Studie: Fleischesser seltener krank als Vegetarier
27.02.2014
Einer aktuellen österreichischen Studie zufolge sollen Fleischesser seltener Krebs, einen Herzinfarkt oder Allergien bekommen als Vegetarier. Die Forscher könnten dabei aber nicht sagen, ob dies tatsächlich mit dem Fleischverzicht zusammenhänge. Andere internationale Studien kamen zu ganz anderen Ergebnissen.
Unklar ob Fleischverzicht was damit zu tun hat
Einer aktuellen österreichischen Studie zufolge sollen Vegetarier häufiger Krebs und öfter einen Herzinfarkt bekommen, als Fleischesser. Dies hätten die Auswertungen von Forschern der Medizinischen Universität Graz ergeben, die jetzt im Fachjournal „PLOS ONE“ veröffentlicht wurden. Zudem würden Vegetarier eine niedrigere Lebensqualität haben und mehr Therapien benötigen. Wie der Diplom-Ökotrophologe Uwe Knop jedoch erläuterte, seien Nahrungsstudien immer nur spekulativ. Er meint: „Das alles bedeutet jedoch nicht, dass tatsächlich der Fleischverzicht etwas damit zu tun hat.“ Der Ernährungswissenschaftler warnt deshalb vor rigorosen Essensempfehlungen aufgrund derartiger Erkenntnisse: „Ernährungsstudien zeigen immer nur Zusammenhänge, aber keine Begründungen.“
Frage von Ursache und Wirkung bleibt offen
Die Grazer Studie lässt die Frage von Ursache und Wirkung offen. „Ob die schlechtere Gesundheit der Vegetarier durch deren Ernährung verursacht wird oder ob sie wegen ihres schlechten Gesundheitszustands zu Vegetariern wurden, das kann nicht beantwortet werden“, so die Wissenschaftler. „Wir können zwar keinen Kausalzusammenhang feststellen, aber gesicherte Erkenntnisse beschreiben.“ Für die Studie waren 1.320 Personen untersucht worden, die die Forscher in vier gleichgroße Gruppen aufgeteilten, die in Geschlecht, Alter, Rauchverhalten, Fitness und sozioökonomischen Status vergleichbar waren. In allen Gruppen lag zudem der Body Mass Index (BMI) im Normalbereich (22,9-24.9). Aufgeteilt wurde in Vegetarier, Fleischesser, die viel Obst und Gemüse essen, Wenig-Fleischesser und Viel-Fleischesser. Die Studie basiere auf Daten des „Austrian Health Interview Survey (AT-HIS)“, einer Stichprobe der erwachsenen österreichischen Bevölkerung, die Teil der EU-weiten Umfrage „European Health Interview Survey“ ist.
18 chronische Krankheiten im Vergleich untersucht
Die österreichischen Forscher untersuchten insgesamt 18 chronische Erkrankungen. Vegetarier seien im Vergleich zu den Viel-Fleischessern von 14 der 18 Krankheiten häufiger betroffen gewesen. Dazu gehörten unter anderem Asthma, Diabetes, Migräne und Osteoporose. Zudem hätten Vegetarier fast doppelt so viele Allergien wie Viel-Fleischesser (30,6 Prozent zu 16,7 Prozent) gehabt und zeigten mehr Krebserkrankungen (4,8 Prozent zu 1,8 Prozent). Zudem verzeichneten die Forscher bei ihnen mehr Herzinfarkte als bei Fleischliebhabern (1,5 Prozent zu 0,6 Prozent). Der Studie zufolge würden Vegetarier außerdem doppelt so oft unter Angststörungen oder Depressionen leiden wie Viel-Fleischesser (9,4 Prozent zu 4,5 Prozent). Mit diesen Ergebnissen sei auch eine Studie von Wissenschaftlern der Uni Hildesheim aus dem Jahr 2012 bestätigt worden, die gezeigt hätte, dass Vegetarier deutlich häufiger an Depressionen, Angststörungen, psychosomatischen Beschwerden und Essstörungen leiden.
Ernährungswissenschaftler spricht von Lobbyisten
Die österreichische Studie habe außerdem ergeben, dass Vegetarier stärker durch Krankheiten beeinträchtigt würden, häufiger zum Arzt gingen und mehr medizinische Therapien benötigten als Fleischesser. Vegetarier hätten zudem eine niedrigere Lebensqualität. Bei ihnen seien die Werte in den untersuchten Kategorien körperliche und psychologische Gesundheit, soziale Beziehungen und umweltbedingte Lebensqualität jeweils niedriger gewesen. Doch auch in diesem Fall beschrieben die Wissenschaftler keinen kausalen Zusammenhang. Ernährungswissenschaftler Knop spricht dennoch von sogenannten Vegetarier-Lobbyisten und kritisiert dabei den deutschen Vegetarierbund VEBU, der in einer Pressemitteilung schreibt: „Vegetarische Kostformen haben das Potenzial, die meisten dieser Zivilisationskrankheiten zu verhindern. Darüber hinaus können sie erfolgreich bei deren Behandlung eingesetzt werden.“
Internationale Studien kommen zu ganz anderen Ergebnissen
Zu ganz anderen Ergebnissen über den gesundheitlichen Sinn vegetarischer Ernährung kommen verschiedene andere internationale Studien. So wurden im vergangenen Jahr Ergebnisse von Wissenschaftlern der Loma Linda University in Kalifornien im Medizin-Journal JAMA veröffentlicht, die besagen: „Vegetarische Diäten stehen mit einer geringeren Todesrate […] in Verbindung.“ Bei den rund 70.000 Teilnehmern waren auf Seite der Vegetarier 12 Prozent weniger Todesfälle und 19 Prozent weniger Herzkrankheiten, wie Herzinfarkt zu verzeichnen. Auch einige chronische Erkrankungen zeigten sich in den vegetarischen Testgruppen seltener, darunter Nierenversagen und Diabetes.
Wissen über vegetarische Ernährung lange nicht komplett
„Das professionelle Interesse an vegetarischer Ernährung hat unvorhergesehene Level erreicht, doch das Wissen über vegetarische Diäten und dessen Einfluss auf das menschliche Leben sind noch lange nicht komplett“, erklärte Dr. Joan Sabate von der Loma Linda University Anfang vergangenen Jahres. Britische Forscher der University of Oxford veröffentlichten im Januar 2013 einen Beitrag im „American Journal of Clinical Nutrition“, indem sie ebenso interessante Studienergebnisse präsentierten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Vegetarier deutlich seltener an Herzkrankheiten leiden als Nicht-Vegetarier. Grundlage der Untersuchung waren Daten von immerhin rund 45.000 Patienten. (sb)
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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