Verschimmelte Nahrungsmittel richtig einschätzen
Der Käse hat an einer Ecke Schimmel angesetzt, im Apfel ist ein brauner Fleck, beim Toastbrot ist die oberste Scheibe verschimmelt, die Marmelade ist mit weißem Flaum überzogen. Diese oder ähnliche Entdeckungen hat wohl jeder schon mal gemacht. Sollte man die betroffenen Lebensmittel immer wegschmeißen und welche Gesundheitsrisiken gehen von dem Konsum von verschimmelten Nahrungsmitteln aus? Eine Ernährungsberaterin klärt auf.
Dr. Lillian Craggs-Dino ist Ernährungsberaterin an der renommierten Cleveland Clinic (USA). In einem aktuellen Beitrag der Institution erläutert die Expertin, was passiert, wenn man versehentlich schimmelige Lebensmittel isst und wie man erreichen kann, dass die Nahrungsmittel länger halten.
Schimmel ist nicht gleich Schimmel
Wie die Ernährungsberaterin erklärt, können manche Schimmelpilze bedenkenlos gegessen werden. Einige Nahrungsmittel wie zum Beispiel Blauschimmelkäse sollen sogar schimmeln. Der Pilz in dem Käse ist mit dem Pilz verwandt, der zur Herstellung von Penicillin verwendet wird. Technisch gesehen, sei sogar der Champignon ein Schimmelpilz.
Flüchtige Schimmelpilze
Die Schimmelpilze, die sich auf den meisten Lebensmitteln bilden, gehören laut Craggs-Dino in eine andere Kategorie: „Es handelt sich um einen flüchtigen Schimmelpilz, der sich in der Luft befindet und von der Umwelt auf die Lebensmittel übergehen kann, oder einfach aufgrund des Alters des Produkts oder schlechter Lagerung“, schildert die Expertin.
Diese Schimmelpilze wachsen auf einer Vielzahl von Lebensmitteln, darunter Obst und Gemüse, Brot, Marmelade oder Soße. Er kann auch auf Molkereiprodukten wie Joghurt und Käse wachsen. „Ein Schimmelpilz ist ein mikroskopisch kleiner Pilz“, führt Dr. Craggs-Dino aus. Das, was auf den Lebensmittel sichtbar ist, seien die Sporen.
Wie sich Schimmelpilze verbreiten
Die Sporen werden an die Luft abgegeben und zirkulieren in der Umwelt, bis sie sich schließlich auf einer Oberfläche absetzen. Wenn sie dort einen geeigneten Nährboden finden, beginnen sie zu wachsen.
Erste Anzeichen für Schimmel
Bereits bevor sich die Sporen zeigen, können einige Anzeichen auf einen Schimmelbefall hindeuten. Weiße Flecken, ungewöhnlich gefärbte Bereiche, weich gewordene Stellen im Obst oder ein schlechter Geruch sind laut Craggs-Dino Hinweise auf einen Verfall.
Sind Schimmelpilze gesundheitsschädlich?
Leider kann man nicht auf den ersten Blick erkennen, ob ein Schimmelpilz sicher oder schädlich ist, betont die Ernährungsexpertin. „Man weiß nicht, welchen Schimmelpilz man gerade isst.“ Manche Schimmelpilze seien für den Menschen sehr giftig. Sie können zudem heftige allergische Reaktionen und Atemprobleme bei bestimmten Personengruppen verursachen.
Einige Schimmelpilze bilden besonders gefährliche Toxine wie sogenannte Aflatoxine. „Diese Stoffe sind extrem gefährlich für die Gesundheit von Menschen“, warnt Craggs-Dino. Im Extremfall können diese Toxine sogar zum Tod führen.
Kann man den Schimmel einfach wegschneiden?
Viele Menschen schneiden die verschimmelte Stelle weg und essen den Rest. Hierbei muss nach Angaben der Ernährungsexpertin jedoch bedacht werden, dass schädliche Stoffe zurückbleiben können. „Je mehr Feuchtigkeit sich auf dem Lebensmittel befindet, desto mehr Schimmelpilze, aber auch Bakterien können zurückbleiben“, betont Dr. Craggs-Dino.
Schimmel und Bakterien arbeiten zusammen
„Man isst nicht nur Schimmel – man isst auch Bakterien“, erklärt die Beraterin. Manche Stämme können schwerwiegende lebensmittelbedingte Krankheiten verursachen, wie zum Beispiel Listerien, die häufig im Käse wachsen. Diese Bakterien können den Schimmel schädlicher machen.
