speziellen Behandlungsansatz gleichermaßen geeignet und mitunter kann die Aktivierung des Immunsystems auch Risiken bergen, berichteten Experten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg auf einem Presseworkshop vergangene Woche.
Einer der Krebspatienten, die bereits von den neuen Möglichkeiten der Immuntherapie profitiert haben, ist Georgios Kessesidis, dessen Fall die Nachrichtenagentur „dpa“ beschreibt. Anfangs habe Kessesidis unter unspezifischen Beschwerden wie angeschwollenen Lymphknoten und verstärktem nächtlichen Schwitzen gelitten. Auch seine körperliche Leistungsfähigkeit sei zurückgegangen. Die wiederholten Arztbesuche hätten stets Bronchitis oder Asthma als Diagnose ergeben, nicht zuletzt weil der heute 27-Jährige an Heuschnupfen litt, so die Mitteilung der „dpa“. Nach Monaten habe sich dann herausgestellt, dass tatsächlich Lungenkrebs Ursache der Beschwerden war. „Ich habe alles erwartet an Krankheiten, aber bestimmt nicht sowas“, zitiert die Nachrichtenagentur den jungen Mann. Der Krebs habe sich bereits in einem sehr fortgeschrittenen Krankheitsstadium befunden und sei von den Experten zunächst als weder heil-, noch sinnvoll operierbar bewertet worden. Dass Kessesidis heute dennoch lebt und sich nach eigenen Angaben „richtig gut“ fühlt, verdankt er der Immuntherapie.
Erste klinische Erfolge der Immuntherapie
Von der renommierten Fachzeitschrift „Science“ wurde die Immuntherapie gegen Krebs als „Durchbruch des Jahres“ 2013 gefeiert und mittlerweile hält der neue Therapieansatz „tatsächlich Einzug in die Klinik und hilft immer mehr Krebspatienten“, so die Mitteilung des DKFZ. Unter anderem berichtete der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums, Professor. Dr. Dr. h.c. Otmar D. Wiestler, auf dem Presseworkshop vergangene Woche von dem aussichtsreichen Konzept der Immuntherapie gegen Krebs und Professor Dr. Dirk Jäger, Direktor für Medizinische Onkologie im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und Leiter der Abteilung Tumorimmunologie im DKFZ, erläuterte anhand von Praxisbeispielen, wie Krebspatienten dank Immuntherapie länger überleben.
Aktivierung bestimmter Immunzellen gegen den Lungenkrebs
Die ursprüngliche Chemotherapie zeigte laut Mitteilung der „dpa“ bei dem 27-Jährigen keinen Behandlungserfolg und so entschied sich Kessesidis für die Teilnahme an einer internationalen Studie, bei der die Immuntherapie gegen den Krebs zum Einsatz kam. Seit Juni 2014 wurde der Patient auf Basis des neuen Ansatzes behandelt. Diese Therapie beziehungsweise dieses Medikament habe dabei „bestimmte Immunzellen aktiviert, Immunzellen, die in der Lage sind, Tumorzellen zu erkennen und abzutöten“, zitiert die „dpa“ den Arzt des jungen Krebspatienten, Professor Dirk Jäger. Bisher sei allerdings zu wenig Zeit vergangen, um bereits von einer Heilung zu sprechen. Zudem wirke die Behandlung nicht bei allen Lungenkrebspatienten.
Alter Traum der Krebstherapie
Generell werden manche Tumorarten von dem Immunsystem besser erkannt als andere. So gibt es laut Mitteilung der „dpa“ bislang gegen viele Krebsarten keine ausreichend wirksamen Möglichkeiten der Immuntherapie. Beispielsweise zeige diese bei Dickdarmkrebs und bei Bauchspeicheldrüsenkrebs weit weniger gute Ergebnisse, berichtet die Nachrichtenagentur unter Berufung auf Prof. Jäger. Weltweit laufe die Forschung jedoch auf Hochtouren. Zahlreiche Studien würden durchgeführt und viele Firmen seien mit der Entwicklung entsprechender Medikamente befasst. „Da gibt es eine richtige Goldgräberstimmung, auch in der Arzneimittelindustrie und in der Biotechnologie“, wird DKFZ-Chef Otmar Wiestler von der „dpa „ zitiert. Dabei sei die „Immuntherapie ein alter Traum der Krebsmedizin.“ Denn Krebszellen bilden schließlich „fremde Zellen im Körper – und eigentlich müsste man glauben, dass unser Abwehrsystem sie erkennt“, so Wiestler. Hier versage allerdings das Immunsystem, was lange Zeit nicht erklärbar gewesen sei.
Patienten sprechen unterschiedlich auf die Immuntherapie an
„Heute weiß man: Tumore können sich vor dem Immunsystem verstecken und werden dann einfach nicht mehr als fremd erkannt“, wird Prof. Wiestler von der „dpa“ weiter zitiert. Darüber hinaus baue „Krebsgewebe einen Schutzwall auf, der verhindert, dass Zellen des Abwehrsystems die Krebszellen erkennen und in das Krebsgewebe eindringen.“ Auf Basis dieser Erkenntnisse seien in den letzten Jahren völlig neue Strategien entwickelt worden, mit denen eine Reaktivierung des Immunsystems gegen die Krebszellen möglich werde. In den laufenden klinischen Studien sprechen manche Patienten, wie beispielsweise der 27-jährige Kessesidis, laut Aussage des Experten überraschend gut auf die neuen Medikamente an. Andere Patienten zeigen hingegen fast keine Reaktion auf die Immuntherapie „und wir verstehen momentan nicht wirklich, warum das so ist“, berichtet der DKFZ-Chef in dem Beitrag der „dpa“. Darüber hinaus stelle sich auch bei den scheinbar erfolgreichen Behandlungsverläufen die Frage, „ob diese Reaktionen langfristig anhalten und ob man dann wirklich von einer Heilung sprechen kann.“ Dies könne „keiner von uns momentan prognostizieren“, so Wiestler.
Behandlungserfolg keine große Ausnahme
Der Fall des Georgios Kessesidis ist laut Aussage von Professor Jäger jedoch keineswegs die große Ausnahme. „Wir haben eine ganze Reihe von Patienten, bei denen wir solche Verläufe sehen. Nicht alle, aber doch eine ganze Reihe“, zitiert die „dpa“ den Mediziner. Derzeit erhalte Kessesidis noch alle zwei Wochen in Heidelberg eine Infusion, wobei im Rahmen der laufenden Studie nicht nur Behandlungserfolge, sondern auch mögliche Nebenwirkungen untersucht werden. Die „dpa“ berichtet hier von leichtem Durchfall zu Beginn der Immuntherapie und einer zeitweisen Verschlechterung der Schuppenflechte des Patienten. Eine sehr ähnliche Substanz, wie das Medikament des 27-jährigen Krebspatienten, wurde laut Jäger gerade in den USA zugelassen und Experten gehen von einer Zulassung in Deutschland etwa in einem Jahr aus, so die Mitteilung der Nachrichtenagentur weiter. Die voraussichtlichen Behandlungskosten würden dabei von den Experten auf 15.000 Euro bis 20.000 Euro geschätzt. (fp)
Bild: Andrea Damm / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.