Nach Abstoßung des ersten Transplantats: Erste Person mit zwei Gesichtstransplantationen
In Frankreich wurde bei einem Mann nach der Abstoßung des ersten Transplantats eine weitere Gesichtstransplantation durchgeführt. Zuvor war der 43-Jährige zwei Monate lang ohne Gesicht in einem Krankenhaus in Paris, während ein kompatibler Spender gesucht wurde. Nach Aussage der Ärzte geht es dem Patienten gut.
Transplantationsmedizin machte große Fortschritte
Die Transplantationsmedizin hat in den vergangenen Jahrzehnten weltweit enorme Fortschritte gemacht. So ist etwa Medizinern in den USA die sensationelle Transplantation einer Schädeldecke gelungen. In Südafrika ist die erste erfolgreiche Penis-Transplantation durchgeführt worden. Mittlerweile ist sogar eine komplette Kopftransplantation geplant. Gesichtstransplantationen werden bereits seit 2005 durchgeführt. Von dieser Erfahrung profitierte nun auch ein Mann aus Frankreich. Der 43-Jährige hat nach einer zweiten Transplantation sein „drittes Gesicht“ bekommen.
Erster Patient mit zwei Gesichtstransplantationen
Jérôme Hamon ist die erste Person der Welt, bei der zwei Gesichtstransplantationen durchgeführt wurden.
Seine erste Transplantation im Jahr 2010 war ein Erfolg, aber er erkältete sich 2015 und erhielt Antibiotika, berichtet die „BBC“.
Das Medikament war mit der immunsuppressiven Behandlung, die er erhielt, um eine Abstoßung des transplantierten Materials zu verhindern, inkompatibel.
Die ersten Anzeichen einer Abstoßung traten 2016 auf und im vergangenen November musste das an Nekrose leidende Gesicht entfernt werden.
Der 43-Jährige blieb zwei Monate lang im Georges-Pompidou Hospital in Paris ohne sehen, sprechen oder hören zu können, bis im Januar ein Gesichtsspender gefunden und die zweite Transplantation durchgeführt wurde.
Genetische Erkrankung
Herr Hamon leidet an Neurofibromatose Typ 1, einer genetischen Erkrankung, die schwere entstellende Tumoren im Gesicht verursachen kann.
„Ursache für die Erkrankungen sind bestimmte Gendefekte, die häufig vererbt werden. Die Krankheit kann auch ohne familiäre Vorbelastung durch spontane Veränderungen des Erbmaterials (Mutationen) entstehen“, erklärt die Techniker Krankenkasse (TK) auf ihrer Webseite.
„Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen) weisen Veränderungen auf dem Chromosom 17 auf. Die Erkrankungshäufigkeit beträgt 1:3.000, wobei die Hälfte der Erkrankungen vererbt ist, bei der anderen Hälfte handelt es sich um neue Mutationen, die nicht von einem Elternteil geerbt sind. Mädchen und Jungen sind etwa gleich häufig betroffen“, heißt es dort weiter.
Der Mann mit den drei Gesichtern
Jérôme Hamon erhielt das Gesicht eines 22-Jährigen Spenders. Um eine erneute Abstoßung zu vermeiden, hatte der Patient – von den französischen Medien als „Mann mit drei Gesichtern“ bezeichnet – eine besondere Behandlung, um das Blut vor der Transplantation zu reinigen.
Sein neues Gesicht sei laut dem behandelnden Arzt glatt und bewegungslos – sein Schädel, seine Haut und seine Gesichtszüge seien noch nicht vollständig ausgerichtet.
„Das zweite Gesicht habe ich sofort akzeptiert. Diesmal ist es wieder so“, sagte Hamon laut „BBC“.
„Wenn ich dieses neue Gesicht nicht akzeptiert hätte, wäre es schrecklich gewesen. Es ist eine Frage der Identität … Aber hier sind wir, es ist gut, ich bin es“, sagte der Patient der Nachrichtenagentur AFP aus dem Krankenhaus, wo er sich immer noch erholt.
Gegenüber dem französischen Fernsehen meinte er: „Ich bin 43 und der Spender war 22, also bin ich wieder 22.“
Angst vor erneuter Abstoßung
Die stundenlange Operation wurde von Professor Laurent Lantieri geleitet, einem Spezialisten für Hand- und Gesichtstransplantationen, der vor acht Jahren die erste Operation von Herrn Hamon durchgeführt hatte.
Die Zeit ohne Gesicht sei für den Patienten besonders gefährlich gewesen: „Wenn man keine Haut hat, hat man Infektionen“, sagte Lantieri der Zeitung Le Parisien.
„Wir sind sehr besorgt über die Möglichkeit einer erneuten Abstoßung.“ Für einen Mann, der durch all das gegangen sei – vergleichbar sei es mit einem Atomkrieg – gehe es dem Patienten laut dem Mediziner gut.
Der Anästhesist Bernard Cholley fügte hinzu: „Ich bin erstaunt über den Mut des Patienten, der eine solche Prüfung durchstehen konnte.“
„Heute wissen wir, dass eine Doppeltransplantation machbar ist, nicht mehr nur im Bereich der Forschung“, so Lantieri.
Die erste Gesichtstransplantation wurde 2005 in Nordfrankreich durchgeführt. Seitdem wurden rund 40 Operationen auf der ganzen Welt durchgeführt. (ad)
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