Gesund und umweltschonend: Regionaler Fleischersatz aus Obst und Gemüse
Immer mehr Menschen in Deutschland reduzieren ihren Fleischkonsum oder verzichten ganz darauf. Viele von ihnen greifen stattdessen auf Fleischersatz, beispielsweise aus Tofu, Seitan, Quorn oder Weizengluten zurück. Solche Produkte könnten aber auch aus heimischem Obst und Gemüse hergestellt werden. Das schont die Umwelt und hat gesundheitliche Vorteile.
Wer weniger oder gar kein Fleisch mehr isst, tut nicht nur Gutes für die Umwelt und das Tierwohl, sondern auch für die eigene Gesundheit. Auf den Geschmack muss dabei nicht verzichtet werden. „Wer den Entschluss gefasst hat, fleischfrei oder fleischärmer zu leben, findet in Supermärkten und im Online-Handel ein breites Angebot an Fleischersatzprodukten, die den Ernährungsumstieg und den späteren Alltag erleichtern sollen“, schreibt das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE). Solche Produkte könnten künftig auch aus heimischen Lebensmittelresten hergestellt werden.
Fleischersatz aus regionalen Reststoffen der Getränke- und Lebensmittelproduktion
Immer mehr Menschen in Deutschland schränken ihren Fleischkonsum ein. Wie Dr. Susanne Wiese-Willmaring, Referentin für Lebensmittel bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in einer Mitteilung erklärt, wachse das Supermarkt-Sortiment mit vegetarischen oder veganen Ersatzprodukten.
Dies sei jedoch nicht völlig unproblematisch: Viele dieser Produkte seien aus Soja hergestellt, für dessen Anbau laut der Expertin Regenwald gerodet werde und das bei manchen Menschen Allergien auslösen könne. Insbesondere bei Menschen, die vegan leben, könne es zudem zum Mangel an speziellen Vitaminen kommen, die nicht oder nur in geringen Mengen in den Ersatzprodukten vorkämen.
In einem Projekt der Hochschule Hamm-Lippstadt in Nordrhein-Westfalen soll nun ein Fleischersatz aus regionalen Reststoffen der Getränke- und Lebensmittelproduktion wie Apfel-, Zwiebel- und Karottenresten hergestellt werden.
Den Angaben zufolge soll dieser die nötigen Vitamine enthalten und vom Geschmack, den Nährwerten, der Textur und dem „Mundgefühl“ mit tierischen Produkten konkurrieren können. Die DBU fördert das Projekt fachlich und finanziell.
Hoher Fleischkonsum schadet der Gesundheit
„Die Produktion und der Konsum tierischer Produkte werden besonders unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zunehmend kritisch betrachtet“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Thomas Kirner. Zudem berge der übermäßige Verzehr, vor allem von Fleisch, gesundheitliche Risiken.
So haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass der hohe Konsum von rotem Fleisch und daraus hergestellten Fleischerzeugnissen unter anderem mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs verbunden ist.
Und erst kürzlich veröffentlichten Forschende aus den USA im Fachjournal „JAMA Internal Medicine“ eine Studie, die zeigte, dass die Lebenserwartung bereits durch zweimal Fleisch pro Woche reduziert wird.
Neues Bewusstsein für den Konsum tierischer Produkte
Wie es in der DBU-Mitteilung heißt, sei in Deutschland inzwischen ein neues Bewusstsein für den Konsum tierischer Produkte zu beobachten.
Aktuellen Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge sind sechs Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger Vegetarier oder Veganer – Tendenz steigend. Zudem verringern viele Menschen ihren Fleischverbrauch.
Dieser Trend wurde auch von diversen Lebensmittelherstellern erkannt, die vegane oder vegetarische Ersatzprodukte von der Nische in den Massenmarkt gebracht haben.
„Die Auswahl ist inzwischen sehr groß. Aber viele dieser Lebensmittel werden aus Soja hergestellt, für das in den Anbauländern Regenwald gerodet und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Außerdem enthalten sie kein Vitamin B12, denn das steckt nur in tierischen Produkten“, so Wiese-Willmaring.
