Forscher entdecken Ursachen der knackenden Finger
16.04.2015
Lange wurde über die Ursachen des Fingerknackens in der Fachwelt gestritten. Nun hat ein internationales Forscherteam um Hauptautor Professor Greg Kawchuk von der Fakultät für Rehabilitationsmedizin an der University of Alberta (Kanada) herausgefunden, wodurch das Knacken tatsächlich ausgelöst wird. Die Ergebnisse ihrer Studie haben sie in dem Fachmagazin „PLoS One“ veröffentlicht.
Nach einer jahrzehntelangen Debatte darüber, was passiert, wenn die Gelenke knacken, konnten die Wissenschaftler um Professor Kawchuk mit Hilfe von MRT-Aufnahmen erstmals beobachten, wie sich bei einwirkenden Zugkräften in dem Gelenk rasch ein Hohlraum bildet, der das Fingerknacken verursacht. Die von der Gelenkkapsel umgebenden Gelenkflächen (Enden der Knochen), werden durch einen Spalt voneinander getrennt, der mit zähflüssiger Gelenkflüssigkeit gefüllt ist. Wird an dem Finger gezogen, weitet sich dieser Spalt deutlich auf und es entsteht plötzlich ein Hohlraum in der Gelenkflüssigkeit, was mit dem Knackgeräusch verbunden ist.
Widersprüchliche Theorien zum Fingerknacken
Erstmals hatten britische Forscher bereits 1947 die Bildung von Gasblasen innerhalb des Gelenks als Ursache für das Fingerknacken identifiziert, doch kamen spätere Studien laut Mitteilung der University of Alberta zu einem anderen Ergebnis. In den 1970er Jahren vermuteten Wissenschaftler der University of Leeds kollabierende Gasbläschen als Ursache des Knackens, doch auch hier fehlte der eindeutige Beleg. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass in dem Gelenk Gasbläschen entstehen, wenn Zugkräfte einwirken. Wodurch das Knackgeräusch ausgelöst wird, blieb seither umstritten. Nun hat das internationale Forscherteam um Professor Kawchuk hier mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren für Aufklärung gesorgt.
Fingerknacken im MRT beobachtet
Die Forscher benötigten für ihre Untersuchungen nach eigenen Angaben zunächst jemanden, der seine zehn Finger nach Belieben knacken lassen konnte. In ihren Reihen fand sich glücklicherweise ein Kollege, der über diese Fähigkeit verfügte und so schoben sie diesen, auf dem Bauch liegend und mit dem Finger voran in die MRT-Röhre. An seiner Fingerspitze befestigten sie eine Zugapparatur, die bei den folgenden Aufnahmen freie Sicht auf das Gelenk ermöglichte. Anschließen zogen sie so lange an dem Finger des Forschers, bis das Knackgeräusch zu hören war. Das MRT hielt das Geschehen in 3,2 Bildern pro Sekunde fest, so dass ein Film entstand, auf dem der Vorgang exakt zu verfolgen war. Bei geringen Zugkräften ließen sich laut Aussage der Forscher zunächst keine Veränderungen in dem Gelenk feststellen, doch wurde ausreichend stark an dem Finger gezogen, weitete sich der Gelenkspalt und es entstand sehr plötzlich ein gasgefüllter Hohlraum in der Synovialflüssigkeit (Gelenkflüssigkeit).
Bildung eines Vakuums im Gelenk
„Es ist ein bisschen, als würde sich ein Vakuum bilden“, erläutert Professor Kawchuk in der Pressemitteilung der University of Alberta. Da sich die Verbindungsflächen auf einmal trennen, ist nicht ausreichend Flüssigkeit verfügbar, um das zunehmende Volumen zu füllen, so dass ein Hohlraum entsteht. Diesem Ereignis sei anhand der MRT-Aufnahmen eindeutig die Entstehung des Knackens zuzuordnen, während die Rückbildung der Blase nach Loslassen des Finger geräuschlos verlief. Damit haben die Forscher die ursprüngliche These der britischen Wissenschaftler aus dem Jahr 1947 bestätigt und nachfolgende, anderslautende Studienergebnisse eindeutig widerlegt.
Drohende Gelenkschäden frühzeitig erkennen?
Professor Kawchuk und Kollegen hoffen allerdings auch einen Beitrag zur Erforschung möglicher Schäden durch das Fingerknacken zu leisten. Denn Wissenschaftler hätten errechnet, dass die Menge an Kraft, wenn die Gelenke knacken, ausreicht, um Schäden an harten Oberflächen zu verursachen. Allerdings stünden auch hier widersprüchliche Ergebnisse im Raum, weshalb Kawchuk und sein Team dies in einem nächsten Schritt untersuchen möchten. Möglicherweise habe das Knacken auch Auswirkungen auf andere Gelenke im Körper, einschließlich der Wirbelsäule, oder könne als Erklärung für Arthritis und Verletzungen der Gelenke dienen. In diesem Zusammenhang sei auch das erstmals festgestellte Auftreten „eines weißen Blitzes kurz vor der Bildung des Hohlraumes“ von besonderem Interesse, berichten die Wissenschaftler. Professor Kawchuk betont, er würde gerne noch fortschrittlichere MRT-Technologie verwenden, um zu verstehen, was in dem Gelenkspalt nach dem Knacken passiert und was dies für die Gesundheit bedeutet. Möglicherweise können „wir die neue Entdeckung nutzen, um Probleme zu sehen, wenn sie beginnen – lange bevor Symptome auftreten oder Patienten zum Arzt gehen würden“; so Kawchuk. Gelenkproblemen ließen sich eventuell therapieren, bevor sie beginnen, schlussfolgert der Studienleiter. (fp)
>Bild: Gila Hanssen / pixelio.de
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