Joggen schadet den Kniegelenken nicht und andere Fitnessmythen
11.03.2014
Der Frühling steht vor der Tür und für viele Menschen heißt das, auch wieder mit ihren sportlichen Aktivitäten im Freien zu beginnen. Beim Thema Sport sind noch immer zahlreiche Fitnessmythen im Umlauf. Mit acht von ihnen soll hier etwas aufgeräumt werden.
Fitnessmythen halten sich standhaft
Der Frühling steht vor der Tür und somit beginnt für zahlreiche Menschen wieder die Zeit, ihre sportlichen Aktivitäten im Freien zu absolvieren. Doch Viele machen bei ihrem Trainingsplan nach wie vor Fehler, weil sie auf Fitnessmythen reinfallen, die sich trotz gegenteiliger Studienergebnisse hartnäckig halten. So geht es dabei etwa um den richtigen Tageszeitpunkt zum Laufen oder das effektive Aufwärmen vor dem Sport. Solche Mythen halten sich jedoch nicht nur bei Freizeitsportlern, sondern sind auch bei Spitzenathleten verbreitet, meinte der Sportmediziner Winfried Banzer gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Aufwärmübungen ohne wissenschaftliches Fundament
Zusammen mit seinem Sportmedizin-Team von der Frankfurter Universität hat er im vergangenen Jahr versucht, wissenschaftliche Belege für alle möglichen Ratschläge zu finden, die sich Sportler immer wieder untereinander geben. Vieles davon habe sich als falsch entpuppt und der Professor meinte gegenüber der FAZ: „Von Trainergeneration zu Trainergeneration werden Regeln oder Aufwärmübungen weitergegeben, die keinerlei wissenschaftliches Fundament haben, von denen aber alle glauben, dass sie dem Körper wohltun und den Trainingseffekt steigern.“ In einem Gespräch mit der Zeitung äußerte sich Banzer zu verschiedenen Fitnessmythen.
Mythos 1: Wer schon vor dem Frühstück trainiert, verliert schneller Pfunde
Diejenigen, die bislang schon vor dem Frühstück zum Joggen aufgebrochen sind in der Annahme, dass sie so schneller Pfunde verlieren, können sich künftig mehr Zeit dafür nehmen und bis nach dem Essen warten. Beim Frühsport auf leeren Magen ist zwar der Fettanteil der verbrannten Kalorien größer als zu anderen Zeiten, doch das bedeute nicht, dass sich deshalb stärker abnehmen lasse, so Banzer. Es kommt beim Abnehmen auf die insgesamt verbrauchten Kalorien an und nicht nur auf den Anteil der Fettverbrennung am gesamten Energieverbrauch. Wer nüchtern trainiert, tut dies bei deutlich reduzierter Intensität und hat somit einen geringeren Gesamtenergieverbrauch. Nüchtern zu trainieren bringt auch die Gefahr einer Unterzuckerung mit sich. Diejenigen, denen es darum geht Gewicht zu verlieren, ist zu raten, regelmäßig und abwechslungsreich zu trainieren.
Mythos 2: Man kann dicke Oberschenkel und einen Bierbauch gezielt wegtrainieren
Vor allem in Frauenzeitschriften ist oft davon zu lesen, dass sich die verschiedenen sogenannten Problemzonen einfach wegtrainieren lassen. Doch dem Sportmediziner zufolge funktioniert das nicht. Man könne zwar in aktiven Muskeln eine erhöhte Fettabbaurate nachweisen, die aber nicht nachhaltig und schnell wieder aufgefüllt sei. Es sei ratsam, viele große Muskelgruppen regelmäßig zu trainieren, um einen Fettabbau auch wirklich sehen zu können. Dafür bieten sich Aktivitäten wie Walken, Radfahren oder Schwimmen an. Spezielle Übungen für Bauch, Beine und Po sollten dann zusätzlich gemacht werden, um alles zu festigen.
