Forscher lüften Geheimnis des Ewigen Leben-Gen
16.11.2012
Das Streben nach Unsterblichkeit und ewiger Jugend beschäftigt Menschen seit Jahrtausenden. Nun haben Forscher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) den genetischen Schlüssel hierfür bei dem Süßwasserpolyp Hydra entdeckt. Die winzigen Nesseltiere sind als Organismus bekannt, der keine Alterungsprozesse zeigt und potentiell unsterblich ist.
Aufgrund ihrer Unsterblichkeit sind die Süßwassertierchen Hydra für die Alterungsforschung von besonderem Interesse. Die Kieler Wissenschaftler haben diese besondere Eigenschaft der Tierchen untersucht und stießen dabei auf den Transkriptionsfaktor Forkhead Box O (FoxO). Dieser ist auch im menschlichen Organismus zu finden und als Langlebigkeitsgen bekannt. „Auf der Suche nach dem Gen, das für die Unsterblichkeit der Hydra verantwortlich ist“, sind die Forscher laut Angaben der Doktorandin an der CAU und Erstautorin der neuen Studie, Anna-Marei Böhm, völlig „unerwartet ausgerechnet auf das sogenannte FoxO-Gen gestoßen.“ Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in dem renommierten Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.
Unsterblicher Organismus in einer endlichen Welt
Das „vermeintliche Paradoxon eines unsterblichen Organismus in einer Welt, in der alles Leben endlich ist, hat eine relativ einfache biologische Erklärung: in diesen Tieren erfolgt die Vermehrung ausschließlich ungeschlechtlich durch Knospung“, erläutern die Forscher in der aktuellen Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Allerdings setze diese Form der Vermehrung voraus, „dass jeder individuelle Polyp Stammzellen enthält, die sich ständig teilen können.“ Würden diese Stammzellen verloren gehen, könnten sich die winzigen Tierchen nicht mehr vermehren. Daher stellte sich den Forschern die Frage, wie der Süßwasserpolyp Hydra die Funktion der Stammzellen dauerhaft aufrecht erhält. Gemeinsam begaben sich die Wissenschaftler der CAU und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) auf die Suche und stießen dabei auf das FoxO-Gen.
FoxO-Gen mit maßgeblichem auf die Alterung
Beim Menschen schreitet die Alterung unaufhörlich voran, da die Stammzellen mit der Zeit zunehmend ihre Fähigkeit verlieren, neue Zellen zu bilden. Das alternde Gewebe kann sich immer schlechter regenerieren. Welchen Einfluss das FoxO-Gen in diesem Zusammenhang hat, war bislang nicht abschließend geklärt. Anhand der unsterblichen Süßwasserpolypen Hydra haben die Forscher daher nun die Funktion des FoxO-Gens genauer untersucht. Die Wissenschaftler testeten, welche Auswirkungen das Ausschalten des Gens auf den Organismus der Polypen hat. Sie verglichen gewöhnliche Hydren mit genetisch veränderten Süßwasserpolypen, bei denen das FoxO-Gen entweder ausgeschaltet oder verstärkt war. Die Ausschaltung des Gens hatte zur Folge, dass die Tiere deutlich weniger Stammzellen besaßen und langsamer wuchsen, schreiben die Kieler Forscher. Außerdem habe sich auch das Immunsystem verändert. „Ähnlich drastische Veränderungen des Immunsystems wie bei den genetisch veränderten Hydren kennen wir von Menschen im Alter“, betonte Professor Philip Rosenstiel vom Institut für Klinische Molekularbiologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein.
Weitere Untersuchungen der unsterblichen Polypen geplant
Studienleiter Professor Thomas Bosch vom Zoologischen Institut der CAU erklärte, die Forschungsgruppe habe erstmals direkt zeigen können, dass zwischen dem FoxO-Gen und der Alterung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. „Da besonders aktives FoxO bereits bei über hundertjährigen Menschen festgestellt wurde, ist es mit großer Wahrscheinlichkeit ein entscheidender Faktor beim Altern – auch beim Menschen“, so Prof. Bosch weiter. Allerdings könne man am Menschen natürlich keine genetischen Experimente durchführen. „Wie das Langlebigkeitsgen im Detail funktioniert und welchen Einfluss die Umwelt auf FoxO hat“, müsse daher zunächst an Hydra weiter untersucht werden. Die aktuellen Erkenntnisse seien jedoch bereits ein wichtiger Schritt bei der Entschlüsslung des Geheimnisses des Alterns beim Menschen.
Erhalt von Stammzellen und Immunsystem entscheidend für die Alterung
Nach Ansicht der Forscher ermöglichen die Studienergebnisse zwei „wesentliche wissenschaftliche Schlüsse“: Zum einen bestätigen sie die entscheidende Rolle von FoxO beim Erhalt von Stammzellen und somit der Bestimmung der individuellen Lebensspanne – sowohl beim ursprünglichen Nesseltier als auch beim Menschen. Anderseits verdeutlichen sie, dass "der Alterungsprozess und die Langlebigkeit eines Organismus maßgeblich vom Erhalt der Stammzellen und der Aufrechterhaltung eines funktionellen Immunsystems abhängen", so das Fazit in der aktuellen Mitteilung der CAU. (fp)
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Bild: An Hydra wurde das Langlebigkeitsgen untersucht. Das Tier ist ca. 1 cm groß, Copyright/Foto: CAU/Fraune.
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