Flexitarisch = Vegetarisch mit Schummeln?
Ernährungsstudien der letzten Jahre haben immer wieder einen hohen Fleischkonsum – vor allem von rotem und verarbeitetem Fleisch – mit einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten und Krebs in Verbindung gebracht. Viele Menschen nehmen sich vor, weniger Fleisch zu essen, wollen aber nicht gänzlich darauf verzichten. Vielleicht ist Flexitarismus die Lösung.
Kate Patton ist registrierte Ernährungsberaterin an der renommierten Cleveland Clinic (USA). In einem aktuellen Beitrag der Klinik erläutert die Ernährungsexpertin, was eine flexitarische Ernährungsweise ausmacht und welche gesundheitlichen Vor- und Nachteile von Flexitarismus zu erwarten sind.
Flexitarismus: kalorienarm, flexibel, gesund
„Wenn Sie auf der Suche nach einer gesunden Ernährung sind, bei der Sie keine Kalorien zählen müssen, keine superstrengen Regeln haben und ab und zu Fleisch genießen können, dann ist die flexitarische Ernährung genau das Richtige für Sie“, erläutert Patton. Das Wort „Flexitarismus“ setze sich aus den Wörtern „flexibel“ und „vegetarisch“ zusammen. Wer diese Ernährungsweise befolgt, ernähre sich hauptsächlich vegetarisch oder vegan, kann aber hin und wieder auch tierische Produkte zu sich nehmen.
Zweitbeste Ernährung laut amerikanischer Diät-Rangliste
In den U.S.-Rankings der besten Diäten belegt Flexitarismus zusammen mit der DASH-Diät den zweiten Platz hinter der mediterranen Ernährung. Sie ist nicht nur gesund, sondern auch besonders einfach umzusetzen. Geprägt ist die flexitarische Ernährungsweise durch den Konsum von Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Nüssen – aber gelegentlich auch Fleisch. Insgesamt konzentriert sich diese Ernährungsform jedoch darauf, den Fleischkonsum möglichst gering zu halten.
Keine Crash-Diät
„Ich glaube, die Leute fühlen sich von dieser Diät angezogen, weil man bei ihr ein bisschen flexibler sein kann“, erörtert Patton. Während die meisten Diäten ein Anfang und ein Ende haben und in diesem Zeitraum ein gewisser Gewichtsverlust erreicht werden soll, zielt der Flexitarismus eher auf eine langfristig angelegte Gewichtsabnahme ab.
Wie viel Fleisch darf beim Flexitarismus gegessen werden?
Wie der Name schon andeutet, ist diese Ernährung zwar flexibel, aber es gibt auch Empfehlungen darüber, wie viel und welche Art von Fleisch gegessen werden kann. Im Idealfall sollten nicht mehr als 250 Gramm Fleisch pro Woche verzehrt werden. Der Fleischkonsum darf aber auch bis zu 800 Gramm wöchentlich betragen.
Drei Stufen des Flexitarismus
Laut Ernährungsberaterin Patton gibt es drei grundlegende Stufen des Flexitarismus, die jeweils mit der Reduzierung von Fleisch in Zusammenhang stehen.
- Stufe 1: An zwei Tagen in der Woche auf Fleisch verzichten. An den anderen fünf Tagen sollten nicht mehr als insgesamt 800 Gramm Fleisch verzehrt werden.
- Stufe 2: Wenn man sich an Stufe 1 gewöhnt hat, sollte versucht werden, drei bis vier Tage pro Woche ohne Fleisch auszukommen. Stattdessen sollte mehr Obst und Gemüse in die Ernährung integriert werden. An den restlichen Tagen sollte nicht mehr als insgesamt 500 Gramm Fleisch gegessen werden.
- Stufe 3: Fünf von sieben Tagen sollte sich fleischlos ernährt werden. An den restlichen beiden Tagen sollte nicht mehr als 250 Gramm Fleisch gegessen werden.
Welches Fleisch sollte bevorzugt werden?
Patton empfiehlt, bei dem Fleisch auf Rind-, Hühner- oder Putenfleisch aus biologischem Anbau zurückzugreifen. Zudem sollte mageres Fleisch bevorzugt werden. Fisch kann unabhängig vom Fleischkonsum in die Ernährung integriert werden. „Wenn es um Eiweiß geht, sollte Ihr Hauptaugenmerk darauf liegen, den Großteil des Proteins aus Pflanzen und nicht aus Tieren zu beziehen“, gibt die Ernährungsexpertin zu bedenken.
Welche Vorteile bietet eine flexitarische Ernährung?
Ernährungsrichtlinien empfehlen eine Ernährungsweise, die sich auf Obst und Gemüse konzentriert. „Die flexitarische Ernährung tut genau das“, unterstreicht Patton. Aus diesem Grund seien bei diesem Ernährungsstil mehrere Vorteile für Gesundheit und Umwelt zu erwarten, darunter:
- Verringertes Risiko für Herzerkrankungen,
- Gewichtsabnahme,
- verringertes Risiko für Typ-2-Diabetes,
- verringertes Risiko für Krebs,
- weniger CO2-Ausstoß.
Potenzielle Risiken
Wer im Zuge des Flexitarismus seinen Fleischkonsum extrem minimiert, erhöht das Risiko für einen Mangel an bestimmten Nährstoffen, vor allen Vitamin B12, Zink und Kalzium. Zudem wird von manchen Menschen mit Reizdarmsyndrom eine hauptsächlich pflanzliche Ernährung nicht gut vertragen.
Möglichst unverarbeitete Lebensmittel essen
„Sie sollten immer darauf abzielen, die am wenigsten verarbeiteten, natürlichsten Lebensmittel zu essen“, rät Patton. Verarbeitete Lebensmittel und gezuckerte Getränke sollten so weit es geht eingeschränkt werden. Kalorien zählen müsse man hingegen nicht. Der Flexitarismus sei so konzipiert, dass eine übermäßige Zufuhr von Kalorien unwahrscheinlich ist, wenn man sich an die Grundregeln hält.
Was kommt in den Einkaufswagen?
Folgende Lebensmittel sollten laut Patton bei einer flexitarischen Ernährungsweise auf der Einkaufsliste stehen:
- Früchte,
- Gemüse,
- Pflanzliche Proteine wie Bohnen, Edamame, Kichererbsen, Linsen und Tofu,
- Vollkorngetreide wie brauner Reis, Hafer, Gerste und Quinoa,
- pflanzlicher Milchersatz wie Soja-, Hafer- oder Mandelmilch,
- Eier,
- Molkereiprodukte wie Käse und Naturjoghurt,
- Nüsse und Samen,
- Öle, Kräuter und Gewürze.
Diese Lebensmittel begrenzen
Seltener darf mageres Rindfleisch sowie Hähnchen- oder Putenbrust im Einkaufswagen liegen, ab und zu auch Fisch wie Lachs, Tilapia, Kabeljau oder Garnelen. So wenig wie möglich sollten Produkte gekauft werden, die zugesetzten Zucker, verarbeitetes Fleisch oder raffinierte Kohlenhydrate enthalten, erläutert Patton. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: What is the Flexitarian Diet? (veröffentlicht: 25.05.2021), health.clevelandclinic.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.