Lakritze: Eine Süßigkeit, die die Gesundheit gefährden kann
Bei schwarzer Lakritze scheiden sich die Geister: Während die einen den Wurzelextrakt des Süßholzes lieben, rümpfen andere schon bei dem Gedanken daran die Nase. Was vielen Menschen nicht bekannt ist: Ein übermäßiger Verzehr der Süßigkeit kann zu gesundheitlichen Problemen führen.
Der Verzehr von viel schwarzem Lakritz kann Komplikationen verursachen, die „akut lebensbedrohlich“ sind, sagt Dr. Christopher Newton-Cheh, Kardiologe am Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School in Boston. In einem von der American Heart Association
(AHA) veröffentlichten Beitrag warnt der Mediziner vor den Gefahren des übermäßigen Genusses der Süßigkeit.
Wurzel der Süßholzpflanze
Süßholz oder Glycyrrhiza glabra ist eine Hülsenfrucht, die in Südeuropa, dem Nahen Osten und Asien vorkommt. Die Wurzel der Süßholzpflanze wird seit der Antike genossen.
Die Süßholzwurzel liefert den bitter-süßlichen Geschmack, den Fans von schwarzem Lakritz lieben und andere verabscheuen.
Für manche Lakritz-Produkte wie Bonbons werden auch künstliche Aromen oder Anisöl, das einen ähnlichen Geschmack hat, verwendet. Natürliches Lakritzextrakt ist unter anderem in einigen Tees zu finden.
Das Lakritzaroma stammt von einer Chemikalie namens Glycyrrhizin, die 50-mal süßer als Rohrzucker ist. Diese Substanz riecht ziemlich stark, so Newton-Cheh. Und sie kann einem Lebensmittel viel mehr als nur Geschmack hinzufügen.
Auswirkungen auf die Gesundheit des Herzens
In großen Mengen verzehrt, kann schwarzes Lakritz den Kaliumspiegel des Körpers senken – und zwar deutlich. Kalium ist wichtig für die Gesundheit des Herzens, und wenn der Kaliumspiegel sinkt, kann es zu Problemen wie Herzrhythmusstörungen und kongestiver Herzinsuffizienz (Herzschwäche) kommen.
Und es kann noch schlimmere Folgen haben: Im Jahr 2019 half Newton-Cheh bei der Behandlung eines Mannes, der einen Herzstillstand erlitt, nachdem sein Kaliumspiegel auf weniger als die Hälfte des Normalwerts gefallen war.
Zu seinen Gesundheitsproblemen gehörten laut einem in der Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten Fallbericht eine schlechte Ernährung und das Rauchen. Seine Familie sagte, er habe die Angewohnheit gehabt, jeden Tag ein oder zwei Tüten (in den USA verbreitetes) rotes Lakritz zu essen. Aber drei Wochen zuvor war er auf schwarze Lakritze umgestiegen.
Laut Newton-Cheh starb der Mann an den Folgen einer Hirnverletzung, die er erlitten hatte, weil die Einsatzkräfte Schwierigkeiten hatten, sein Herz wieder in einen normalen Rhythmus zu bringen – ein Problem, das dem Mediziner zufolge auf einen niedrigen Kaliumspiegel zurückzuführen war.
Selbst wenn die Ergebnisse nicht so unmittelbar und drastisch sind, kann Glycyrrhizin zu langfristigen Herzproblemen führen, indem es den Körper dazu bringt, Natrium zu speichern. „Die Patienten werden als Folge davon einen höheren Blutdruck haben“, erklärt Newton-Cheh.
Probleme beim Nachwuchs
Schwarze Lakritze wurde auch mit anderen gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht. Eine 2009 in dem Fachblatt „American Journal of Epidemiology“ veröffentlichte Studie mit Frauen in Finnland brachte einen hohen Konsum während der Schwangerschaft mit einer späteren kognitiven Leistungsfähigkeit ihrer Kinder in Verbindung.
Und die Food and Drug Administration (FDA) warnt davor, dass schwarzes Lakritz die Wirkung einiger Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel beeinträchtigen kann. Laut der American Heart Association (AHA) ist dies unter anderem bei einigen Diuretika und Medikamenten gegen Herzinsuffizienz der Fall.
Newton-Cheh rät Patientinnen und Patienten, sich bei ihrer Ärztin oder ihrem Arzt über mögliche Wechselwirkungen zu erkundigen.
Aufruf zur Mäßigung
Allerdings gibt es dem Mediziner bislang keine gute Antwort darauf, wie viel schwarze Lakritze sicher ist. „Das ist nicht gut untersucht.“
Die FDA mahnt zur Mäßigung, während sie warnt: „Wenn Sie 40 oder älter sind, könnte der Verzehr von 60 Gramm schwarzer Lakritze pro Tag für mindestens zwei Wochen Sie mit einem unregelmäßigen Herzrhythmus ins Krankenhaus bringen.“
Wenn Sie viel schwarzes Lakritz gegessen haben und einen unregelmäßigen Herzrhythmus oder Muskelschwäche haben, hören Sie sofort auf, es zu essen und suchen Sie eine Ärztin oder einen Arzt auf, warnt die FDA.
Gesundheitliche Vorteile nicht gründlich geprüft
Süßholz ist auch in Nahrungsergänzungsmitteln erhältlich und wird mit gesundheitlichen Vorteilen beworben. Newton-Cheh zufolge seien die meisten Behauptungen über mögliche Vorteile aber nicht gründlich geprüft worden.
Kalorienreiche Süßigkeit
Abschließend weist der Mediziner darauf hin, dass Lakritze auch viele Kalorien enthält, weshalb ein übermäßiger Verzehr zu Adipositas (Fettleibigkeit) und anderen Gesundheitsproblemen führen kann.
Newton-Cheh selbst meidet schwarze Lakritze nicht. Aber er hat auch kein Verlangen danach: „Ich mag den Geschmack nicht besonders.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- American Heart Association: Black licorice is a candy that should inspire caution, (Abruf: 30.10.2022), American Heart Association
- Elazer R. Edelman, M.D., Ph.D., Neel M. Butala, M.D., M.B.A., Laura L. Avery, M.D., Andrew L. Lundquist, M.D., Ph.D. & Anand S. Dighe, M.D., Ph.D.: Case 30-2020: A 54-Year-Old Man with Sudden Cardiac Arrest; in: New England Journal of Medicine, (veröffentlicht: 24.09.2020), New England Journal of Medicine
- Katri Räikkönen, Anu-Katriina Pesonen, Kati Heinonen, Jari Lahti, Niina Komsi, Johan G. Eriksson, Jonathan R. Seckl, Anna-Liisa Järvenpää, Timo E. Strandberg: Maternal Licorice Consumption and Detrimental Cognitive and Psychiatric Outcomes in Children; in: American Journal of Epidemiology, (veröffentlicht: 04.10.2009), American Journal of Epidemiology
- Food and Drug Administration: Black Licorice: Trick or Treat?, (Abruf: 30.10.2022), Food and Drug Administration
- American Heart Association: Medication Interactions: Food, Supplements and Other Drugs, (Abruf: 30.10.2022), American Heart Association
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.