Was die Farbe der Zunge über die Gesundheit verrät
Die Zunge ist ein wahres Multitalent: Ohne sie wären viele alltägliche Dinge wie Schmecken, Sprechen, Saugen oder Schlucken nicht möglich. Die Zunge ist aber auch ein Spiegelbild der Gesundheit. An ihr lassen sich unzählige Veränderungen und Erkrankungen erkennen.
Durch Betrachtung der Zunge Krankheiten diagnostizieren
Mund aufmachen und Zunge rausstrecken: In der Traditionellen Chinesischen Medizin gehört die Betrachtung der Zunge zu den wichtigsten diagnostischen Methoden. Schon seit Jahrtausenden werden über das Aussehen der Zunge Erkrankungen diagnostiziert. Heutzutage kommen auch westliche Schulmediziner über den Zustand der Zunge Krankheiten auf die Spur.
Wenn sich Farbe, Form oder Belag der Zunge verändern
Eine gesunde Zunge zeigt sich rosafarben mit einem leichten weißen Belag. Ihre Oberfläche ist feucht, glatt und gleichmäßig.
Wenn sie jedoch deutlich anders aussieht, und das nicht nur für ein paar Stunden, kann dies ein Hinweis auf eine Erkrankung sein.
„Gesundheitliche Störungen äußern sich, indem sich Farbe, Form oder Belag der Zunge verändern“, erklärte Dr. Uso Walter, niederglassener HNO-Arzt aus Duisburg und Vorsitzender des HNOnet-NRW in einer älteren Mitteilung.
„So kann die Zunge beispielsweise dicker oder dünner, stärker belegt oder gerötet sein oder es finden sich plötzlich Zahnabdrücke am Zungenrand.“
Was die farblichen Veränderungen der Zunge aussagen können
Gesundheitsexperten zufolge kann etwa eine nicht nur zeitweise schwarz gefärbte Zunge auf Leukämie hindeuten.
Hinter einem dauerhaften, kräftigen gelben Zungenbelag kann womöglich eine Erkrankung im Leber-Gallen-Bereich stecken.
Bei einer braunen Verfärbung bestehen eventuell Probleme im Verdauungstrakt. Eine gräuliche Zunge kann ein Hinweis auf Blutarmut sein und bei einem blau gefärbten Organ könnte eine Lungenkrankheit dahinterstecken.
Und was viele schon selbst an sich erfahren konnten: Ein dicker weißer Belag tritt oft bei einer Erkältung oder einer Magen-Darm-Störung auf.
Biochemische Prozesse noch nicht eindeutig geklärt
„Welche biochemischen Prozesse bei der Zungenfärbung im Körper exakt ablaufen, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt“, erläuterte der Heilpraktiker René Gräber aus Preetz in Schleswig-Holstein in einer aktuellen Meldung der Nachrichtenagentur dpa.
Laut Gräber könnte der Säurehaushalt im Körper eine Rolle spielen. Wenn beispielsweise die gelbbraune Gallenflüssigkeit, die für die Fettverdauung wichtig ist, krankheitsbedingt aus dem Gleichgewicht gerät, dann wird auch der Säurehaushalt durcheinandergewirbelt.
„Das könnte eine Erklärung für einen gelben Belag der Zunge, die mit der Galle in Verbindung steht, sein“, so der Heilpraktiker.
Einer Studie zufolge, die 2015 im Fachjournal „Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine“ (eCAM) veröffentlicht wurde, könnten Veränderungen beim Auf- und Abbau von Aminosäuren dazu beitragen, dass sich bei einer Gastritis ein bräunlicher Zungenbelag zeigt.
Einseitiger Belag oder Schwellung
Es gibt aber nicht nur farbliche Veränderungen. So kann die Zunge an der Oberfläche etwa glänzend und glatt sein, dann ist von einer „Lackzunge“ die Rede.
„Das tritt bei Mangelerscheinungen von Vitaminen oder Mineralstoffen auf“, erklärte Prof. Andreas Filippi, Fachzahnarzt für Oralchirurgie am Universitären Zentrum für Zahnmedizin in Basel in der dpa-Meldung.
Ein brennendes Gefühl oder eine Zungenentzündung können ebenfalls auf einen Vitaminmangel hindeuten.
Wenn die Zunge dauerhaft rot gefärbt („Himbeer“- oder „Erdbeerzunge“) ist, dann liegt wahrscheinlich eine Scharlach-Erkrankung vor.
Manchmal kommt es zudem zu einem einseitige Belag auf nur einer Zungenhälfte. Dieser kann mit einer Nervenerkrankung oder Mittelohrentzündung zusammenhängen.
Eine geschwollene, braun verfärbte Zunge kann auf eine Nierenschwäche hindeuten. Und die sogenannte „Landkartenzunge“ – ein ungleichmäßiger Belag, auf dem Zahnabdrücke zu sehen sind – weist laut Gräber auf Störungen im Verdauungstrakt hin.
Harmlose Verfärbungen durch Lebensmittel
Ein kurzzeitig sichtbarer Belag ist in der Regel kein Grund zur Sorge. So können beispielsweise Heidelbeeren die Zunge blau verfärben, ohne dass irgendeine Erkrankung dahintersteckt.
Ein Belag auf der Zunge kann, muss aber nicht zwangsläufig auf eine Erkrankung hinweisen. Durch einen täglichen Zungencheck vor dem Spiegel kann man Hinweise auf mögliche Krankheiten finden.
Prof. Dirk Eßer, Chefarzt der Abteilung Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Helios Klinikum Erfurt empfiehlt in der dpa-Meldung, das Aussehen der Zunge regelmäßig zu beobachten, und zwar am besten bei Tageslicht und idealerweise gleich nach dem Aufstehen.
Denn dann ist die Zunge noch nicht durch Lebensmittel oder Getränke verfärbt. Wenn irgendetwas Auffälliges bemerkt wird, sollte dies am besten zunächst beim Hausarzt thematisiert werden.
Krankheiten der Zunge
Neben den Hinweisen auf Erkrankungen gibt es aber auch Krankheiten, welche die Zunge direkt betreffen. Dazu gehören Tumorerkrankungen, Aphthen und Fibrome. „Tumore zeigen sich anfangs oft in Form von ‚wunden Stellen‘ oder Geschwüren“, erklärte Dr. Walter.
„Auch tastbare Verhärtungen der Zunge bei intakter Oberfläche können auf Tumore hinweisen.“ Aphthen wiederum sind kreisrunde oder ovale milchig-gelbliche Gebilde, die eine Entzündung der umgebenden Schleimhaut auslösen.
Sie sind zwar sehr schmerzhaft, verschwinden aber meist nach einigen Tagen von selbst. Fibrome, also kleine gutartige Schleimhautknötchen, finden sich meist an der Mittellinie der Zunge. Diese Bindegewebe-Geschwulste erfordern eine Abklärung durch einen HNO-Arzt. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.