Neue Proteinquelle für Mensch und Tier
Mikroorganismen spielen bereits seit Jahrtausenden eine wichtige Rolle bei der Herstellung bestimmter Lebensmittel und Getränke. Milchprodukte wie Joghurt und Käse, fermentierte Nahrungsmittelmittel wie Sauerkraut, Hefeprodukte wie Sauerteig oder viele alkoholische Getränke wie beispielsweise Bier wären ohne die Hilfe von Mikroben gar nicht herstellbar. In Zukunft könnten Mikroorganismen sogar noch wichtiger werden. Ein Forschungsteam fand heraus, dass Kleinstlebewesen mithilfe von Solarenergie als nachhaltige Proteinquelle in der Ernährung für Mensch und Tier eingesetzt werden könnten.
Eine internationale Arbeitsgruppe mit Beteiligung der Georg-August-Universität Göttingen stellt ein neues und nachhaltiges Ernährungskonzept für die Gewinnung von Protein vor: Solarzellen könnten dafür genutzt werden, um aus Mikroorganismen eine proteinreiche Biomasse zu erzeugen. Der Anbau der Mikroben sei nachhaltiger, effizienter und umweltfreundlicher als der Anbau konventioneller Pflanzen. Das daraus gewonnene Eiweißpulver eigne sich sowohl für die menschliche Ernährung als auch für die Tierzucht. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „PNAS“ vorgestellt.
„Die Welt steht vor Ernährungsproblemen“
Bereits heute zeichnet sich eine ständig zunehmende Problematik in der Ernährung der Weltbevölkerung ab. Während die Nachfrage nach tierischen Produkten weltweit wächst, stellt die Produktion eine enorme Belastung für die Umwelt dar. Zudem werden viele Tiere unter unwürdigen Bedingungen gehalten, um die Preise niedrig zu halten. Das Konzept der derzeitigen konventionellen Landwirtschaft stößt an seine Grenzen oder hat diese bereits überschritten.
Mikroben als Nahrungsmittel
Es bedarf neuer Konzepte, mit denen in Zukunft die Menschheit ernährt werden kann. Die aktuelle Studie zeigt einen alternativen Weg zur Gewinnung von Protein auf. Dabei werden Sonnenenergie, Luft, Wasser und Nährstoffe genutzt, um das Wachstum von Mikroben zu fördern. Die Mikroorganismen bilden eine nährstoffreiche Biomasse, die geerntet und zu einem Pulver verarbeitet werden kann, welches sich als Futtermittel in der Tierzucht sowie als Nahrungsmittel für Menschen eignet.
Zehn Mal effizienter als Soja
In Computersimulationen haben die Forschenden bereits die Effektivität von großen Erzeugungsanlagen berechnet. Dabei zeigte sich, dass durch Sonnenlicht aktivierte Mikroben für jedes produzierte Kilo Protein lediglich zehn Prozent der Landfläche benötigen, wie die derzeit effizienteste Pflanzenkultur – die Sojabohne – benötigt. Gleichzeitig könne der Wasser- und Düngemitteleinsatz erheblich reduziert werden.
Global einsetzbar
Die Produktion sei an vielen Orten der Welt einsetzbar, sogar in nördlichen Regionen mit wenig Sonnenlicht. Besonders interessant könnte die Produktion an Orten sein, die gar nicht für die Landwirtschaft geeignet sind, wie zum Beispiel in Wüsten. Denn dank der Sonne als Hauptenergielieferant sind keine fruchtbaren Böden für die Produktion erforderlich.
Hochwertiges Eiweiß
Das Eiweißpulver könnte an Nutztiere verfüttert werden, um deren Aufzucht ökologischer zu machen, aber auch für den Menschen könnte das Produkt zu einer wertvollen Nahrungsergänzung werden. „Wir gehen davon aus, dass mikrobielles Eiweiß auch als Nahrungsergänzung von Nutzen sein wird, da es eine hochwertige Eiweißquelle darstellt, die alle essenziellen Aminosäuren sowie Vitamine und Mineralien enthält“, bestätigt Studieerstautor Dorian Leger.
Flächen effektiver nutzen
„Die derzeitigen Anbaumethoden tragen weltweit zur Verschmutzung der Ökosysteme und zur Erschöpfung der Wasserreserven bei“, betont der Wissenschaftler. Bereits bis zu 40 Prozent der Landfläche der Erde werden ihm zufolge für die Landwirtschaft genutzt. Dennoch sei jeder zehnte Mensch unterernährt.
„Durch die Umstellung auf die neue Methode könnten riesige Flächen frei werden, und darüber hinaus die weitere Zerstörung natürlicher Ökosysteme verhindert werden“, resümiert Leger. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Dorian Leger et al, “Photovoltaic-driven microbial protein production can use land and sunlight more efficiently than conventional crops”, (2021) PNAS, pnas.org
- Georg-August-Universität Göttingen Presseinformation: Mit Sonnenenergie angetriebene Mikroben – eine nachhaltige Proteinquelle (veröffentlicht: 30.07.2021), uni-goettingen.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.