Künstliches Gewebe wird testweise in Tiere verpflanzt
Wissenschaftlern der University of Wisconsin-Madison ist es erstmals gelungen, im Labor menschliche Stimmbänder herzustellen. Dadurch könne möglicherweise in Zukunft Patienten geholfen werden, die ihre Stimmbänder durch eine Krebs-Operation oder andere Verletzungen verloren haben. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher nun in dem renommierten Fachmagazin “Science Translational Medicine“.
Stimmbildung durch Vibration
Bei den so genannten „Stimmbändern“ handelt es sich um zwei kleine elastische Bänder, welche im mittleren Bereich des Kehlkopfes (Larynx) liegen und von einer Schleimhaut bedeckt sind. Die Funktion der Stimmbänder besteht in der Stimmbildung, denn durch Schwingungen, die beim Ausatmen entstehen, sind wir in der Lage, bestimmte Laute oder Töne zu sprechen. Sind die Bänder locker und entspannt, entsteht ein tiefer Ton, bei Anspannung hingegen können hohe Töne gesprochen werden.
Stimmstörungen konnten bislang nur eingeschränkt geheilt werden
Werden die Stimmbänder z.B. durch die Behandlung eines Kehlkopfkrebses verletzt, sind die Heilungsmöglichkeiten normalerweise stark begrenzt. Bislang konnten die verletzungsbedingten Stimmstörungen in einigen Fällen z.B. durch eine Injektion von Kollagen verbessert werden, doch bei vielen Betroffenen blieben auch solche Eingriffe wirkungslos. Nun könnte es jedoch eine neue Möglichkeit geben, Betroffenen zu helfen. Denn Wissenschaftler der University of Wisconsin-Madison haben zum ersten Mal künstliche Stimmbänder im Labor hergestellt.
Das Team um Dr. Nathan Welham nutzte hierfür gespendete Zellen von einem Verstorbenen und vier Patienten, denen der Kehlkopf entfernt worden war, ohne dass eine Krebserkrankung vorlag, so die Mitteilung der Universität. Die Zellen wurden kultiviert und anschließend auf ein 3D-Gerüst aus Kollagen aufgebracht, was dem System ähnelte, welches üblicherweise für die Herstellung von künstlicher Haut im Labor eingesetzt wird. Nach nur zwei Wochen waren die Zellen zusammen gewachsen und hatten ein Gewebe gebildet, welches der „echten“ Stimmband-Schleimhaut nahezu gleichkam.
Tests an Hunde-Kadavern und lebenden Mäusen
Anschließend testeten die Forscher die künstlichen Stimmbänder an den Kehlköpfen von verendeten Hunden und stellten fest, dass sie in der Lage waren, Laute zu bilden. Im nächsten Schritt wurden die Stimmbänder in lebende Mäuse verpflanzt, denen zuvor das menschliche Immunsystem übertragen worden war („Humanisierte Mäuse“). Die Forscher erkannten, dass das Gewebe wuchs und nicht abgestoßen wurde – ein Indiz dafür, dass die künstlichen Stimmbänder für das Immunsystem nicht als Fremdkörper erkennbar waren.
„Unsere Stimmbänder sind aus speziellen Gewebe, das flexibel genug ist, um zu vibrieren und doch stark genug, um mehrere hundert Mal pro Sekunde zusammen zu schlagen. Es ist ein exquisites System und eine harte Sache, dieses zu replizieren“, erklärte Dr. Nathan Welham. Klinische Anwendungen würden den Forschern nach jedoch noch Jahre benötigen, denn zunächst müssten Studien folgen, in denen die Sicherheit und Langzeitfunktion weiter untersucht wird. (nr)
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