Zu niedriger Blutdruck kann das Herz-Kreislauf-Risiko erhöhen
Nicht nur zu hoher, sondern auch zu niedriger Blutdruck stellt eine Gefahr für die Gesundheit dar. Der geringere Druck in den Blutgefäßen geht mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko einher. Experten plädieren daher dafür eine Untergrenze für den Blutdruck festzulegen, an dem sich Ärzte und Patienten orientieren können.
Meist wird vor zu hohen Blutdruckwerten gewarnt
Geht es um das Thema Blutdruck, wird normalerweise vor zu hohen Werten gewarnt. Schließlich gilt Bluthochdruck als maßgeblicher Risikofaktor für potenziell tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Zwar werden derzeit Werte über 140 zu 90 Millimeter Quecksilber (mmHg) als Hypertonie bezeichnet, doch Experten zufolge sollte eigentlich 120 statt 140 das neue Blutdruck-Ziel sein. Wie eine aktuelle Studie nun zeigt, stellt aber nicht nur hoher, sondern auch niedriger Blutdruck ein Gesundheitsrisiko dar. Experten plädieren daher für die Festlegung einer Untergrenze der Werte.
Auswirkungen von zu niedrigem Blutdruck
Ein zu niedriger Blutdruck (Hypotonie) wird von Betroffenen oft erst wahrgenommen, wenn sich in bestimmten Situationen Schwindel, Ohrensausen oder Kälteempfindlichkeit einstellen.
Hypotonie gilt zwar bei vielen als eher harmlos, doch der niedrige Blutdruck kann auch ein Hinweis auf Erkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Herzmuskelschwäche sein.
Zudem berichteten Wissenschaftler aus den Niederlanden über eine Studie derzufolge niedriger Blutdruck eine mögliche Demenz-Ursache sein könnte.
Hypertonie-Behandlung mit Medikamenten
Da bekannt ist, welch dramatische Folgen Hypertonie haben kann, wird der Blutdruck oft mithilfe von Medikamenten gesenkt.
Wenn der Wert jedoch zu tief fällt, kann sich dies ebenso negativ auf die Gesundheit auswirken wie Bluthochdruck. Dies zeigte sich nun in einer Studie, die im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wurde.
Für die Untersuchung waren die Daten von mehr als 30.900 Patienten im Alter ab 55 Jahren ausgewertet worden. 70 Prozent der Teilnehmer litten an Bluthochdruck und wurden medikamentös behandelt.
Insgesamt 56 Monate lang wurde die Entwicklung der Blutdruckwerte und das Auftreten negativer Gesundheitsfolgen bei diesen Patienten beobachtet.
Erhöhte Sterblichkeit bei zu niedrigen Blutdruckwerten
Es zeigte sich, dass sich die Behandlung nur bei den Patienten, die stabil auf systolische Blutdruckwerte zwischen 120 und 140 mmHg und einen diastolischen Blutdruck um die 75 mmHg eingestellt waren, positiv auswirkte.
Laut den Forscher sank bei ihnen die Zahl der Herz-Kreislauf-Probleme und der Todesfälle durch solche Erkrankungen.
Patienten, die systolische Blutdruckwerte unter 120 mmHg erreichten, hatten jedoch ein um 14 Prozent höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse. Die Sterblichkeit stieg laut der Auswertung um 28 Prozent an.
Zudem erhöhte sich das Herz-Kreislauf-Risiko der Patienten, wenn der untere Blutdruck-Wert unter 70 mmHg fiel.
Untergrenze für den Blutdruck festlegen
Daher könnte sich Studienleiter Prof. Michael Böhm von der Universität des Saarlandes in Homburg/Saar vorstellen, beim Blutdruckzielwert auch einen unteren Grenzwert festzulegen, berichtet das Portal „Kardiologie.org“.
„Unsere Analyse deutet an, dass ein möglichst niedriger Blutdruck nicht unbedingt das optimale Ziel für alle Hochrisikopatienten darstellt“, so der Wissenschaftler.
Laut den Forschern ist für die meisten Hochrisikopatienten ein Blutdruckzielwert von unter 130 mmHg zwar erstrebenswert, die 120-mmHg-Grenze sollte allerdings nicht unterschritten werden.
Die Studienautoren nehmen außerdem an, dass sich der Vorteil einer erreichten Blutdruckhöhe individuell unterscheiden kann und abhängig vom jeweiligen Risikoprofil ist.
So könnten beispielsweise Personen mit einem besonders hohen Risiko für einen Schlaganfall von einem noch niedrigeren Blutdruck profitieren, während ein solcher Bereich für diejenigen, die eher zu einem Herzinfarkt neigen, von Nachteil ist.
Die Ergebnisse machen also auch klar, dass in der Bluthochdrucktherapie ein individualisierter Ansatz vonnöten ist. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.