Studie stellt Nutzen von Vitamin D in Frage
07.03.2014
Vitamin D gilt als Wundermittel zur Vorbeugung von Krebs, Diabetes, Gefäßerkrankungen, Depressionen und weiteren Krankheiten. Zudem soll die Einnahme von Vitamin D-Pillen das Risiko für Knochenbrüche reduzieren, da das Hormon eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Kalziumhaushalts spielt. In verschiedenen Studie wurde der positive Effekt von Vitamin D jedoch in Frage gestellt. Jüngst kamen französische Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass ein Mangel an Vitamin D nicht die Ursache, sondern die Folge bestimmter Erkrankungen ist.
Mangel an Vitamin D könnte nicht die Ursache sondern die Folge einer Erkrankung sein
Die Einnahme von Vitamin D-Präparaten wird von vielen Ärzten befürwortet. Das Hormon, von dem nur Vorstufen vom Körper selbst gebildet werden können, gilt als Allzweckwaffe gegen viele Erkrankungen. Vitamin D-Mangel soll zudem zu einem erhöhten Risiko für verschiedene Krankheiten führen.
Ärzte des internationalen Vorsorgeforschungsinstitut (ipri) in Lyon haben jüngst neue Erkenntnisse gewonnen. Im Rahmen einer Querschnittsstudie mit 300 einschlägigen Untersuchungen zeigte sich, dass ein niedriger Vitamin D-Spiegel im Blut nicht der Grund für bestimmte Erkrankungen ist, sondern vielmehr die Folge. „Menschen, die Vitamin-D-Präparate einnehmen, sind nicht besser vor Gefässerkrankungen, Diabetes oder Krebs geschützt“, zitiert die „Basler Zeitung“ den Hauptautor der Studie, Philippe Autier. Die meisten Untersuchungen, die sich das Team um Autier analysierte, bestätigten zwar den Zusammenhang von einem niedrigen Vitamin D-Spiegel und erhöhten Erkrankungsrisiken, andere wiederum konnte nicht belegen, dass die präventive Einnahme von Vitamin D vor bestimmten Krankheiten schützt. Letztere waren sogenannte Interventionsstudien, die die Auswirkungen aktiver Massnahmen auswerten. „Demzufolge sind die beobachteten niedrigen Vitaminspiegel am ehesten eine Folge der assoziierten Krankheiten“, fasst Autier die Ergebnisse, die im Fachmagazin „The Lancet Diabetes & Endocrinology“ veröffentlicht wurden, zusammen. Ein Vitamin D-Mangel könne ursächlich auf eine chronische Entzündung hinweisen, da bestimmte Immunzellen zum Abbau der Substanz beitragen würden.
Vitamin D-Präparate haben nur einen geringen Nutzen
Neuseeländische Forscher um Mark Bolland von der Universität Auckland kamen in ihrer Studie, die im Januar ebenfalls in „The Lancet Diabetes & Endocrinology“ wurde, zu dem Ergebnis, dass Vitamin-D-Pillen nur einen geringen Nutzen haben. Auch sie vermuten, dass Vitamin-D-Mangel nicht die Ursache sondern vielmehr die Folge bestimmter gesundheitlicher Beschwerden ist.
Die Forscher untersuchten im Rahmen von 40 Versuchen, ob die Einnahme von Vitamin-D-Supplementen tatsächlich zu einer Verringerung des Risikos bestimmter Erkrankungen um mindestens 15 Prozent führt. Wie sich herausstellte, profitieren nur Senioren von den Pillen. In dieser Altersgruppe reduzierte sich durch Vitamin D das Risiko für Knochenbrüche. Insgesamt konnte das Krankheitsrisiko nur um maximal 15 Prozent durch die Vitamin D-Präparate gesenkt werden. Das Verschreiben von derartigen Mitteln, wie es derzeit gängige Praxis sei, müsse deshalb überdacht werden, schreiben die Forscher.
Bisher gibt es wenige geeigneten Studiendaten zur Beurteilung einer präventiven Wirkung von Vitamin D
Andere Experten wie der Hautarzt Jörg Reichrath vom Universitätsklinikum des Saarlandes und Heike Bischoff-Ferrari vom Universitätsspital Zürich sind anderer Meinung. Es sei sehr gut untersucht, wie der Vitamin-D-Rezeptor unterstützend auf verschiedene Abwehrfunktionen des Körpers wirke, erklärte Reichrath gegenüber der „Basler Zeitung“. „Vitamin D wirkt antientzündlich und blutdrucksenkend“, zitiert die Zeitung die Vitamin D-Expertin Bischoff-Ferrari. Die beiden Experten glauben an die Wirkung des Hormons und daran, dass etwa 60 Prozent der Bevölkerung an einem Vitamin D-Mangel leiden und deshalb nicht ausreichend geschützt sind.
Autier hat eine andere Theorie zum Thema Vitamin D-Mangel. Er vermutet dahinter eine Werbebotschaft. „Es gibt einen starken Einfluss der Hersteller von Vitaminpräparaten, Messgeräten und auch der Solariumsindustrie.“ Letztere würden versuchen ihr Image zu verbessern, da sie vor allem mit Hautkrebs in Verbindung gebracht würden. Reichrath weist eine kommerzielle Einflussnahme zurück. Insbesondere in der Vitamin D-Forschung sei Sponsoring durch die Pharmaindustrie selten. Deshalb gebe es auch noch keine hochqualitativen Studiendaten zur präventiven Wirkung des Hormons. Eine entsprechende Untersuchung sei aber in Planung.
Während die Anwendung von Vitamin D-Präparaten weiterhin umstritten ist, sind sich die Experten jedoch einig über die Vitamin-D-Mangelsyndrome Rachitis beim Kind und Osteomalazie bei Erwachsenen. Diese sind in hochzivilisierten Ländern aber die Ausnahme. Betroffene leiden an Knochenverformungen und Schmerzen, da der Körper durch den Vitamin D-Mangel nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Kalzium aus dem Darm aufzunehmen. Babys erhalten deshalb prophylaktisch Vitamin D. (ag)
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