Erste West-Nil-Virus-Infektion durch Mücken beim Menschen in Deutschland nachgewiesen
Erst kürzlich wiesen Experten darauf hin, dass sich das gefährliche West-Nil-Virus immer mehr in Deutschland ausbreitet. Nun ist hierzulande erstmals bei einem Menschen eine durch Mücken übertragene Infektion und Erkrankung mit dem Erreger bekannt geworden.
Wie das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) und das Robert-Koch-Institut (RKI) in einer gemeinsamen Pressemitteilung schreiben, ist in Deutschland erstmals eine durch Mücken übertragene Infektion und Erkrankung mit dem West-Nil-Virus (WNV) bekannt geworden. Den Angaben zufolge war die Person aus Sachsen an einer Gehirnentzündung erkrankt und wurde im Klinikum St. Georg in Leipzig behandelt. Der Patient, bei dem es sich laut Medienberichten um einen Mann handelt, der nicht ins Ausland gereist war und der keine wesentlichen Vorerkrankungen hatte, ist inzwischen wieder genesen.
Künftig ist mit mehr Infektionen zu rechnen
Der Mitteilung zufolge wies das Nationale Referenzzentrum für tropische Infektionserreger am BNITM eine Infektion mit WNV nach. „Das Risiko weiterer Fälle nimmt derzeit ab, da die Zahl der Mücken im Herbst zurückgeht. In den kommenden Sommern müssen wir jedoch mit weiteren West-Nil-Virus-Infektionen rechnen“, erklärt Lothar H. Wieler, Präsident des RKI. „Glücklicherweise verläuft der Großteil der Fälle mild.“
Im vergangenen Jahr war die erste West-Nil-Virus-Infektion in Deutschland gemeldet worden. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) teilte damals in einer Mitteilung mit, dass ein Tierarzt in Bayern wenige Tage nach der Obduktion eines an West-Nil-Virus verendeten Vogels an West-Nil-Fieber erkrankt war. Dem LGL zufolge erfolgte die Übertragung des Virus mit hoher Wahrscheinlichkeit durch direkten Kontakt mit erregerhaltigen Körperflüssigkeiten des verendeten Vogels. „Dies ist die erste bekannte Übertragung von West-Nil-Virus auf einen Menschen innerhalb Deutschlands“, so das Landesamt.
Keine Schutzimpfung für Menschen
Ursprünglich stammen West-Nil-Viren aus Afrika. Die Erreger werden von Stechmücken zwischen Vögeln übertragen, doch auch Säugetiere (vor allem Pferde) und Menschen können durch Mückenstiche infiziert werden. Zudem sind Übertragungen durch Bluttransfusionen möglich. Infektionen beim Menschen verlaufen zu etwa 80 Prozent ohne Symptome, bei knapp 20 Prozent mit meist milder und unspezifischer Symptomatik wie Fieber oder Hautausschlag.
Nur bei unter einem Prozent aller Betroffenen – in der Regel bei Älteren mit Vorerkrankungen – kommt es zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) oder seltener zu einer Entzündung des Gehirns (Enzephalitis), die tödlich enden kann. Impfstoffe oder eine spezifische Therapie für Menschen gibt es bislang noch nicht. Durch persönlichen Mückenschutz lassen sich Infektionen vorbeugen.
Virus hat sich durch den Klimawandel nördlich der Alpen etabliert
Das Virus ist durch Zugvögel und Stechmücken in nördlichere Regionen gelangt und kann dort während der Mückensaison verbreitet werden. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Ausbrüche in Süd- und Zentraleuropa sowie in Schwarzmeer-Anrainerstaaten. 2018 und 2019 haben Wissenschaftler des FLI und des BNITM mehr als 70 an WNV-Infektionen verendete Wild- und Zoo-Vögel in Deutschland festgestellt (Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg), besonders betroffen ist Ostdeutschland.
„In diesem Jahr sind vermehrt auch Pferde betroffen, weshalb die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin am FLI Pferdebesitzern in betroffenen Gebieten empfiehlt, ihre Tiere impfen zu lassen“, sagt Martin Groschup, Leiter des Instituts für Neue und Neuartige Tierseuchenerreger am FLI. Den Angaben zufolge wird WNV von heimischen Stechmücken der Gattung Culex übertragen. „Offenbar haben die durch den Klimawandel bedingten ungewöhnlich warmen Sommer der letzten beiden Jahre dazu beigetragen, dass sich WNV nördlich der Alpen etabliert hat“, so Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik am BNITM.
Das RKI erforscht zusammen mit dem BNITM die Infektionshäufigkeit von WNV und Risikofaktoren in der Bevölkerung. Seit Juli diesen Jahres beispielsweise werden in Regionen, in denen Tiere mit WNV gefunden wurden, systematisch Blutspenden auf die Viren untersucht. Bislang waren die über 2.000 getesteten Spenden negativ. Auch mehrere überregionale Blutspendedienste sind an der Studie beteiligt.
Infektionen mit dem West-Nil-Virus sind meldepflichtig. Seit 2018 empfiehlt das RKI Ärzten in den betroffenen Regionen, Patienten mit Enzephalitiden unklarer Herkunft auf West-Nil-Viren untersuchen zu lassen. Bei vermehrtem Auftreten von Fiebererkrankungen mit und ohne Hautausschläge muss das Virus ebenfalls als Auslöser in Betracht gezogen werden. Die Labordiagnostik sollte möglichst ein Speziallabor übernehmen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Robert Koch Institut (RKI): Erste durch Mücken übertragene West-Nil-Virus-Erkrankung beim Menschen in Deutschland, (Abruf: 28.09.2019), Robert Koch Institut (RKI)
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Tierarzt infiziert sich mit West-Nil-Virus - Übertragung mit hoher Wahrscheinlichkeit bei Obduktion eines verendeten Bartkauzes, (Abruf: 28.09.2019), Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Wichtiger Hinweis:
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