Gleicht den Blutzuckerspiegel aus und hilft beim Abnehmen
Ist dies der Durchbruch in der Therapie gegen die Volkskrankheiten Diabetes und Übergewicht? Von einer exzellenten Wirksamkeit sprechen die deutschen Wissenschaftler, die das neue Medikament erstmals erfolgreich an Menschen getestet haben. Das neue potente Heilmittel senkt nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern auch das Körpergewicht und bietet so Millionen von Menschen eine neue Behandlungsalternative.
Ein Forscherteam der Leipziger Universitätsmedizin hat mit seinen Partnern zusammen ein neues Medikament zur Therapie von Typ-2-Diabetes und Adipositas in einer klinischen Studie an Menschen getestet. Den Ergebnissen zufolge zeigt das Präparat eine exzellente Wirksamkeit. Dabei senkt die Arznei nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern hemmt gleichzeitig den Appetit und hilft so beim Abnehmen. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „The Lancet“ publiziert.
Zwei alte Bekannte: Diabetes und Übergewicht
Den Forschern zufolge gelten neben genetischen Ursachen Übergewicht und Adipositas als Hauptauslöser für Typ-2-Diabetes. „Wenn Patienten sich krankheitsbedingt Insulin spritzen müssen oder insulinsteigernde Medikamente bekommen, nehmen die meisten weiter zu“, erläutert Professor Dr. Michael Stumvoll, Studienleiter und Professor für Endokrinologie an der Universität Leipzig in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
Übergewicht bedingt Diabetes und andersrum
„Wir schicken die Patienten in einen Teufelskreis“, berichtet der Experte. Wenn Betroffene Diabetes haben, weil sie übergewichtig sind, bekommen sie Medikamente, die sie noch mehr zunehmen lassen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, entwickelte das Team ein Medikament, dass den Blutzuckerspiegel senkt, ohne Übergewicht damit zu fördern. Das Ergebnis ist so gut, dass das Arzneimittel auch ohne vorhandene Diabetes-Erkrankung gegen Adipositas eingesetzt werden kann.
Ein mögliches Zaubermittel?
Die Wissenschaftler betonen die Besonderheit des Wirkstoffs, denn er reguliert nicht nur den Blutzucker, sondern wirkt gleichzeitig sättigend. Die Probanden der Studie zeigten verbesserte Blutzuckerwerte und verloren gleichzeitig noch an Gewicht. Laut der Studie ist eine Art Doppelhormon für die bahnbrechende Wirksamkeit verantwortlich. Der eingespritzte Eiweißbotenstoff stimuliert sogenannte Glucagon-Rezeptoren, die den Blutzucker kontrollieren. Gleichzeit werden auch sogenannte GLP1-Rezeptoren stimuliert, was sich in mehrfacher Weise günstig auf den Stoffwechsel auswirkt.
Auch gegen Adipositas einsetzbar
Wie die Forscher berichten, führen die Stoffwechselwirkungen unter anderem zu einer Steigerung des Sättigungsgefühls im Gehirn. Somit habe das Medikament auch ein großes Potential für den Einsatz gegen Adipositas und zwar unabhängig von dem Vorhandensein einer Diabetes. Der Wirkstoff sei einem körpereigenen Hormon namens Oxyntomodulin ähnlich. Dieses zähle zu den sättigenden Darmhormonen, habe aber keinen Blutzuckereffekt, so die Experten.
Phase-II erfolgreich abgeschlossen
„Das Ziel unserer Untersuchung war es, die Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit des neuen Präparats zu beurteilen“, erklärt Stumvoll. Diese Art von Untersuchungen nenne man Phase-II-Studie, bei der ein Wirkstoff erstmalig an Patienten getestet wird. Ziel dieser Phase sei es, die beste Dosierung zu ermitteln und mögliche Nebenwirkungen zu beobachten.
Ablauf der Studie
Bei 112 Teilnehmern wurde die Wirksamkeit überprüft. Eine Kontrollgruppe erhielt unwissentlich ein Placebo-Mittel. Während der Testphase wurden die Probanden stationär aufgenommen und engmaschig überwacht. Neben der Überwachung verschiedener Parameter wie Blutzucker, Herzfrequenz, Blutdruck und Gewicht wurden auch Belastungstests durchgeführt, bei denen die Teilnehmenden bestimmte Mahlzeiten serviert bekamen und die hormonelle Antwort darauf beobachtet wurde.
Ergebnisse der Studie
„Bei diesem Belastungstest konnten wir feststellen, dass der Blutzucker mit dem neuen Präparat nicht so hoch ansteigt wie in der Placebo-Gruppe“, erläutert der Professor. Das Insulin reagiere schneller, um den erhöhten Mahlzeitenblutzucker zu bekämpfen. Im Vergleich zu der Placebo-Gruppe konnten alle Probanden ihre Blutzuckerwerte verbessern, einschließlich der Patienten, die die kleinste Dosis bekamen. Als mögliche Nebenwirkungen konnten leichte Übelkeit und eine erhöhte Herzfrequenz festgestellt werden.
Wann wird das Medikament verfügbar sein?
„Vor der Zulassung des Medikaments gilt es nun zwischen optimaler Wirkung und minimalen Nebenwirkungen abzuwägen“, so Stumvoll. Er rechne aber mit einer baldigen Marktzulassung innerhalb der nächsten Jahre.
Der Erfolg der Studie stärkt auch die Grundlagenforschung
Nach der erfolgreichen Studie haben sich die Leipziger Forscher um Professor Dr. Michael Stumvoll mit den Grundlagenforschern in München zusammengeschlossen und ein neues Institut gegründet. Das Leipziger Helmholtz-Institut für Metabolismus-, Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG) soll in den kommenden Jahren in ähnlichen Studien weitere Wirkstoffkandidaten aus der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung überführen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.