Vermehrung des Bindegewebes kann Organfunktion einschränken
12.02.2015
Als Fibrose wird die Vermehrung des Bindegewebes in Geweben und Organen bezeichnet, welche im Rahmen des Heilungsprozesses normalerweise einen biologischen Sinn erfüllt. Nimmt die Produktion des „Ersatzgewebes“ jedoch Überhand, entstehen narbige Verhärtungen, die im fortgeschrittenen Stadium zur einer Einschränkung der jeweiligen Organfunktion führen. Dementsprechend raten Experten dazu, zum Beispiel chronische Entzündungen oder Infektionen jederzeit ernst zu nehmen, um mögliche Veränderungen rechtzeitig erkennen zu können.
Verhärtung kann als Symptom bei verschiedenen Grunderkrankungen auftreten
Bei einer so genannten „Fibrose“ handelt um eine Organ- oder Gewebeverhärtung infolge einer Neubildung von Bindegewebsfasern. Diese Verhärtung stellt jedoch keine eigenständige Erkrankung dar, sondern vielmehr ein Symptom, dem verschiedene Grunderkrankungen zugrunde liegen können. „Eine Fibrose ist ein Prozess, der bei vielen Krankheiten auftritt und die Organe so verändert, dass sie nicht mehr richtig arbeiten können", erklärt Professor Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“.
Entzündungen und Durchblutungsstörungen als mögliche Ursachen
Für eine Fibrose kommen verschiedene Ursachen in Betracht wie zum Beispiel Entzündungen, Bluthochdruck, Allergien, Durchblutungsstörungenoder Verschleißprozesse, durch welche das Gewebe chronisch geschädigt wird. In der Folge ersetzt der Körper das geschädigte Gewebe durch Kollagen, dem Hauptbestandteil des Binde- und Stützgewebes, welcher als „Kitt“ zwischen den Zellen fungiert („Fibrosierung“). Steigt der Anteil des Bindegewebes im betroffenen Organ bzw. Gewebe, kommt es dadurch jedoch zu einer Verhärtung („Sklerose“) und damit einhergehend zu einer Einschränkung der jeweiligen Funktion.
Lungenentzündung kann zu pulmonaler Fibrose führen
Dabei können von einer Fibrose generell alle Gewebe bzw. Organe wie z.B. Leber, Niere, Lunge oder Bauchspeicheldrüse betroffen sein, ebenso wie die Haut, Augen oder das Knochenmark. Dementsprechend kann beispielsweise eine chronische Hepatitis C zu einer Fibrose der Leber oder eine Lungenentzündung (durch von Bakterien, Viren etc.) zu einer Lungenfibrose (pulmonale Fibrose) führen. „Auch die Herzschwäche im Alter ist eine Folge der Erschöpfung des Muskels und fibrotischer Prozesse", erklärt Professor Fölsch. Ist die Haut betroffen, wird z.B. von einer „Sklerodermie“ gesprochen, die vor allem durch eine verdickte, starre und anschließend schrumpfende Haut gekennzeichnet ist. Die Haut verliert an Elastizität, in der Folge kommt es vor allen an Fingern und Händen zu Beweglichkeitseinschränkungen, typisch sind zudem unter anderem Gelenkentzündungen und Schluckbeschwerden.
Organfibrose ist vielen Menschen bislang kein Begriff
Auch Erkrankungen wie die Arteriosklerosewürden laut Fölsch einen „fibrotischen Vorgang“ darstellen, ebenso wie bis auf wenige Ausnahmen der Leberkrebs: „Ein Bronchial- oder ein Leberzellkarzinom sind am Ende der Eisberg, der oben rausguckt. Darunter verbirgt sich in der Regel als Basis die Fibrose", so Professor Christian Trautwein vom Universitätsklinikum Aachen gegenüber der „dpa“. Dennoch sei die Organfibrose vielen Menschen bislang kein Begriff, denn die Erkrankungen werden in der Fachsprache meist anders benannt. Trete dementsprechend z.B. eine Nierenschädigung infolge eines Diabetes mellitusauf, würde diese nicht als Nierenfibrose, sondern als „diabetische Nephropathie“ bezeichnet.
Schädigung bis zum „Point of no Return“ prinzipiell umkehrbar
Doch die krankhafte Vermehrung des Bindegewebes sei laut Professor Christian Trautwein prinzipiell umkehrbar: „Das ist das Schöne: Das System ist plastisch. Wenn man bei der Leber den Alkohol als chronischen Reiz wegnimmt, bilden sich die Vernarbungen zurück", so der Experte gegenüber der dpa. Sobald jedoch der so genannte „Point of no Return“ erreicht ist, schreitet die Schädigung irreversibel voran. In der Folge bleiben die Vernarbungen bestehen, wodurch die betroffenen Organe nach und nach ihre Funktionsfähigkeit verlieren und eine Organ-Transplantation meist die letzte Therapieoption darstellt. Hier solle sich jedoch laut Professor Christian Kurts vom Institut für Experimentelle Immunologie des Universitätsklinikums Bonn, zukünftig etwas ändern, denn „ein großes Ziel unserer Forschung ist es, herauszufinden, welche Moleküle bei welcher Form der Fibrose beteiligt sind", so der Experte. "Immunmechanismen und Entzündungsvorgänge sind bei den meisten fibrotischen Erkrankungen von zentraler Bedeutung“, ergänzt Kurts.
Patienten sollten stärker über mögliche Folgen aufgeklärt werden
Dementsprechend könne nach Ansicht von Christian Trautwein eine Manipulation der „Achse“ zwischen den Bindegewebs- und den Entzündungszellen möglicherweise einen Erfolg bringen. Ziel der Forscher aus Bonn und Aachen sei es daher nun, die überschüssige Kollagenproduktion zu hemmen, zugleich stünden aber auch die Entzündungszellen als „Anheizer“ der Kollagenproduktion im Interesse der Wissenschaft: „Man kann aber nicht sagen, es gibt einen Mechanismus, und wenn man den hemmt, dann funktioniert der bei allen Arten von Fibrosen", erklärt Kurts. Problematisch sei in Hinblick auf mögliche Therapie-Methoden jedoch, dass die Neubildung von Bindegewebe einen biologischen Sinn habe: „Das sind eigentlich Heilungsvorgänge. Wenn man die mit Medikamenten hemmt, nimmt man sehr viele Nebenwirkungen in Kauf", so Kurts weiter. Dementsprechend werde derzeit noch in erster Linie auf Prävention gesetzt, zudem würde an Hausärzte appelliert, ihre Patienten entsprechend aufzuklären. „Chronische Entzündungen sollten grundsätzlich nicht auf die leichte Schulter genommen werden", warnt Fölsch. (nr)
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