Jugendliche überprüfen ihr ideales Gewicht in riskanten Internet-Challenges
Ob “Thigh Gap” oder die “Belly Button Challenge”: Auch diesen Sommer werden im Internet wieder zahlreiche Abnehm-Trends verbreitet, die vor allem an junge Mädchen adressiert sind. Kathrin Sevecke von der Innsbrucker Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie warnt eindringlich vor den gefährlichen Beiträgen und Videos auf Kanälen wie YouTube. Denn diese könnten zu Essstörungen führen, von denen allein in Österreich bereits rund drei Prozent der Elf- bis 17- Jährigen betroffen seien.
Hungern beginnt oft schon im Frühjahr
Pünktlich zur Sommersaison wird die Medienlandschaft jedes Jahr wieder überschwemmt von unzähligen Berichten zum Thema „Abnehmen“. Gerade Jugendliche fühlen sich dabei schnell unter Druck gesetzt und verunsichert, wenn völlig verzerrte Schönheitsideale wie die „perfekte Bikini-Figur“ vermittelt werden. In der Folge beginne das Hungern oft schon im Frühling, im Spätsommer käme es dann zu einer Häufung der Akutfälle, erklärte Kathrin Sevecke, laut einer Mitteilung der Nachrichtenagentur „APA“ im Rahmen einer Pressekonferenz Anfang der Woche.
Diesen Sommer seien demnach Trends wie z.B. “Thigh Gap” angesagt, bei dem es darum geht, dass bei geschlossenen Beinen eine möglichst große Lücke zwischen den Innenseiten der Oberschenkel entsteht. Ein weiteres fragwürdiges Ideal werde durch die so genannte “Belly Button Challenge” („Bauchnabel-Herausforderung“) suggeriert. Hier soll der Arm um den Rücken geschlungen und mit der Hand vorne der Bauchnabel berührt werden. Wer das nicht schafft, ist angeblich zu dick – eine gefährliche wie unsinnige Botschaft. Doch immer mehr junge Mädchen möchten „dazu gehören“ und präsentieren den vermeintlichen Erfolg auf Instagram, Facebook und Co.
Vor eine andere Aufgabe werden die meist schon von Vornherein sehr dünnen Mädchen bei der „Collarbone Challenge” gestellt. Hier sollen möglichst viele Münzen auf dem sich abzeichnenden Schlüsselbein gestapelt werden, wobei die Anhängerinnen eine einfache Formel befolgen: Je mehr Münzen, desto dünner und attraktiver ist jemand.
Drei von hundert Menschen von Essstörungen betroffen
„All diese fragwürdigen Trends haben gemeinsam, dass sie Essstörungen begünstigen, verstärken oder auslösen können“, so die Warnung Seveckes. Diese seien bereits jetzt in Österreich weit verbreitet, drei von hundert Menschen würden mit Erkrankungen wie Magersucht oder Bulimie kämpfen. Vor allem Kinder und Jugendliche würden sich immer früher und häufiger unter Druck setzen: „Vierzig Prozent der elf- bis 17-jährigen normal- oder untergewichtigen Personen sind unzufrieden mit ihrem Körper. Die Hälfte der Jugendlichen in Mitteleuropa hat bereits zumindest eine Diät hinter sich”, sagt Sevecke.
Soziales Umfeld muss Verantwortung übernehmen
Ein großes Problem bestünde darin, dass Betroffene in den meisten Fällen zu spät eine Klinik aufsuchen würden und dementsprechend gesundheitlich bereits sehr angeschlagen wären. Dabei sei gerade eine frühzeitige Erkennung wichtig, um einen chronischen Verlauf der Erkrankung zu vermeiden, erklärt die Expertin weiter. Daher sollte „bereits bei den ersten Anzeichen [.] ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden”, rät die Kinder- und Jugendpsychiaterin. Zudem müsse sich das soziale Umfeld verantwortlich fühlen. Eltern, Lehrer, der Hausarzt, aber auch Freunde oder Geschwister sollten demnach bei ersten Warnsignalen wie einer schnellen Gewichtsabnahme oder der Verweigerung von Essen in Gesellschaft bereits handeln”, so die Forderung der Medizinerin. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.