Mythos 3: Während des Sports ist ausreichend regelmäßiges Trinken wichtig
Es ist mittlerweile selten geworden, Sportler im Fitnessstudio oder auch im Freien ohne eigen Trinkflasche zu sehen. Viele plagt die Angst, bei ihren Aktivitäten zu viel Flüssigkeit zu verlieren und deshalb planen sie regelmäßige Trinkpausen ein. Banzer meint jedoch, dass sich durch einen vorgegebenen Trinkrhythmus die Leistung nicht verbessert und man sich besser an sein individuelles Durstgefühl halten solle. Der menschliche Körper zeige einem schon, wann Flüssigkeit benötigt werde. Die aktuelle Empfehlung der Sportmedizin sei ebenfalls, sich nicht an pauschale Faustregeln zu halten. Dem Mediziner zufolge zeigt sich bei denen, die viel beim Sport schwitzen, dass ihre Thermoregulation gut trainiert ist. Schnelles Schwitzen sage nichts über mangelnde Kondition aus.
Mythos 4: Regelmäßiges Joggen ist schlecht für die Kniegelenke
Plagen einen Knieschmerzen, muss man sich oft anhören, dass das sicherlich vom Joggen komme. Doch Banzer verweist darauf, dass das menschliche Kniegelenk ausgesprochen dynamisch und anpassungsfähig sei und es wissenschaftliche Untersuchungen gebe, die zeigen, dass Joggen das Kniegelenk sogar noch stärken. Eine Studie hätte gar ergeben, dass Menschen, die besonders viel laufen, das niedrigste Arthroserisiko hätten. Es sollte aber niemand stur weiter joggen wenn Knieschmerzen nicht weggehen, sondern sich stattdessen an einen Arzt wenden.
Mythos 5: Vor dem Sport sollte man sich unbedingt ausgiebig dehnen
Kein Fitnessstudio ohne Pläne für Dehnübungen und keine Fußballübertragung, ohne dass man Ersatzspieler dabei sieht, wie sie sich im Rahmen des Aufwärmens strecken und dehnen. Liegen alle falsch? Sportmediziner Banzer hat mit seinem Team nach wissenschaftlichen Grundlagen gesucht und kam zu dem Ergebnis, dass es keine Belege dafür gebe, dass das Dehnen vor dem Training irgendwelche Vorteile bringe. So beuge das statische Dehnen auf der Stelle Verletzungen nicht vor. Hingegen seien nach dem Sport Dehnübungen als „Cool down“ absolut sinnvoll.
Mythos 6: Muskelkater, an dem vermehrte Milchsäure schuld ist, bekommt man durch Sport weg
Hervorgerufen wird ein Muskelkater durch kleine Mikrotraumata in den Muskelzellen. Mit Sport kann man ihn allerdings nicht bekämpfen. Lediglich leichte Bewegung könne etwas Abhilfe schaffen. Zudem gebe es Hinweise aus Studien, dass Massagen oder Akupunktur beim Bekämpfen der Schmerzen helfen. Scheinbar sei aber die einfachste Methode, abzuwarten, bis die Beschwerden nachlassen. Zu einem etwas ungewöhnlichen Ergebnis kamen Wissenschaftler der Universität Michigan vor einigen Jahren. Sie fanden heraus, dass Kirschsaft vor übermäßigem Muskelkater nach einem intensiven Sportprogramm schützt.
Mythos 7: Über 70-Jährige können nicht mehr viel für ihre Fitness tun
Diese These ist natürlich nicht richtig. Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass sowohl Krafttraining als auch Ausdauertraining bei Senioren zu einer deutlichen Verbesserung der Kraft und des medizinischen Risikoprofils führen. So haben Studien gezeigt, dass regelmäßige Bewegung unter anderem das Herz-Kreislauf-System stärkt. Und umgekehrt habe sich gezeigt, dass bei mangelnder Bewegung das Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zunimmt. Außerdem können Ältere, die ihre Muskelkraft effektiv trainieren, sich häufig länger selbst versorgen und länger selbständig leben.
Mythos 8: Krafttraining ist nichts für Kinder
Selbstverständlich dürfen auch Kinder Krafttraining betreiben. Dieses fördert sowohl ihre Körperbeherrschung als auch ihre Stabilität. Sportmediziner Banzer rät jedoch dazu, dass Kinder bis zum Alter von etwa 14 Jahren Krafttraining nur mit dem eigenen Körpergewicht und nicht mit Gewichten machen sollten. Anbieten würden sich zudem Aktivitäten wie Liegestütze oder Klimmzüge. (sb)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.