Forscher finden 40 Gene die die Intelligenz fördern
Wie intelligent ein Mensch ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Auch die Gene sind dafür mitverantwortlich. Ein Forscherteam hat nun rund 40 Gene identifiziert, die Einfluss auf unsere Intelligenz haben.
Intelligenz ist zum Teil erblich bedingt
Es ist bekannt, dass sich Intelligenz im Lebensverlauf ändern kann. So haben Wissenschaftler festgestellt, dass die Leistungsfähigkeit des Gehirns unter anderem durch Routine im Beruf abnimmt. Andererseits können uns intelligente Freunde und Familien schlauer machen. Intelligenz ist teilweise aber auch erblich bedingt. Das ist Wissenschaftlern schon lange bekannt. Ein Forscherteam hat nun rund 40 Gene gefunden, die die Entwicklung von Intelligenz fördern.
Intelligenzunterschiede auch auf genetische Faktoren zurückzuführen
Um zu ihren Ergebnissen zu gelangen, haben die Wissenschaftler um Danielle Posthuma von der Freien Universität Amsterdam Daten verschiedener Studien mit insgesamt knapp 20.000 Kindern und fast 60.000 Erwachsenen aus Europa analysiert.
Mit den neuen Ergebnissen lassen sich Intelligenzunterschiede zwischen Menschen zu fast fünf Prozent durch bekannte genetische Faktoren erklären. Dies sei insgesamt etwa eine Verdopplung im Vergleich zum vorherigen Wissensstand, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Genetics“.
Zu den genetischen Faktoren zählen nicht nur Gene, sondern unter anderem auch winzige Veränderungen im Erbgutstrang – sogenannte Single Nucleotide Polymorphisms (SNP) – die ebenfalls von den Wissenschaftlern entdeckt wurden.
Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, spielen die meisten nun entdeckten Gene eine Rolle im Gehirn, etwa beim Aufbau von Nervenzellen.
Die Intelligenz-Gene waren demnach nicht nur mit einem hohen Lernerfolg assoziiert, sondern etwa auch mit der Abkehr vom Rauchen, dem Gehirnumfang in der Kindheit, Autismus, Körpergröße und Langlebigkeit.
Mit Alzheimer, Depression, Schizophrenie, Hyperaktivität und Ängstlichkeit bestand dagegen eine negative Korrelation.
Forscher uneinig über die Rolle der genetischen Bestimmung
Laut den Experten zeigten frühere Studien, dass Intelligenz in der Kindheit zu 45 Prozent genetisch bestimmt sei, im Erwachsenenalter zu 80 Prozent.
Allerdings sind sich längst nicht alle Forscher bei den Prozentangaben einig. So geht beispielsweise der Psychologe Rainer Riemann von der Universität Bielefeld von 40 Prozent genetischer Bestimmung bei Kindern und 60 Prozent bei Erwachsenen aus.
Zudem unterstreicht er den Einfluss äußerer Faktoren. „Wir wissen heute, dass die mit Intelligenz verbundenen Gene sich nicht einfach entfalten, sondern eine anregende Umwelt notwendig ist, damit die Fähigkeiten sich ausbilden können“, erläuterte Riemann in der dpa-Meldung.
„Wenn man jemand mit einem vollen Potenzial in einen dunklen Raum einsperrt, kann sich gar keine Intelligenz entwickeln.“
Geringer praktischer Nutzen
Den Angaben zufolge hatte eine Zwillingsstudie in den USA gezeigt, dass Intelligenzunterschiede bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien praktisch gar nicht von genetischen Faktoren abhängen.
Lediglich bei Kindern aus privilegierten Elternhäusern manifestierte sich demnach der mutmaßliche Einfluss der Erbanlagen.
Elsbeth Stern von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, die nicht an der Studie beteiligt war, meinte laut dpa, der praktische Sinn der Studie sei derzeit noch gering: „Erst wenn man irgendwann Gene findet, aus denen sich zuverlässig Lernstörungen ableiten lassen, könnte man früher mit gezielten Fördermaßnahmen beginnen.“
Doch selbst wenn die Genetik weiter Fortschritte mache, sei nicht zu befürchten, dass sich die Intelligenz eines Menschen irgendwann an seinen Genen ablesen lasse. Laut Stern werde Intelligenz zu stark von der Umwelt bestimmt.
„Wenn genetisch identische Samenkörner an guten oder schlechten Standorten gepflanzt werden, zeigen sich ja auch Unterschiede“, so die Expertin.
Der Bielefelder Psychologe Riemann warnte in der Agenturmeldung vor einer Überbewertung genetischer Faktoren.
Seiner Aussage nach sei Intelligenz zwar eine notwendige, aber nicht allein hinreichende Bedingung für gute Schulleistungen. Investiere ein normal begabtes Kind viel in Lernen, habe es auch bessere Chancen auf gute Schulleistungen. (ad)
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