Frankreich verbietet Antibaby-Pille „Diane 35“ des Pharmaherstellers Bayer
31.01.2013
Die Antibaby-Pille „Diane 35“ steht im Verdacht, gefährliche Blutgerinnsel zu verursachen. In Frankreich werden vier Todesfälle mit dem Präparat des deutschen Pharmakonzerns Bayer in Verbindung gebracht. Wie die französische Arzneimittelaufsicht am Mittwoch mitteilte, soll die Marktzulassung des Medikaments mit einer Übergangsfrist von drei Monaten ausgesetzt werden.
Ärzte sollen „Diane 35“ nicht mehr als Antibaby-Pille verschreiben
Seit Montag sind Ärzte in Frankreich dazu aufgerufen, „Diane 35“ nicht mehr als Verhütungsmittel zu verschreiben, nachdem der Tod von vier Frauen mit der Einnahme des Medikaments in Verbindung gebracht wurde. Das Präparat ist in Frankreich seit 1987 als Akne-Medikament zugelassen. Es wird jedoch aufgrund seiner verhütenden Wirkung auch als Antibaby-Pille verschrieben. Laut der französischen Arzneimittelaufsicht (ANSM) soll das Mittel mit einer Übergangsfrist von drei Monaten vorerst verboten werden. Innerhalb dieses Zeitraumes würden alle Packungen von „Diane 35“ aus dem Verkehr gezogen, berichtete der Chef der ANSM, Dominique Maraninchi, am Montag. Diese Entscheidung betreffe auch sogenannte Generika, kostengünstigere Nachahmungen. Frauen, die „Diane 35“ einnehmen, sollten das Medikament jedoch nicht sofort absetzen, sondern zunächst ihren Arzt aufsuchen, riet Maraninchi.
Vier Todesfälle wegen Blutgerinnsel im Zusammenhang mit Antibaby-Pille „Diane 35“
Seit 1987 sollen mindestens vier Todesfälle auf die Einnahme von „Diane 35“ zurückzuführen sein. Dem ANSM-Chef zufolge seien die Frauen an den Folgen einer Venenthrombose gestorben. In 125 weiteren Fällen bestehe ebenfalls ein Zusammenhang mit dem Präparat. Bei diesen Frauen seien nicht-tödlichen Blutgerinnsel in den Venen oder Arterien festgestellt worden. Das Verbot von „Diane 35“ diene dem Schutz der Patientinnen. „Es gibt zahlreiche andere Therapiemöglichkeiten“, betonte Maraninchi. Rund 315.000 Frauen nahmen die Antibaby-Pille oder ein Generikum in Frankreich im vergangenen Jahr ein.
„Diane 35“ ist weltweit in 135 Ländern, darunter auch Deutschland, zugelassen. Wie der Herstellerkonzerns Bayer mitteilte, dürfe das Medikament nur zur Behandlung von Akne verordnet werden. Eine Empfehlung als Verhütungsmittel gäbe es nicht. Zudem werde im Beipackzettel von „Diane 35“ ausdrücklich auf das Risiko einer Thrombose hingewiesen. Der Konzern-Sprecherin Astrid Kranz zufolge, sei das Pharmaunternehmen überrascht über das Verbot der französischen Arzneimittelbehörde. Bayer lägen demnach keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, „die das positive Nutzen-Risiko-Profil infrage stellen", berichtete Kanz gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Die ANSM habe Bayer weder einen Bericht vorgelegt noch anderweitige Informationen zukommen lassen. Der Konzern habe lediglich durch eine Pressemitteilung von dem Verbot für „Diane 35“ erfahren.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn hatte am Montag betont, dass die Verschreibung von „Diane 35“ in Deutschland ausschließlich zur Verhütung „nicht mehr möglich“ sei und sehr „sehr restriktiv“ gehandhabt werde.
Einnahme der Antibaby-Pille erhöht Thrombose-Risiko
Dass die Einnahme von Antibaby-Pillen das Risiko für Thrombosen erhöht, ist bereits seit 1960 bekannt, als die erste Pille in den USA zugelassen wurde. Thrombosen sind Blutgerinnsel, die zu Lungenembolien und Schlaganfällen führen können und von den in Verhütungspillen enthaltenen Östrogenen wie Ethinylestradiol und Gestagenen verursacht werden. Während Antibaby-Pillen anfangs noch viel Ethinylestradiol enthielten, sind die Pillen heute weitaus geringer dosiert. Viele enthalten Gestagene, da diese gegen Hauterkrankungen wie Akne wirken.
Auf Anfrage der ANSM untersucht jetzt die europäische Arzneimittelagentur Ema auch diese geringer dosierten Antibabypillen, die ähnliche Wirkstoffkombinationen wie „Diane 35“ enthalten. Wie die Behörde mitteilte, erkranken zwischen 20 und 40 von 100.000 Frauen an einem Blutgerinnsel, die eine Antibaby-Pille innerhalb eines Jahres einnehmen. Vor allem Frauen, die eines der neuen Präparate verwenden, seien gefährdet. Ob Antibaby-Pillen weiterhin mit wenigen Bedenken verschrieben werden können und inwieweit ausreichend auf die Nebenwirkungen und Risiken in den Beipackzetteln hingewiesen wird, überprüft die EMA derzeit. Frauen sollten sich jedoch nicht veranlasst fühlen, die Antibaby-Pille grundsätzlich absetzen. Bei Bedenken sollten sich die Betroffenen an ihren Arzt wenden, so die Aufsichtsbehörde. (sb)
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