Ernährung: Tageszeit beeinflusst Fettstoffwechsel und Insulinempfindlichkeit
Mahlzeiten werden zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich verstoffwechselt. Dies ist schon lange bekannt und auch Grund dafür, dass viele Diäten einen Nahrungsverzicht am Abend empfehlen oder eine Nahrungsaufnahme nur in bestimmten Zeitfenstern vorsehen wie beispielsweise beim intermittierenden Fasten. Ein Forschungsteam des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) hat nun im Rahmen einer aktuellen Studie herausgefunden, wie sich der Fettstoffwechsel und die Insulinempfindlichkeit im Tagesverlauf verändern.
Der sogenannte zirkadiane Rhythmus bildet unsere innere Uhr und beschreibt die regelmäßigen Veränderungen der Prozesse in unserem Körper während des Tages bzw. der Nacht. So haben Mahlzeiten zu verschiedenen Tageszeit sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Fettmuster im Blut und auf die Empfindlichkeit für das Hormon Insulin, erläutert das Forschungsteam um Dr. Olga Ramich vom DifE die neuen Studienergebnisse. Veröffentlicht wurden die Forschung in dem Fachmagazin „Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism“.
Durch ein Netzwerk von Proteinen und Genen gesteuert
„Zahlreiche physiologische Prozesse wie beispielsweise Wach- und Schlafzustand, Körpertemperatur und Blutdruck folgen einem regelmäßigen 24-stündigen Tag/Nachtrhythmus“, berichten die Forschenden. Gesteuert werde dieser Rhythmus von einem Netzwerk von Proteinen und Genen und er könne durch Licht und Mahlzeiten beeinflusst werden. Wie unsere Ernährung die Hormone und die innere Uhr beeinflusst, hat erst kürzlich eine andere Studie gezeigt.
Störungen des Rhythmus – ein Gesundheitsrisiko?
Das System des zirkadianen Rhythmus kann in seiner Funktion schnell gestört werden, zum Beispiel durch Schichtarbeit oder beim sogenannten Jetlag. Bei solchen Störungen steigt das Risiko für Übergewicht, Insulinresistenz und veränderte Blutfettwerte, wodurch wiederum Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes gefördert werden, erläutert das DIfE.
Wie sich der Zeitpunkt der Aufnahme einer kohlenhydratreichen Mahlzeit im Vergleich zu einer fettreichen Mahlzeit auf den Fettstoffwechsel und die Blutzuckerkontrolle auswirkt, haben die Forschenden nun an 29 nicht-adipösen, gesunden Männern untersucht.
Zwei vierwöchige Ernährungsphasen
Die Teilnehmenden durchliefen zunächst zwei jeweils vierwöchige Ernährungsphasen: In der einen Phase gab es vormittags eine kohlenhydratreiche Mahlzeit sowie am Nachmittag und am Abend eine fettreiche Mahlzeit. In der anderen Phase wurde vormittags die fettreiche und bei den anderen Mahlzeiten die kohlenhydratreiche Kost verzehrt.
Kohlenhydratreiche und fettreiche Mahlzeiten
„Nach Abschluss der jeweiligen Phase folgte ein Untersuchungstag, an dem die Studienteilnehmer in das Humanstudienzentrum des DIfE kamen und zwei Mahlzeiten zu sich nahmen – eine um 9 Uhr und die andere um 15.40 Uhr“, berichtet das DIfE in einer Mitteilung zu den Studienergebnissen. Diese Testmahlzeiten seien dabei entsprechend der vorangegangenen Ernährungsintervention entweder kohlenhydratreich oder fettreich gewesen.
Veränderungen des Fettstoffwechsel analysiert
Vor und nach jeder Testmahlzeit wurden die Fette im Blut und die Gene im Fettgewebe der Probanden untersucht. Insgesamt wurden mittels der neue sogenannten High-Throughput-Shotgun-Plasma-Lipidomics-Methode 672 Fette aus 14 Fettklassen im Blut der Probanden analysiert, berichtet das DifE. „Erstmals können wir nun genau sehen, wie sich die Fettmuster im Laufe des Tages und unter Einfluss verschiedener Mahlzeiten verändern“, so Dr. Ramich weiter.
Tageszeit mit großen Auswirkungen
„Unsere Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass sowohl Mahlzeitenkomposition als auch Tageszeit die Zusammensetzung der Fette im Blut beeinflussen“; betont die Studienleiterin. Bei einem Drittel aller Lipide seien die Änderungen nach der Mahlzeit davon abhängig gewesen, ob dieselbe Mahlzeit morgens oder nachmittags gegessen wurde. Zudem habe sich im Zusammenhang mit den Blutlipiden im Laufe des Tages auch die Insulinempfindlichkeit verändert.
Neue Ansätze für Ernährungsstrategien
Die Studie eröffnet neue Einblicke in die tageszeitabhängigen Mechanismen der Fettstoffwechselregulation beim Menschen und deren Zusammenhang mit der Kontrolle des Blutzuckerspiegels, resümiert das DifE. Dies könnte auch direkten medizinischen Nutzen haben. So sei es beispielsweise „gut vorstellbar, dass das Wissen um die richtige Tageszeit für bestimmte Mahlzeiten auch in zukünftige Ernährungsstrategien zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes einfließt“, betont Dr. Olga Ramich. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Olga Pivovarova-Ramich, et al.: Shotgun lipidomics discovered diurnal regulation of lipid metabolism linked to insulin sensitivity in non-diabetic men; in: Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism (veröffentlicht 04.11.2019), academic.oup.com
- Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE): Fettstoffwechsel und Diabetes: Im Takt der inneren Uhr (veröffentlicht 02.12.2019), dife.de
Wichtiger Hinweis:
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