Weniger Herzerkrankungen, aber mehr Schlaganfälle bei Vegetariern
Herzerkrankungen und Schlaganfälle gehören zu den häufigsten Todesursachen – nicht nur in Deutschland. Eine gesunde Ernährung kann dazu beitragen, das Risiko zu reduzieren, soweit die Theorie. Aktuellen Untersuchungen zufolge erleiden Fischesser und Vegetarier tatsächlich weniger ischämische Herzerkrankungen, aber ihre Rate an hämorrhagischen Schlaganfällen ist leicht erhöht, berichtet die Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Damit korrigiert die Fachgesellschaft auch eine anfangs falsch veröffentlichte Pressemitteilung, in der von weniger Herzkrankheiten und weniger Schlaganfällen bei Fleischverzicht die Rede war. Auch Heilpraxis hatte unter Bezug auf die Mitteilung über das vermeintlich reduzierte Schlaganfall-Risiko berichtet, wir bitten um Entschuldigung.
Der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) ist nach eigenen Angaben in der Pressemitteilung vom Freitag ein bedauerlicher Fehler unterlaufen und das Schlaganfall-Risiko wurde falsch wiedergegeben. Die zitierte Studie aus Großbritannien hatte den Zusammenhang zwischen Ernährung und Schlaganfallhäufigkeit untersucht und kam zu dem Schluss, dass eine fleischfreie Ernährung das Schlaganfallrisiko leicht erhöht und nicht senkt. Ursache für einen sogenannten Hirninfarkt ist in der Regel aber ein ganzes Bündel an Risikofaktoren. Mit dem jährlich am 29. Oktober stattfindenden Welt-Schlaganfall-Tag soll das öffentliche Bewusstsein für das Thema Schlaganfall geschärft sowie über die Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten informiert werden.
Bei einem Schlaganfall schnell handeln
Alle zwei Minuten erleidet in Deutschland in Mensch einen Schlaganfall. Die Folgen sind in vielen Fällen gravierend und verändern das Leben der Betroffenen und ihrer Familien von einem auf den anderen Tag. Schlaganfälle sind zudem die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für körperliche Langzeitbeeinträchtigungen im Erwachsenenalter. Umso ermutigender sind neueste Ergebnisse aus der Forschung, die zeigen, dass sich die Todesrate und die Schwere der Behinderungen nach überstandenem Schlaganfall weiter reduzieren lassen.
Wenn es zu einem Schlaganfall gekommen ist, kann nach der gesicherten medizinischen Erkenntnis „Time is Brain“ rasches und richtiges Handeln Gehirnzellen und damit Leben und Lebensqualität retten. Durch einen schnellen Transport in eine Klinik mit einer spezialisierten Schlaganfallstation (Stroke Unit), möglichst in der sogenannten „Golden Hour“, der ersten Stunde nach Auftreten der Symptome, besteht laut der DGN die Chance, dass neurologische Ausfälle weitgehend oder sogar vollständig erfolgreich behandelt und die ausgefallenen Funktionen wiederhergestellt werden können.
Durch ausreichende Bewegung vorbeugen
Oberste Priorität hat aber nach wie vor die Prävention, damit es erst gar nicht zu einem Schlaganfall kommt. Wichtig hierbei ist unter anderem viel Bewegung. So schreibt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe in einer aktuellen Mitteilung: „70 Prozent aller Schlaganfälle wären vermeidbar. Insbesondere durch mehr Bewegung.“ Der Stiftung zufolge geht es dabei nicht um sportliche Spitzenleistungen. Für eine gute Schlaganfall-Prävention kann es zum Beispiel ausreichen, an fünf Tagen in der Woche 30 Minuten zu walken. „Wer 150 Minuten pro Woche moderaten Sport treibt, der macht schon sehr viel richtig. Das entspricht den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO“, sagt Miriam Mashkoori, Präventionsexpertin der Deutschen Schlaganfall-Hilfe.
