Wissenschaftler analysieren das Phänomen der schrumpeligen Haut im Computermodell
06.02.2014
Das Phänomen der runzligen Haut nach dem Baden ist wohl jedem bekannt, doch stellt es die Wissenschaft vor eine durchaus schwierige Frage. Denn bereits kurze Zeit nach dem Aufenthalt im Wasser ist die Haut wieder glatt und zeigt keinerlei bleibende Schäden. Wie dies funktioniert haben die Forscher um Professor Roland Roth vom Institut für Theoretische Physik der Universität Tübingen und die Physikerin Dr. Myfanwy Evans von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) nun anhand eines physikalischen Modells am Computer genauer untersucht und dabei erstaunliche neue Erkenntnisse gewonnen. Ihre Ergebnisse wurden in dem Fachmagazin „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
Erstmals modellierten die Wissenschaftler der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Tübingen im „Computer die Struktur der äußeren Hautschicht auf der mesoskopischen Skala“, um zu klären weshalb die Finger nach einem Bad schrumpelig werden und wie die Haut sich anschließend wieder glättet. „Verbringen wir längere Zeit im Wasser, nimmt unsere Haut Feuchtigkeit auf, und die Zellen der äußeren Hautschicht schwellen an. In trockener Umgebung gibt die Haut das zusätzlich aufgenommene Wasser aber ohne bleibende Schäden wieder ab und ist schon kurze Zeit später wieder glatt“, beschreibt die Universität Tübingen das Phänomen. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei laut Aussage der Wissenschaftler die Keratin-Fasern der äußeren Hautzellen. In ihrem Computermodell haben die Forscher nun die Prozesse, die bei der Wasseraufnahme in den einzelnen Komponenten der Haut ablaufen, berechnet und stellten dabei nach eigenen Angaben „ein interessantes Wechselspiel der Kräfte in den äußeren Hautzellen fest.“
Wechselspiel der Kräfte in der äußeren Hautschicht
Die Wissenschaftler erläutern, dass in der äußeren Hautschicht Keratin-Fasern in einer geometrisch geordneten Struktur vorhanden sind. Das Keratin sei dabei „hydrophil, fühlt sich also in wässriger Umgebung sehr wohl“, weshalb die Hautzellen das Wasser beim Baden aufnehmen. Die Wasseraufnahme habe ein Anschwellen der Zellen zur Folge, wodurch die Keratin-Fasern gedehnt werden, schreiben die Forscher weiter. „Wie bei einer Spiralfeder, die man in die Länge zieht“, erfordere dies wiederum elastische Energie. Durch „das Wechselspiel dieser Kräfte, die in entgegengesetzter Richtung wirken“, werde die Ausdehnung der Zellen zum Stillstand gebracht und die maximale Wasseraufnahmemenge der Haut begrenzt, so die Mitteilung der Universität Tübingen. Am Ende stoppe die „Ausdehnung, bevor sich die Keratin-Fasern berühren und permanent vernetzen können, was eine dauerhafte Änderung der mechanischen Eigenschaften der Zellen“ beziehungsweise bleibende Schäden der Haut zur Folge hätte würde. Da sich die Fasern nicht vernetzen, könne die Haut nach dem Baden das aufgenommene Wasser wieder abgeben und sich ohne bleibende Schäden glätten.
Evolutionärer Vorteil der Schrumpelfinger bleibt unklar
Anhand des Computermodells ist deutlich geworden, welche Prozesse zu schrumpeligen Fingern beim Baden führen und wie sich die Haut anschließend wieder glättet. Doch bleibt weiterhin unklar, welchen evolutionären Vorteil die runzelige Haut bietet beziehungsweise warum der Körper über diese Eigenschaft verfügt. Hier drehte sich die Diskussion bislang vor allem um den Aspekt der Haftung beziehungsweise des „Grips“. So gehen einige Forscher davon aus, dass mit schrumpeligen Fingern Gegenstände auch im Wasser besser ergriffen beziehungsweise festgehalten werden können. Allerdings konnten jüngere Studien diesen Effekt nicht bestätigen. Auch wenn sie keine Antwort auf diese Frage liefern können, hoffen die Wissenschaftler der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Tübingen, dass ihr Computermodell in Zukunft dabei hilft, „Hautkrankheiten besser zu verstehen und zu behandeln, und künstliche Materialien nach dem Vorbild der Haut zu schaffen.“ (fp)
Bild: Günther Gumhold / pixelio.de
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