OLG Hamm: Arzthelferin waren Risiken der Nierenspende bekannt
Werden Patienten bei einer Organentnahme zur Lebendnierenspende aus formellen Gründen nicht korrekt aufgeklärt, muss deshalb die Organentnahme noch nicht rechtswidrig gewesen sein. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am Freitag, 28. Oktober 2016, bekanntgegebenen Urteil klargestellt und die Klage einer Arzthelferin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld abgewiesen (Az.: 3 U 6/16).
Die aus Dortmund stammende Frau hatte sich 2008 entschieden, für ihren Vater eine Niere zu spenden. Der Mann leidet an einer unheilbaren Nierenschädigung. Die Tochter befürchtete, dass ihr Vater dialysepflichtig oder sogar an seiner Erkrankung sterben wird.
Die Arzthelferin erhielt nach ihrem Spenderwunsch eine schriftliche Patienteninformation, die Kommission Transplantationsmedizin der Ärztekammer Nordrhein stellte zudem fest, dass die Frau freiwillig eine Niere spenden wolle.
Ende Januar 2009 wurde sie schließlich am beklagten Klinikum in Essen von mehreren Ärzten über den Eingriff aufgeklärt.
Doch die Lebendnierenspende verlief anders als gedacht. Im Mai 2014 verlor der Vater die von seiner Tochter transplantierte Niere.
Auch für die Tochter blieb die Transplantation nicht ohne Folgen. Sie gibt an, dass sie nun an einem Erschöpfungssyndrom und an einer Nierenschwäche leidet. Von den Ärzten des Klinikums verlangte sie Schadenersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro.
Sie sei nicht entsprechend des Transplantationsgesetzes formal korrekt über die Folgen und Risiken der Organspende aufgeklärt worden, rügte sie. So gebe es für das Aufklärungsgespräch lediglich ein Gesprächsprotokoll, welches sie und ihr Vater unterschrieben haben.
Die gesetzlichen Bestimmungen würden jedoch vorsehen, dass auch der Arzt die Aufklärung mit seiner Unterschrift bescheinigt. Federführend sei auch der leitende Nephrologe an dem Gespräch beteiligt gewesen. Vorgeschrieben sei aber die Beteiligung eines unabhängigen Arztes. Wegen der unzureichenden ärztlichen Aufklärung habe sie nicht korrekt in den Eingriff einwilligen können.
Dies sah das OLG in seinem rechtskräftigen Urteil vom 7. September 2016 jedoch anders. Zwar bestünden tatsächlich die gerügten Verfahrensmängel. Auch gebe es Zweifel, ob der federführende Nephrologe an dem Aufklärungsgespräch hätte beteiligt werden dürfen. Eine Organentnahme werde deshalb aber noch nicht rechtswidrig, so dass nicht von einer Unwirksamkeit der Einwilligung des Spenders in den Eingriff auszugehen sei, betonten die Hammer Richter.
Hier könne von einer hypothetischen Einwilligung der Klägerin ausgegangen werden. Denn die Frau habe erklärt, dass sie sich zur Lebendnierenspende entschlossen habe, weil sie den Tod oder die Dialysepflicht ihres Vaters fürchtete. Als Arzthelferin seien ihr die erheblichen Risiken und die Einschränkungen in ihrer Lebensqualität auch bekannt gewesen. Daher sei davon auszugehen, dass sie sich auch bei einer ausreichenden Aufklärung zur Spende entschlossen hätte, urteilte das OLG. fle
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