Seit langem angepasst: Fledermäuse hierzulande überleben gefährliche Pilzerkrankung
In den vergangenen Jahren hat das sogenannte Weißnasensyndrom in Nordamerika Millionen Fledermäusen den Tod gebracht. Allerdings nur dort und nicht in Europa, wo der Erreger der Krankheit, ein bestimmter Pilz, ebenfalls vorkommt. Deutsche Forscher nehmen an, dass sich die europäischen Fledermäuse seit langem an den Pilz angepasst haben.
Pilz löste Massensterben aus
In den vergangenen zehn Jahren sind in Nordamerika mehr als sechs Millionen Fledermäuse in ihren Winterquartieren am sogenannten Weißnasensyndrom verstorben. Auslöser für das Massensterben ist ein Pilz. Forscher von der Universität Greifswald haben herausgefunden, dass die Sterberate in den Winterquartieren der europäischen Fledermäuse dagegen sehr gering ist und nicht in Zusammenhang mit der Pilzerkrankung steht. Die Wissenschaftler nehmen an, dass sich die europäischen Fledermäuse seit langem an den Pilz angepasst haben und dieser versehentlich aus Europa nach Nordamerika verschleppt wurde.
Gefährliche Erkrankung
Wie es in einer Mitteilung der Greifswalder Uni heißt, entdeckten Fledermausforscher im Winter 2006 in der Howes-Höhle nahe New York erstmals eigentümliche weiße Flecken auf den Nasen von Fledermäusen.
In den folgenden Wintern wurden in anderen Fledermausquartieren der Region weitere Fälle gesichtet. Gleichzeitig fanden die Forscher auf dem Höhlenboden eine hohe Zahl an toten Fledermäusen mit weißen Nasen.
Als Todesursache wurde der Pilz Pseudogymnoascus destructans festgestellt.
Aufgrund der Symptome nannten die Forscher die Krankheit „White-Nose-Syndrom“ (Weißnasensyndrom).
Millionen Fledermäuse gestorben
Innerhalb von zehn Jahren breitete sich die tödliche Krankheit über den halben nordamerikanischen Kontinent aus. Millionen Fledermäuse starben, und manche Arten sind in einigen Regionen ausgestorben.
Für Fledermauspopulationen sind hohe Todesraten ein ernstes Problem, weil die meisten Arten nur einmal jährlich Nachwuchs bekommen.
Auch in einigen Ländern Europas wurden Fledermäuse mit „weißen Nasen“ beobachtet, aber die Auswirkungen auf die Fledermäuse sind umstritten und bisher kaum untersucht.
Deutsche Wissenschaftler erforschen das Weißnasensyndrom
Zoologen der Universität Greifswald erforschen das Weißnasensyndrom bereits seit 2009.
In der aktuellen Studie haben sie Informationen zur Sterberate europäischer Fledermäuse während des Winterschlafs und zu möglichen Todesursachen (geographische Faktoren, Umweltfaktoren, Pilzerkrankung) gesammelt.
Die Forschungsergebnisse wurden vor kurzem in der Fachzeitschrift „Mammal Review“ veröffentlicht.
Versehentlich durch Menschen nach Nordamerika verschleppt
Mithilfe hunderter Fledermausexperten, die insgesamt 318 Winterquartiere in 30 Ländern untersucht haben, fanden die Forscher heraus, dass die Fledermausmortalität in den europäischen Winterquartieren generell gering und nicht auf den Pilzbefall der Fledermäuse zurückzuführen ist.
„Aufgrund unserer Forschungsergebnisse vermuten wir, dass der Pilz versehentlich durch den Menschen von Europa nach Nordamerika verschleppt wurde“, so Marcus Fritze, einer der Studienautoren.
Er verweist dabei auf Studien, die bereits gezeigt haben, dass der nordamerikanische dem europäischen Pilz genetisch sehr ähnlich ist, aber recht unterschiedlich zu asiatischen Isolaten.
Europäische Fledermäuse haben sich an den Pilz angepasst
Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die europäischen Fledermäuse im Laufe der Zeit an den Pilz angepasst haben – anders als bei den amerikanischen Fledermäusen.
„Basierend auf unseren genetischen Studien gehen wir davon aus, dass der Weißnasen-Pilz schon sehr lange in Europa sein muss“, sagt Dr. Sebastien Puechmaille vom Zoologischen Institut in Greifswald.
Zusammen mit Kollegen und Forschern aus ganz Europa sowie mit ehrenamtlichen Fledermaus- und Naturschützern haben die Wissenschaftler infizierte Fledermäuse beprobt, um mit Hilfe genomischer Daten zu erforschen, wann und aus welcher Region der Pilz nach Nordamerika verschleppt wurde und wie es dazu kommen konnte.
Ziel ist, Strategien und Empfehlungen zu entwickeln, mit deren Hilfe möglichst verhindert werden kann, dass sich solche Wildtierkrankheiten weltweit verbreiten und dramatisches Massensterben in Tierpopulationen auslösen. (ad)
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