Dass für die Produktion von Sojabohnen Regenwälder abgeholzt werden stimmt zwar, doch laut der Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) “werden 80 Prozent der begehrten Bohne zu Schrot verarbeitet, das anschließend als Futtermittel in Tiertrögen landet.”
Und die Tierschutz- und Tierrechtsorganisation Albert Schweitzer Stiftung erklärt: “Die meisten Hersteller von Sojaprodukten für den deutschen Markt achten auf einen möglichst nachhaltigen, gentechnikfreien Anbau. Sie beziehen ihr Soja daher aus EU-Ländern, zum Teil auch aus Nordamerika und China. So ist für ihre Produkte kein Regenwald gefährdet.”
B12 spiele laut Wiese-Willmaring in vielen Vorgängen im menschlichen Körper eine wichtige Rolle und müsse bei veganer Ernährung über Ergänzungsmittel wie beispielsweise Tabletten aufgenommen werden. Auch mit Vitamin D seien viele Menschen unterversorgt, weil es mit dem Essen nur über tierische Lebensmittel, wie bestimmte Fischarten, aufgenommen werden könne.
Protein- und vitaminreiche vegane Biomasse
Die Hochschule Hamm-Lippstadt arbeitet nun in Kooperation mit Quh-Lab Lebensmittelsicherheit (Siegen) und Oltmer Food Consulting (Edewecht) an einer Fleischalternative, die regional erzeugt wird, und die genannten Vitamine enthalten soll.
„Wir planen, mit Hilfe bestimmter Pilze Obst- und Gemüsereste, zum Beispiel aus der Saftproduktion, zu fermentieren. Mit ultraviolettem Licht wird eine in den Pilzen enthaltene natürliche Substanz zu Vitamin D2 umgewandelt“, erklärt Kirner.
„Darüber hinaus reichern Mikroorganismen das Produkt auf natürliche Weise mit B12 an und machen so die Zugabe künstlicher Vitamine überflüssig“, so der Projektleiter.
Dadurch entstehe eine protein- und vitaminreiche vegane Biomasse, die zu Fleischersatz weiterverarbeitet werden könne.
Versorgung mit lebenswichtigen Vitaminen bei rein pflanzlicher Ernährung
Den Angaben zufolge wurde diese Methode im Labor bereits erfolgreich getestet. In diesem Projekt sei jetzt das Umsetzen im Produktionsmaßstab geplant, zunächst in einem sogenannten Fermenter mit 40 bis 50 Liter Fassungsvermögen.
Herausfordernd sei dabei das Entwickeln eines einheitlichen Prozesses trotz der unterschiedlichen Anforderungen an Temperatur oder Sauerstoffgehalt der beteiligten Pilze und Bakterien. Laut der Mitteilung soll zum Abschluss des Projekts neben einer Umweltbilanz eine stabile und kostengünstige Produktion im 500-Liter-Fermenter erreicht und das Potenzial für das weitere Skalieren abgeschätzt werden.
„Mit diesem Verfahren kann die Versorgung mit lebenswichtigen Vitaminen bei rein pflanzlicher Ernährung leichter sichergestellt werden. Durch das Verwenden regional anfallender Reststoffe aus der Getränke- und Lebensmittelproduktion können diese nutzbar gemacht, lange Transportwege vermieden und der ländliche Raum aufgewertet werden“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU): Proteinreich, regional, vitaminhaltig: Fleischersatz aus Obst und Gemüse, (Abruf: 15.02.2020), Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
- Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Fleischersatzprodukte, (Abruf: 15.02.2020), Bundeszentrum für Ernährung (BZfE)
- Victor W. Zhong, Linda Van Horn, Philip Greenland, u.a.: Associations of Processed Meat, Unprocessed Red Meat, Poultry, or Fish Intake With Incident Cardiovascular Disease and All-Cause Mortality; in: JAMA Internal Medicine, (veröffentlicht: 03.02.2020), JAMA Internal Medicine
- WWF (World Wide Fund For Nature): Soja – die Nachfrage steigt, (Abruf: 17.02.2020), WWF (World Wide Fund For Nature)
- Albert Schweitzer Stiftung: Warum Sojawurst nicht dem Regenwald schadet, (Abruf: 17.02.2020), Albert Schweitzer Stiftung
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.