Verschimmeltes Obst
Bei Obst, vor allem bei Erdbeeren oder anderen Beeren, kommt es häufig vor, dass ein Stück verschimmelt ist, die anderen aber noch gut aussehen. Können die nicht verschimmelten Beeren noch gegessen werden? Craggs-Dino rät davon ab: „Obst enthält viel Feuchtigkeit, und der Schimmel könnte auch Bakterien beherbergen.“ Sie empfiehlt, die gesamte Packung zu entsorgen, da das Risiko hoch sei, dass sich der Schimmel bereits auf das gesamte Obst übertragen hat.
Besondere Vorsicht bei diesen Lebensmitteln
Bei einigen Lebensmitteln sollte besondere Vorsicht herrschen, da diese oft gefährliche Schimmelpilze und Bakterien enthalten können. Zu diesen Nahrungsmitteln gehören:
- Weiches Gemüse und Obst, wie Gurken, Tomaten und Pfirsiche,
- Wurst und Schinken,
- Joghurt,
- Marmelade und Gelee,
- Essensreste vom Vortag,
- Erdnussbutter.
Welche Nahrungsmittel bei Schimmel noch zu retten sind
Bei Lebensmitteln, die einen besonders geringen Feuchtigkeitsgehalt haben, kann eine schimmlige Stelle großzügig weggeschnitten werden, so Dr. Craggs-Dino. Dies könne beispielsweise bei Hartkäse wie Cheddar oder Schweizer gemacht werden, aber auch bei hartem Gemüse wie Kohl, Paprika und Karotten. „In allen Fällen sollten Sie mindestens einen Zentimeter um die schimmeligen Stellen herum abschneiden, denn Sie wollen so viel wie möglich von den Sporen und Schadstoffen wegbekommen“, empfiehlt die Ernährungsberaterin.
Hat Obst mit dicker Schale wie beispielsweise Bananen Schimmel an der Außenseite der Schale, ist das Innere oft noch genießbar, wenn der Schimmel nicht in die Frucht eingedrungen ist. Wenn das Innere nicht weicher als normal ist, nicht streng riecht und wie gewohnt schmeckt, kann die Frucht in der Regel bedenkenlos gegessen werden. „Im Zweifelsfall sollte man sie lieber wegwerfen“, rät Craggs-Dino. Ihre Faustregel lautet: „Wenn Sie Schimmel auf den Lebensmitteln sehen können, gehen Sie kein Risiko ein und werfen Sie sie weg.“
Was passiert, wenn man verschimmelte Lebensmittel isst?
„Wenn Sie versehentlich Schimmel verzehrt haben, geraten Sie nicht in Panik“, so die Ernährungsexpertin. Stattdessen sollte die Aufmerksamkeit für den Rest des Tages auf mögliche Symptome gerichtet werden. In den meisten Fällen passiert nichts, versichert Dr. Craggs-Dino. Wenn jedoch Beschwerden wie Kurzatmigkeit, Übelkeit, Fieber oder Durchfall auftreten, sollte dies ärztlich abgeklärt werden. „Allergische Reaktionen können verzögert auftreten – oder aber sofort“, sagt die Beraterin. Es komme darauf an, um welche Art von Schimmel es sich handelt.
Ein sauberer Kühlschrank hält Schimmel fern
Um Lebensmittel länger frisch und frei von Schimmel zu halten, sollte besonderes Augenmerk auf die Kühlschrank-Hygiene gelegt werden. „Schimmelpilzsporen fliegen durch die Luft und können auf Lebensmitteln landen und diese kontaminieren“, gibt Craggs-Dino zu bedenken. Um das Schimmelwachstum zu minimieren, sei es empfehlenswert, den Kühlschrank alle paar Monate von innen gründlich zu reinigen.
Zur Reinigung eigne sich beispielsweise eine Lösung aus einem Esslöffel Backpulver auf einen Liter Wasser. Für hartnäckigen Schmutz hat die Ernährungsexpertin noch einen Tipp: „Wenn Sie einen wirklich schmutzigen Kühlschrank haben, der sichtbaren Schimmel aufweist, können Sie drei Teelöffel Bleichmittel in einen Liter Wasser verwenden.“ Alle Lebensmittel müssen natürlich aus dem Kühlschrank entfernt werden, bevor mit Bleichmittel gearbeitet wird.
Lebensmittel länger frisch halten
Besonders im Sommer, wenn das Wetter heiß und feucht ist, gedeihen Schimmelkulturen besonders schnell. Verderbliche Lebensmittel sollten deshalb nicht lange außerhalb des Kühlschranks stehen. Zudem sollten die Lebensmittel auch im Kühlschrank mit einem Deckel oder einer Folie abgedeckt werden, da sich die Schimmelpilze über die Luft auf der Nahrung absetzen. Auch das separate Gemüsefach kann vor fliegenden Schimmelsporen schützen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: What Happens if You Accidentally Eat Moldy Food? (veröffentlicht: 09.08.2021), health.clevelandclinic.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.