Depressionsrisiko für Kinder und Jugendliche anhand eines genetischen Profils voraussagen
Ein internationales Forscherteam hat nun erstmals herausgefunden, dass mittels eines genetischen Profils vorausgesagt werden kann, ob ein erhöhtes genetisches Risiko für eine Depression bei Kindern und Jugendlichen vorliegt. Das biete die Möglichkeit, wirksame Präventionsstrategien einzusetzen.
Studie mit 2.000 Kindern und Jugendlichen
In einer Studie ist es erstmals anhand eines genetischen Profils gelungen, das Erkrankungsrisiko für eine Depression bei Kindern und Jugendlichen vorauszusagen. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI) in München und der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der LMU München (KJP) wurden mehr als 2.000 Kinder und Jugendliche genetisch, mit Fragebögen und klinischen Interviews untersucht. Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin „American Journal of Psychiatry“ veröffentlicht.
Zahl der Menschen mit Depressionen nimmt zu
Immer mehr Menschen leiden an einer Depression.
Sogar schon bei Vorschulkindern wird die psychische Erkrankung festgestellt.
Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge ist Depression heute eine der häufigsten psychischen Erkrankungen, die schon im Kindes- und Jugendalter beginnen und zu schweren psychosozialen Beeinträchtigungen sowie Suizidalität führen kann.
Laut Gesundheitsexperten ist die psychische Erkrankung meist gut therapierbar, solange sie frühzeitig erkannt wird.
Doch trotz vieler Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland gelangen weniger als 50 Prozent der behandlungsbedürftigen Kinder und Jugendlichen in die Versorgung. Häufig wird die Erkrankung zu spät entdeckt.
Erkrankung beginnt oft schon im Kindesalter
Wie das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in einer Mitteilung schreibt, werden als Ursachen genetische, neurobiologische, soziale und psychologische Faktoren gesehen, die sich gegenseitig verstärken können.
Obwohl die Erkrankung in jedem Alter auftreten kann, beginnt sie oft schon im Kindes- und Jugendalter.
Um möglichst frühzeitig wirksame und zielgerichtete Hilfen zur Vorbeugung der Depression entwickeln zu können, ist die Identifizierung von Risikofaktoren, die zur Entstehung der Erkrankung beitragen, zentral.
Wichtige Erkenntnisse zur Genetik der Erkrankung
Laut dem MPI hat das internationale Forschungsteam, zu dem auch die Emory Universität, Atlanta (USA) sowie die Universitäten von Coimbra (Portugal) und Helsinki (Finnland) gehören, nun erstmals herausgefunden, dass mittels eines genetischen Profils vorausgesagt werden kann, ob ein erhöhtes genetisches Risiko für eine Depression bei Kindern und Jugendlichen vorliegt.
Im vergangenen Jahr haben große Genom-weite Studien in Erwachsenen wichtige Erkenntnisse zur Genetik der Depression gebracht.
Die Wissenschaftler testeten nun, ob die genetischen Profile auch genutzt werden können, um Vorhersagen über Entstehung, Schweregrad und Erkrankungsbeginn bei Kindern und Jugendlichen zu tätigen.
„Auf der Basis von 460.00 Erwachsenen mit einer Depression wurde dieses Risikoprofil erstmals gefunden“, erklärte die Erstautorin der Studie, Dr. Thorhildur Halldorsdottir vom MPI.
„Darauf aufbauend haben wir bei Kindern und Jugendlichen in drei Stichproben, bei Patienten aus der Klinik und zwei epidemiologischen Stichproben, zeigen können, dass das Risikoprofil sowohl die klinische Diagnose Depression als auch depressive Symptome beeinflusst.“
Frühzeitige Diagnose verbessern
„Mit dieser Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung des Verstehens der komplexen genetischen Ursachen der Depression bei Kindern und Jugendlichen gelungen“, sagte Professor Dr. med. Gerd Schulte-Körne, Direktor der KJP.
„Allerdings erklärt der Score nur eine Risikoerhöhung und nicht die Erkrankung!“
Gezeigt werden konnte auch, dass bei bereits an einer Depression erkrankten Kindern und Jugendlichen ein Zusammenhang zwischen einem erhöhten genetischen Risikoprofil und der Schwere der depressiven Erkrankung sowie dem Ersterkrankungsalter besteht.
Liegen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit vor, stellt dies einen zusätzlichen Risikofaktor für die Entwicklung einer Depression und depressiver Symptome dar.
„Es gibt noch viel zu tun, um die frühzeitige Diagnose von Depressionen bei Jugendlichen zu verbessern“, so Max-Planck-Direktorin und Leiterin der Studie, Professor Dr. Dr. Elisabeth Binder.
„Wenn wir jedoch wissen, welche Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Depression entwickeln, haben wir die Möglichkeit, wirksame Präventionsstrategien einzusetzen und die enorme Belastung der Depression zu reduzieren“, erläuterte Binder.
Maßnahmen zur Depressionsvorbeugung
Um Depressionen vorzubeugen, sollte man sich regelmäßig bewegen. Bereits eine Stunde Sport pro Woche senkt das Depressionsrisiko.
Zudem sollte man gezielt für Entspannung sorgen, beispielsweise durch autogenes Training, Yoga oder auch Lesen.
Auch die Ernährung kann dazu beitragen, das Risiko für eine Depression zu senken. Empfohlen wird, gesund, abwechslungsreich und vollwertig zu essen. Empfehlenswerte Lebensmittel sind zum Beispiel Gemüse, Obst und ungesalzene Nüsse.
Nahrungsergänzungsmittel bringen bei der Depressionsvorbeugung allerdings so gut wie nichts, wie eine Studie gezeigt hat.
Weitere Präventionsmaßnahmen: Den Konsum von Alkohol gering halten und auf Nikotin verzichten. Zudem sollte auf ausreichend langen Schlaf geachtet werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.