Risiko durch die Ernährung beeinflusst
Neben ausreichend Bewegung ist eine gesunde Ernährung eine wichtige Präventionsmaßnahme, um das Schlaganfallrisiko zu senken. Eine Studie, die im Sommer in Fachjournal „The BMJ“ veröffentlicht wurde, untersuchte den Einfluss einer fleischfreien Kost auf das Schlaganfallrisiko, doch das Ergebnis war ernüchternd. Insgesamt wurden 48.188 Personen ohne bekannte kardiovaskuläre Vorerkrankungen in drei Gruppen eingeteilt – in „Fleischesser“, „Fischesser“ und Vegetarier und über einen medianen (durchschnittlichen) Zeitraum von über 18 Jahren beobachtet. Das Risiko eines Schlaganfalls stieg demnach bei Fleischverzicht leicht an.
Nach Adjustierung verschiedener sozioökonomischer und Lifestyle-Faktoren zeigte sich aber auch, dass „Fischesser“ ein um 13 Prozent, Vegetarier sogar ein um 22 Prozent reduziertes Risiko für ischämische Herzkrankheiten aufwiesen. Der Nutzen der vegetarischen Kost im Hinblick auf ischämische Ereignisse überwiegt demanch das leicht erhöhte Schlaganfall-Risiko, so die Einschätzung der DGN. „Bekannt ist, dass ein hoher Fleischkonsum nicht zuträglich für die Gesundheit, insbesondere die Gefäßgesundheit ist, außerdem auch die Umwelt belastet“, erläutert Professor Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN. Wer dennoch nicht auf Fleisch verzichten möchte, sollte „pro Woche nicht mehr als 600 Gramm verzehren“, schreibt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe auf ihrer Webseite.
Die Stiftung rät allgemein dazu, sich vielseitig zu ernähren, jeden Tag drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst zu sich zu nehmen und auf Vollkornprodukte zu setzen. Zudem sollten Milch und Milchprodukte wie Joghurt, Käse oder Quark auf dem täglichen Ernährungsplan vorkommen, Fisch ein- bis zweimal pro Woche. Versteckte Fette sollten vermieden und Zucker sowie Salz nur sparsam verwendet werden. Des Weiteren empfehlen die Experten, reichlich zu trinken, mindestens 1,5 Liter am Tag – am besten Wasser oder andere ungesüßte und kalorienarme Getränke wie Tee oder Fruchtsaftschorlen.
Änderung des Lebensstils
„Aber es gibt noch weitere Schlaganfall-Risikofaktoren: Wer viel am Schreibtisch sitzt, sich wenig bewegt und womöglich auch noch raucht oder viel Stress hat, hat ein deutlich höheres Schlaganfallrisiko“, so Professor Dr. Berlit. Wie die DGN erklärt, ist häufig ein ganzes Bündel an Risikofaktoren, die sich im Laufe des Lebens entwickeln, Ursache für einen Schlaganfall. Daher gilt es, durch Vorbeugung das Gesamtrisiko zu senken.
Vor allem mehr Bewegung und bewusstere Ernährung, Stressabbau sowie Nikotin- und Alkoholverzicht sind die aussichtsreichsten Maßnahmen, um über eine Änderung des Lebensstils einen Hirninfarkt zu vermeiden. Bluthochdruck muss konsequent behandelt werden und beim Vorhofflimmern, einer häufigen Form des Herzstolperns, können Schlaganfälle durch eine rechtzeitige Blutverdünnung verhindert werden, resümiert die DGN. (ad)
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Textes war fälschlicherweise von weniger Herzkrankheiten und weniger Schlaganfällen bei Fleischverzicht die Rede, die zitierte Studie besagt jedoch das mehr Schlaganfälle aufgetreten sind.
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- idw - Informationsdienst Wissenschaft: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: Welt-Schlaganfall-Tag 2019: Fischesser und Vegetarier erleiden weniger Schlaganfälle, (Abruf: 26.10.2019), idw - Informationsdienst Wissenschaft
- Deutsche Schlaganfall-Hilfe: Welt-Schlaganfalltag 2019, Jeder Schritt zählt!, (Abruf: 26.10.2019), Deutsche Schlaganfall-Hilfe
- The BMJ: Risks of ischaemic heart disease and stroke in meat eaters, fish eaters, and vegetarians over 18 years of follow-up: results from the prospective EPIC-Oxford study, (Abruf: 26.10.2019), The BMJ
- Deutsche Schlaganfall-Hilfe: Die zehn Grundregeln gesunder Ernährung - Die Mischung macht's, (Abruf: 26.10.2019), Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Wichtiger Hinweis:
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