Zahlreiche Geburtshelferinnen geben ihren Job auf: Der Berufsstand der Hebammen ist bedroht
06.05.2011
Mehrfach haben die Hebammen in den vergangenen Wochen durch Protestaktionen und Streiks auf die Schwierigkeiten ihres Berufsstandes hingewiesen. Am gestrigen internationalen Hebammentag gingen die Geburtshelferinnen erneut in zahlreichen Städten Deutschlands auf die Straße.
Bereits im vergangenen Jahr hatte der Deutsche Hebammen Verband (DHV) auf die erheblichen Missstände bei dem Berufsstand der freiberuflichen Geburtshelferinnen hingewiesen und in einer Online-Petition den Erhalt der wohnortnahen Versorgung mit Hebammenhilfe gefordert. Über 180.000 Unterzeichner/-innen hatte die Petition, doch getan hat sich seither wenig. So versuchten die Hebammen im Rahmen des gestrigen internationalen Hebammentages durch Protestaktionen und Streiks erneut auf ihre Probleme aufmerksam zu machen.
Haftpflichtprämien für Geburtshelferinnen kaum bezahlbar
Rund 15 Prozent der freiberuflich Hebammen haben der Pressereferentin des Deutschen Hebammen Verbandes, Dr. Edith Wolber, zufolge im Jahr 2010 ihre Tätigkeit als Geburtshelferinnen aufgegeben. Die massiv gestiegenen Haftpflichtversicherungsprämien bei gleichzeitig stagnierender Vergütungen, hätten den freiberuflichen Hebammen keine Wahl gelassen, so das Urteil des DHV. Denn unabhängig davon wie viel eine Hebamme tatsächlich arbeitet, werde bei Tätigkeit als Geburtshelferin eine Haftpflichtversicherungsprämie von 3.689 Euro pro Jahr fällig. Dem gegenüber steht laut Aussage der Vorsitzende des Hebammenverbandes Mittelfranken, Steffi Kuntze, eine durchschnittliche Vergütungen von 7,50 Euro Nettostundenlohn bei Vollzeitbeschäftigung. Zwar arbeiten viele freiberufliche Hebammen oft über 60 Stunden die Woche, so dass sie die Haftpflichtversicherungsprämie theoretisch noch bezahlen könnten, doch die Belastungen stehen in keinem Verhältnis zu dem Einkommen der Geburtshelferinnen, kritisierte der DHV. Der Berufsstand der Geburtshelferinnen werde bei der aktuellen Lage insgesamt gefährdet, warnte der Verband.
Verantwortung der Geburtshelferinnen sollte entsprechend vergütet werden
Denn die einzige Option für freiberuflichen Hebammen, die hohen Versicherungsbeiträge zu umgehen, bleibt die Niederlegung der Tätigkeit als Geburtshelferin. Laut Medienberichten reduzieren sich die Haftpflichtversicherungsprämien bei Konzentration auf die Geburtsvor- und -nachsorge um mehr als 3.000 Euro. Doch damit scheint der Berufsstand der Geburtshelferinnen insgesamt vom Aussterben bedroht und dies, obwohl es nach Aussage des DHV für die werdenden Mütter besonders wichtig ist, bei der Geburt durch eine Hebamme ihres Vertrauens begleitet zu werden. Eine Reduzierung der Haftpflichtprämie kommt jedoch nach Aussage des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft nicht in Frage, da die Beitragsanhebungen der vergangenen Jahre durch eine massive Zunahme der Heil- und Pflegekosten bedingt seien. Eine Sprecherin des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft forderte indirekt statt einer Senkung der Haftpflichtprämien eine Anhebung bei den Vergütungen. Die Pressesprecherin des Verbandes erklärte, dass die hohe Verantwortung der Hebammen auch entsprechend honoriert werden sollte.
Zukunft des Berufsstands der Geburtshelferinnen ungewiss
Welchen Weg das Bundesgesundheitsministerium am Ende zur Rettung der freiberuflichen Geburtshelferinnen beschreiten wird beziehungsweise, ob der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) überhaupt eingreifen wird, ist bisher unklar. Bereits im vergangenen Jahr hatte Rösler im Anschluss an die Online-Petition des DHV bei einer Anhörung zugesagt, einen runden Tisch mit Vertretern der Krankenkassen und des Hebammenverbandes einzuberufen. Doch geschehen ist seither wenig und immer mehr Geburtshelferinnen legten in der Zwischenzeit ihre Tätigkeit nieder, so dass die Sorge des DHV um die Existenz des gesamten Berufsstandes am Ende durchaus berechtigt scheint. (fp)
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