„Chronic Fatigue Syndrome“: Mehr als nur Erschöpfung
Das „Chronic Fatigue Syndrome“, abgekürzt: CFS, („chronisches Erschöpfungssyndrom“) ist in den vergangenen Monaten stark in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt, weil viele der Long-COVID-Erkrankten diese Krankheit entwickeln. Fachleute erklären, was zu dieser bislang kaum erforschten Erkrankung bekannt ist.
Das Chronic Fatigue Syndrom (CFS), das auch als Myalgische Enzephalomyelitis (ME) bezeichnet wird, ist eine schwere neurologische Erkrankung, die häufig zu einem hohem Grad der körperlichen Einschränkung führt, erklärt das Deutsche Zentrum für Individualisierte Prävention und Leistungsverbesserung (DZIP). Sie ist laut den Fachleuten von anderen Formen der Erschöpfung zu unterscheiden. Die Lebensqualität von ME/CFS-Erkrankten ist häufig sehr niedrig. Hierzulande sind Schätzungen zufolge bis zu 240.000 – 300.000 Menschen betroffen. Weltweit sind es etwa 17 Millionen.
Deutliche Einschränkung der Lebensqualität
Wie die Charité – Universitätsmedizin Berlin auf ihrer Webseite schreibt, ist CFS eine eigenständige schwere Erkrankung, die mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität einhergeht. Die Krankheit ist meist durch einen plötzlichen Beginn, oft mit einem viralen Infekt gekennzeichnet.
Leitsymptome sind eine schwere Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen sowie körperliche Symptome, unter anderem Halsschmerzen, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen sowie ein Verlauf über mindestens sechs Monate.
Zusätzlich besteht eine ausgeprägte Belastungsintoleranz, das heißt, es kommt nach Anstrengung zu einer länger anhaltenden Zunahme der Beschwerden (sogenannte postexertional malaise). Viele Patientinnen und Patienten leiden an häufigen Infektionen oder neu aufgetretenen Allergien.
Einer Studie der Aalborg Universität (Dänemark) aus dem Jahr 2015 zufolge ist die Lebensqualität von ME/CFS-Erkrankten im Durchschnitt niedriger als die von Multiple Sklerose-, Schlaganfall- oder Lungenkrebspatientinnen und -patienten, berichtet die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V. auf ihrer Webseite. Ein Viertel aller Patientinnen und Patienten kann demnach das Haus nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und auf Pflege angewiesen. Schätzungsweise mehr als 60 Prozent sind arbeitsunfähig.
Erkennung durch Ausschlussdiagnose
Für ME/CFS gibt es in der klinischen Diagnostik bislang keinen spezifischen Test, so dass die Diagnose auf der Basis der klinischen Symptome gestellt wird. CFS ist ferner eine sogenannte Ausschlussdiagnose, weil chronische Fatigue auch ein Symptom vieler anderer Erkrankungen ist und dann meist auch anders behandelt wird.
Ärztinnen und Ärzte werden sich daher zunächst erkundigen, unter welchen Symptomen Erkrankte leiden und danach gegebenenfalls eine körperliche Untersuchung durchführen. Dabei werden zunächst verschiedene Ursachen für chronische Schwäche ausgeschlossen, beispielsweise Tumorerkrankungen oder chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Multiple Sklerose, erläutert der Techniker Krankenkasse (TK).
Diabetes, Leber- oder psychische Erkrankungen wie Depressionen können ebenfalls starke Erschöpfung und Müdigkeit auslösen. Auch nächtliche Atemaussetzer (Schlafapnoe) können die Ursache für eine mangelnde Erholung sein. Weil auch bestimmte Medikamente extrem müde machen können, wird gegebenenfalls der Medikamentenplan geprüft.
Wurden andere Ursachen ausgeschlossen, kann beispielsweise anhand der kanadischen Konsenskriterien (Canadian Consensus Criteria – CCC) sowie mithilfe standardisierter Fragebögen die Diagnose ME/CFS gestellt werden.
Dabei wird unter anderem geprüft, ob die Beschwerden bereits mindestens seit sechs Monaten bestehen, es Betroffenen aufgrund der körperlichen und geistigen Schwäche zunehmend schwer fällt, alltäglichen Aufgaben nachzukommen, Schlaf nicht zur Erholung führt oder ob sich Betroffene schon nach leichter Aktivität extrem erschöpft fühlen.
Noch keine wirksamen und kausalen Therapien
Derzeit werden an verschiedenen Instituten weltweit wirksame und kausale Therapien für ME/CFS erforscht, erklärt die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V. auf ihrer Webseite. Allerdings stehen sie in der Allgemeinversorgung noch nicht zur Verfügung.
Von einer kausalen Therapie ist die Rede, wenn dadurch die Ursache der Erkrankung geheilt werden kann. Die Krankheitsursache von ME/CFS ist aber noch nicht abschließend geklärt und wird ebenso erforscht.
Dennoch existieren verschiedene Ansätze, um die Symptome von ME/CFS zu lindern, dazu gehört zum Beispiel die Behandlung von Schmerzen, Schlafstörungen, Reizdarmbeschwerden, Fatigue, wiederkehrenden Infektionen und der orthostatischen Intoleranz.
Neben der symptomatischen Behandlung ist es für ME/CFS-Betroffene oft ein wichtiger Ansatz, ihre persönlichen Belastungs- und Energiegrenzen einzuhalten. Die potentiell negativen Auswirkungen von körperlicher und kognitiver Überlastung auf die Gesamtsymptomatik sind in verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt worden.
Die Gesellschaft empfiehlt Betroffenen, mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu sprechen und gegebenenfalls auch das Informationsmaterial des Fachportals und der Berliner Charité zu nutzen. Diese können für Ärztinnen und Ärzte ein Einstieg sein, falls diese mit dem Krankheitsbild noch nicht vertraut sind. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Charité - Universitätsmedizin Berlin: Allgemeine Informationen für Patienten, (Abruf: 17.01.2022), Charité - Universitätsmedizin Berlin
- Deutsches Zentrum für Individualisierte Prävention und Leistungsverbesserung: Chronische Erschöpfung, Fatigue, (Abruf: 17.01.2022), Deutsches Zentrum für Individualisierte Prävention und Leistungsverbesserung
- Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V.: Was ist ME/CFS?, (Abruf: 17.01.2022), Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V.
- Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V.: Häufig gestellte Fragen, (Abruf: 17.01.2022), Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.