Fettleber: Verschiedene Medikamentenklassen in klinischer Prüfung
Etwa ein Viertel der Bevölkerung ist von der Volkskrankheit Fettleber betroffen. Eine Gewichtsabnahme ist derzeit die einzige Therapie der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung. (kurz NAFLD). Doch nun befinden sich unterschiedliche Medikamentenklassen in klinischer Prüfung. Fachleute hoffen, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren Optionen auf den Markt kommen.
Zur Therapie der Fettleber gibt es bislang noch keine zugelassenen Medikamente. Doch wie in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Expert Review of Clinical Pharmacology“ berichtet wird, sind nun einige Arzneimittel in der Phase III der Entwicklung.
Schwerwiegende Folgen möglich
Wenn so viele Menschen betroffen sind, scheint die Fettleber ja nicht so schlimm zu sein, denken viele. „Doch diese Bagatellisierung ist fatal“, erklärt Professor Dr. Andreas Geier, Leiter der Hepatologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) in einer Mitteilung.
Denn bei einem Fünftel der Betroffenen entzündet sich die Leber. Aus der nicht-alkoholischen Fettleber wird dann eine nicht-alkoholische Fettleber-Entzündung (NASH). Und diese Entzündung, auch bekannt als Hepatitis, kann schwerwiegende Folgen haben.
Das Lebergewebe wird laut den Fachleuten durch hartes narbiges Bindegewebe ersetzt und vernarbt. Aufgrund der sogenannten Fibrose können die Leberzellen ihre zahlreichen Stoffwechsel- und Entgiftungsfunktionen nur noch eingeschränkt wahrnehmen. Die Leber kann sich schließlich bis zu einer Zirrhose verhärten und dann Krebs entwickeln.
Zahl der Betroffenen wird steigen
Nach Modellierungen wird sich die Zahl der Fettleberpatientinnen und -patienten in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Doch warum kommt es zu diesem Anstieg? „Weil immer mehr Menschen unter Übergewicht und Fettleibigkeit leiden“, sagt Geier.
Hierzulande sind rund zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig, ein Viertel der Erwachsenen sind stark übergewichtig. Die Folgen sind zu viel Bauchfett, Bluthochdruck, Diabetes sowie Fettstoffwechselstörungen.
In der Fachsprache wird diese Kombination als metabolisches Syndrom bezeichnet, im Volksmund aufgrund des erhöhten Risikos für Gefäßerkrankungen auch tödliches Quartett. Nur in seltenen Fällen ist eine Fettleber genetisch bedingt.
Vielen fällt die Lebensstiländerung zu schwer
Vorbeugen ließe sich also durch eine Umstellung auf eine gesündere Ernährung und ausreichend Bewegung. Aber diese Lebensstiländerung ist leichter gesagt als getan. „Selbst Betroffene, die wissen, dass ihre Leber in Gefahr ist, schaffen es selten, abzunehmen und ihr Normalgewicht langfristig zu halten“, erläutert die Privatdozentin Dr. Monika Rau.
Studien haben gezeigt, dass wenn Patientinnen und Patienten zehn Prozent an Gewicht verlieren, können die Vernarbungen und die damit einhergehenden histologischen Veränderungen der NAFLD zurückgehen.
„Eine Gewichtsabnahme ist sicherlich die archaistische und intuitivste Form der Therapie, Stand heute aber auch die einzige Therapie der NAFLD“, bemerkt Prof. Geier. „Zur Behandlung der Fettleber gibt es bislang noch keine zugelassenen Medikamente. Dieses fulminante Problem wurde lange nicht erkannt.“
Arbeit an medikamentöser Therapie
Inzwischen arbeitet die Pharmaindustrie mit Hochdruck an verschiedenen Wirkstoffklassen zur medikamentösen Therapie der NASH. Einige Arzneimittel sind in der Phase III der Entwicklung, sie werden also in klinischen Studien an einer größeren Patientinnen- und Patientengruppe auf Wirksamkeit und Verträglichkeit getestet.
Prof. Geier hofft, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren Optionen auf den Markt kommen.
Auch an der Verbesserung der Diagnostik wird gearbeitet. Viele Betroffene wissen gar nicht, dass sie eine Fettleber haben. Sie ist nicht zu spüren. Der Schmerz der vernarbten Leber ist die Müdigkeit. Dieser unspezifische Leistungsknick kann aber viele Ursachen haben.
Es muss laut den Fachleuten auch ein besserer Biomarker her. „Auf die bisherigen Leberwerte aus dem Labor können sie sich überhaupt nicht verlassen“, sagt Geier. Die Routine-Leberwerte GOT und GPT sagen demnach häufig nichts über den Zustand der Leber aus. Diese Werte können sogar bei einer völlig zerstörten Leber normal sein.
Derzeit laufen verschiedene Projekte, um neue einfache und breit verfügbare Biomarker zu entwickeln, die sowohl eine Fettleber als auch eine drohende Entgleisung der Erkrankung anzeigen. Bis dahin bleiben nur Behelfslösungen mit kombinierter Laboruntersuchung und Ultraschall.
Leberfunktion kontrollieren
Monika Rau rät allen Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern, insbesondere Risikopatientinnen und -patienten wie Übergewichtige und Personen mit Diabetes regelmäßig auf die Entwicklung einer NAFLD zu screenen. Dazu gehört das Abtasten, denn Fett vergrößert die Leber, und ein Ultraschall der Leber.
Wenn im Ultraschall eine Leberverfettung zu sehen ist, sollte laut der Expertin unbedingt eine Risikostratifizierung vorgenommen werden. Wie die Oberärztin erklärt, ist eine reine Verfettung nicht mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. Relevant seien die Entzündung und damit verbunden die Vernarbung.
„Die Frage ist: Gehört der Patient oder die Patientin zu den 20 Prozent, die ein erhöhtes Risiko für eine Fibrose, Zirrhose oder Krebs entwickeln? Konkret: Hat er oder sie viel Bauchfett oder Diabetes? Wenn ja, sollte er oder sie zum Spezialisten, um den Zustand der Leber mittels Fibroscan oder Biopsie beurteilen zu lassen“, so Rau.
Wenn nein, sollte sie oder er unbedingt in der Primärversorgung bleiben und die Leberfunktion alle zwei bis drei Jahre kontrollieren lassen, sagt die Medizinerin. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Würzburg: Alarmzeichen Fettleber, (Abruf: 11.04.2022), Universitätsklinikum Würzburg
- Monika Rau, Andreas Geier: An update on drug development for the treatment of nonalcoholic fatty liver disease - from ongoing clinical trials to future therapy; in: Expert Review of Clinical Pharmacology, (veröffentlicht: 13.02.2021), Expert Review of Clinical Pharmacology
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.