Vegetarisch lebende Menschen und Fleischesser im Vergleich
Zahlreiche Untersuchungen konnten zeigen, dass Menschen, die sich vegetarisch ernähren, gesünder sind als diejenigen, die auch Fleisch essen. Zudem sind Vegetarierinnen und Vegetarier in der Regel schlanker. Nun berichten Forschende, dass die pflanzlichen Kost auch mit einer geringeren Neigung zu Extrovertiertheit einhergeht.
Pflanzliche Kost ist gesund: Laut wissenschaftlichen Untersuchungen leiden Vegetarierinnen und Vegetarier seltener an Bluthochdruck, ihre Cholesterinwerte sind besser und sie erkranken nicht so oft an Diabetes. Zudem haben sie weniger Gewichtsprobleme, wie nun auch eine neue Studie erneut zeigt. Nicht nur das: Die Forschenden stellten auch einen Zusammenhang zwischen dieser Ernährungsform und der Persönlichkeit fest.
Über sechs Millionen Deutsche ernähren sich vegetarisch
Laut einer Erhebung des Allensbach-Instituts im vergangenen Jahr gaben mehr als 6,1 Millionen Menschen in Deutschland an, sich vegetarisch zu ernähren, 400.000 Menschen mehr als zwei Jahre zuvor.
Einer Mitteilung zufolge hat eine großangelegte Studie am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum Leipzig nun an fast 9.000 Personen untersucht, wie diese Form der Ernährung mit dem Körper und der Psyche zusammenhängt – unabhängig von Alter, Geschlecht und Bildungsstand.
Niedrigerer BMI bei Reduzierung tierischer Nahrung
Dabei zeigte sich, dass je seltener der Anteil tierischer Nahrung auf dem Speiseplan einer Person ist, desto geringer ist im Schnitt ihr Body-Mass-Index (BMI) und damit ihr Körpergewicht.
Wie in der Mitteilung erläutert wird, könnte eine Ursache dafür der geringere Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln in der pflanzlichen Ernährung sein.
„Dick machen vor allem übermäßig fett- und zuckerreiche Produkte. Sie regen den Appetit an und zögern das Sättigungsgefühl heraus. Verzichtet man auf tierische Nahrungsmittel, nimmt man im Schnitt weniger solcher Produkte zu sich“, erklärt Evelyn Medawar, Erstautorin der zugrundeliegenden Publikation, die vor kurzem im Fachmagazin „Nutrients“ veröffentlicht wurde.
Vegetarische Lebensmittel enthalten mehr Ballaststoffe
Zudem enthalten vegetarische Lebensmittel Ballaststoffe und sie wirken sich positiv auf das Mikrobiom im Darm aus. Auch dadurch könnten sie eher satt machen als solche aus tierischen Zutaten.
„Menschen, die sich vorwiegend pflanzlich ernähren, nehmen daher womöglich weniger Energie auf“, so Medawar. Neben einem veränderten Sättigungsgefühl könnten auch Lebensstilfaktoren wie mehr Sport und ein höheres Gesundheitsbewusstsein eine entscheidende Rolle spielen.
Für den BMI scheint es dabei auch einen Unterschied zu machen, von welchen tierischen Produkten sich jemand ernährt.
Sind es vorwiegend sogenannte primäre Tierprodukte, also Fleisch, Wurst und Fisch hat die Person meist einen höheren BMI als jemand, der vorrangig sekundäre Tierprodukte isst, also Eier, Milch, Milchprodukte, Käse und Butter. In ersterem Falle ist der Zusammenhang laut den Forschenden statistisch signifikant.
Medawar macht an einem Beispiel fest, was das für die Ernährung bedeuten könnte: „Dass eine Person einen 1,2 Punkte niedrigeren BMI hatte, bedeutete im Durchschnitt, dass sie auf bestimmte tierische Produkte ganz verzichtete, also etwa die primären, und sich vegetarisch ernährte. Oder dass sie zwar auch weiterhin Fleisch und Fisch aß, diese dafür aber insgesamt seltener.“
Ob letztlich die Ernährung die Ursache für ein geringeres Körpergewicht ist oder andere Faktoren dafür verantwortlich sind, lässt sich anhand der Daten jedoch nicht sagen. Aufschluss darüber soll nun eine Folgestudie in Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum bringen.
Zusammenhang zwischen Ernährung und Persönlichkeit
Zudem fanden die Forschenden heraus, dass vegetarische oder vegane Ernährung auch mit der Persönlichkeit zusammenhängt. Vor allem mit einem der fünf großen Persönlichkeitsfaktoren, der Extrovertiertheit.
Den Angaben zufolge zeigte sich, dass Menschen mit vorwiegend pflanzlichen Lebensmitteln auf dem Speiseplan introvertierter sind als solche, die sich vorrangig von Tierprodukten ernährten.
„Woran das liegt, ist schwer zu sagen“, sagt Veronica Witte. „Es könnte daran liegen, dass introvertiertere Personen eher zu restriktiverem Essverhalten neigen oder sich aufgrund ihres Essverhaltens stärker sozial abgrenzen.“
Auch hier müssten weitere wissenschaftliche Untersuchungen dazu folgen, wie sich Menschen mit den Eigenschaften ihrer Ernährung identifizierten.
Dass pflanzliche Ernährung mit neurotischem Verhalten einhergeht, wie es andere Studien vermuten ließen, konnten die Fachleute vom MPI CBS hingegen nicht bestätigen.
„Frühere Analysen hatten herausgefunden, dass neurotischere Menschen generell häufiger bestimmte Gruppen an Lebensmitteln weglassen und sich dahingehend restriktiver verhalten. Wir fokussierten uns hier allein auf den Verzicht von tierischen Produkten und konnten keine Korrelation beobachten“, sagt Studienleiterin Veronica Witte.
Kein Zusammenhang mit depressiven Verstimmungen
In einem dritten Teil ging das Forschungsteam schließlich der Frage nach, ob eine vorwiegend pflanzliche Ernährung häufiger mit depressiven Verstimmungen einhergeht. Auch hier hatten frühere Untersuchungen eine Beziehung zwischen beiden Faktoren nahelegt.
„Auch das konnten wir nicht erkennen“, so Witte. „Möglicherweise hatten in früheren Analysen andere Faktoren die Ergebnisse verwischt, darunter der BMI oder auffällige Persönlichkeitsmerkmale, die bekanntermaßen mit Depressionswerten zusammenhängen können. Die rechneten wir heraus.“
Den Fachleuten zufolge könnten hier auch die stärkere Akzeptanz und Verbreitung pflanzlicher Ernährung mit reinspielen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften: Vegetarier sind schlanker und weniger extrovertiert als Fleischesser, (Abruf: 16.06.2020), Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
- Evelyn Medawar, Cornelia Enzenbach, Susanne Roehr, Arno Villringer, Steffi Riedel-Heller, A. Veronica Witte: Less animal-based food, better weight status: Associations of the restriction of animal-based product intake with body-mass-index, depressive symptoms and personality in the general population; in: Nutrients, (veröffentlicht: 20.05.2020), Nutrients
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