Mediziner überprüfen die Sicherheit von bereits zugelassenen Medikamenten
Wenn neu entwickelte Medikamente für eine Verwendung auf dem freien Markt zugelassen werden, gehen die Benutzer eigentlich davon aus, dass die Einnahme dieser Medikamente sicher ist. Forscher fanden jetzt aber heraus, dass fast ein Drittel aller neuen Medikamente, welche bereits über ein Jahrzehnt genehmigt sind, Jahre später zu gefährlichen Nebenwirkungen führen.
Die Wissenschaftler der international anerkannten Yale University stellten bei ihrer Untersuchung fest, dass fast ein Drittel der neu zugelassenen Medikamente Jahre später zu manchmal lebensbedrohlichen Nebenwirkungen oder Komplikationen führt. Die Experten veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der international anerkannten medizinischen Fachzeitschrift „Journal of the American Medical Association“ (JAMA).
222 verschreibungspflichtige Medikamente können zu gefährlichen Nebenwirkungen führen
Die Ergebnisse beziehen sich auf alle 222 verschreibungspflichtigen Medikamente, welche von der U.S. Food and Drug Administration vom Jahr 2001 bis zum Jahr 2010 genehmigt wurden. Die Forscher untersuchten potenzielle Probleme, die während der Routineüberwachung nach der Markteinführung auftauchten. Die 71 Medikamente mit Sicherheitsrisiken beinhalteten beispielsweise auch Mittel zur Behandlung von Depressionen, Arthritis, Infektionen und Blutgerinnseln, erklären die Wissenschaftler. Die Medikamente können zu schweren Reaktionen der Haut, Leberschäden, Krebs und sogar zum Tod führen.
Werden neue Medikamente ausreichend geprüft?
Ein großer Prozentsatz der festgestellten Probleme war eine Überraschung für die Experten. Sie umfassten viele Nebenwirkungen, welche während des Überprüfungsprozesses übersehen wurden, erklärt Autor Professor Dr. Joseph Ross von der Yale University. Die meisten Sicherheitsbedenken seien allerdings nicht ernst genug gewesen, um Rückrufe der Medikamente auszulösen. Die Ergebnisse der Studie führen jetzt zu der Frage, ob Medikamente vor der Genehmigung ausreichend geprüft werden.
Einige Probleme werden nur bei Tests an einer breiten Masse der Bevölkerung festgestellt
Neue Medikamente werden in erster Linie an hunderten oder gegebenenfalls auch tausenden Menschen auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit getestet. Neue Sicherheitsbedenken werden allerdings meist erst identifiziert, wenn das Medikament von einer breiteren Masse der Bevölkerung verwendet wird, sagt Professor Ross. Insgesamt gesehen mache die U.S. Food and Drug Administration (FDA) jedoch einen guten Job, fügt der Experte hinzu.
Mediziner werten für ihre Studie Online-FDA-Daten aus
Die Forscher analysierten Online-FDA-Daten über neue Medikamente und spätere Ankündigungen der Agentur zu deren Nebenwirkungen. Probleme tauchten im Durchschnitt etwa vier Jahre nach der Genehmigung auf. Wir wissen, dass neue Sicherheitsbedenken oft erst identifiziert werden, sobald ein Medikament von einer breiteren Bevölkerung verwendet wird, erklären die Mediziner.
Nebenwirkungen können in einigen Fällen sogar zum Tod führen
Zu den festgestellten Nebenwirkungen gehören viele ernsthafte gesundheitliche Probleme, einschließlich Todesfällen oder lebensbedrohlichen Ereignissen im Zusammenhang mit den Medikamenten, erklären die Wissenschaftler. Es gab Dutzende Warnungen über weniger ernsthafte potenzielle Schäden, aber drei Medikamente zeigten schwere gesundheitliche Schäden, die sogar zum Tod zu führen konnten, als Nebenwirkung, fügen die Forscher hinzu.
Beispiele für Medikamente und ihre Nebenwirkungen
Medikamente mit zusätzlichen festgestellten Nebenwirkungen waren beispielsweise Humira, welches für Arthritis und einige andere Krankheiten verwendet wird, Abilify, welches bei Depressionen und andere Geisteskrankheiten eingesetzt wird und das Medikament Pradaxa, ein Blutverdünnungsmittel, erläutern die Experten.
Diese Medikamente mussten vom Markt genommen werden
Es gab auch Medikamente, welche vom Markt genommen werden mussten. Beispielsweise Bextra, ein entzündungshemmendes Arzneimittel, welches zu Herzproblemen führen kann. Raptiva, ein Psoriasis-Medikament, welches eine seltene Krankheit des Nervensystems hervorrufen kann und Zelnorm, ein Medikament zur Behandlung von Darmerkrankungen, welches aber auch zu Herzproblemen führen kann, berichten die Autoren.
Beschleunigte Genehmigung führt zu häufigeren Nebenwirkungen
Sicherheitsprobleme treten am häufigsten bei Medikamenten auf, die durch eine sogenannte beschleunigte Genehmigung auf den Markt gebracht wurden, betonen die Fachleute. Das Verfahren der beschleunigten Genehmigung, welches in den USA relativ häufig zu Einsatz kommt, sollte daher eventuell überdacht werden.
Es ist fast unmöglich bestimmte Nebenwirkungen vor der Marktzulassung zu erkennen
Die Ergebnisse der Studie führen zu Bedenken darüber, ob die neu entwickelten Medikamente ausreichend getestet werden, bevor eine Genehmigung erfolgt. Seit dem Jahr 2011 wurden Medikamente zunehmend auf der Grundlage von Studien an einer kleinen Anzahl von Patienten getestet. Auch bei rigorosen klinischen Studien und einer genaueren regulatorischen Überprüfung kann es allerdings möglich sein, das bestimmte Warnsignale erst einige Jahre nach der Zulassung zu erkennen sind, nachdem die Medizin im breiteren Einsatz war, erläutern die Experten. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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