Müssen französische Männer um ihre Fruchtbarkeit fürchten?
06.12.2012
In Frankreich hat sich die Zahl der Spermien um ein Drittel verringert. Müssen französische Männer deshalb um ihre Fruchtbarkeit fürchten? Laut einer aktuellen Studie sind vor allem Männer in der Region Paris betroffen. Umweltfaktoren und Industriechemikalien könnten für die drastische Verringerung der Spermienzahl verantwortlich sein.
Qualität der Spermien nimmt ebenfalls ab
Mehr als 26.600 Männer nahmen in Frankreich an der großangelegten landesweiten Untersuchung teil, die zu einem dramatischen Ergebnis kam: Die Zahl der Samenzellen ist in den vergangenen 17 Jahren um ein Drittel zurückgegangen. „Es gab eine signifikante und kontinuierliche Verminderung der Spermien-Konzentration von 32,2 Prozent während der Dauer der Studie“, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Human Reproduction". „Hochrechnungen deuten darauf hin, dass die Konzentration bei einem 35-jähriger Mann von durchschnittlich 73,6 Millionen pro Milliliter Sperma im Jahr 1989 auf durchschnittlich 49,9 Millionen im Jahr 2005 sank.“ Ein Wert von weniger als 55 Millionen Samenzellen pro Milliliter Sperma kann die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen, wie einige Untersuchungen ergaben. Als unfruchtbar gilt Sperma mit einer Konzentration von unter 15 Millionen Spermien.
„Ein wesentlicher, aber nicht quantifizierbarer Rückgang des Anteils der Spermien mit morphologisch normalen Formen wurde während der 17 Jahre ebenfalls beobachtet“, schreiben die Wissenschaftler weiter. Möglicherweise nehme die Qualität des Spermas in Frankreich bereits seit den 1970er Jahren ab. Es handele sich um ein „ernstzunehmendes Warnzeichen“. Den Autoren der Studie zufolge handelt es sich "bei der Untersuchung um die wichtigste und größte ihrer Art in Frankreich, möglicherweise auch weltweit".
Rückgag der Spermien aufgrund von Umwelt- und Störfaktoren
Bereits seit einigen Jahren machen Wissenschaftler Umwelt- oder Störfaktoren für den Rückgang der Spermienzahlen verantwortlich. Vor allem Pestizide und Weichmacher sollen einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben. Es sei jedoch schwierig, einen einzigen Stoff auszumachen, da der Mensch heutzutage in der Regel mehreren gesundheitsgefährdenden Faktoren ausgesetzt sei, erklärte der Fortpflanzungsexperte Louis Bujan von der Universitätsklinik Toulouse. Das könnte eine Begründung dafür sein, warum die Region Paris, in der eine Vielzahl von gesundheitsgefährdenden Störfaktoren auftritt, besonders stark vom Rückgang der Samenzellen betroffen ist. Übergewicht und Tabakkonsum wirken sich zudem negativ auf die Spermienproduktion aus.
Bisphenol A beeinträchtigt Spermien
Einer der Störfaktoren ist der Weichmacher „Bisphenol A“ (BPA), der in vielen Produkten des Alltags vertreten ist. "Die Wirkung von BPA ist ähnlich der des weibliche Hormons Östrogen und beeinflusst damit den Hormonhaushalt des Menschen", wie einige Untersuchungen resümierten. Im November 2010 stellten chinesische Wissenschaftler eine Studie vor, die einen Zusammenhang von BPA und einer verringerten Spermienproduktion belegt.
Die Forscher erhoben Daten von 218 Arbeitern in vier verschiedenen Fabriken in China. Dabei wurde die Konzentration des Weichmachers BPA im Urin von Arbeitern gemessen, die beim Herstellungsprozess nicht mit Bisphenol A in Berührung kamen und anderen, die durch ihre Tätigkeit Kontakt mit BPA hatten. Anschließend wurden diese Daten mit der Anzahl der Spermien, ihrer Beweglichkeit und Form verglichen. Die Forscher um Dr. De-Kun Li von der US-Amerikanischen Versicherung „Kaiser Permanente“ in Oakland, Kalifornien werteten die Daten aus.
Die Arbeiter, die mit der Chemikalie täglich Kontakt hatten, zeigten eindeutig höhere Risikofaktoren. Ihre Spermien wiesen im Gegensatz zur Vergleichsgruppe ein mehr als zweifach erhöhtes Risiko für eingeschränkte Beweglichkeit und ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko für geringere Vitalität auf. Ein vierfach erhöhtes Risiko lag für eine stark reduzierte Anzahl von Spermien vor. Einen Zusammenhang zwischen BPA und deformierten Spermien wurde in der Studie jedoch nicht belegt.
Fettreiche Nahrung kann unfruchtbar machen
Einer Untersuchung von US-Forschern der Harvard Medical School und der Harvard School of Public Health in Boston könnte Unfruchtbarkeit bei Männern möglicherweise auch auf einen zu hohen Konsum gesättigter Fette zurückzuführen sein.
Wie die Forscher um Jill Attaman von der Harvard Medical School im Fachmagazin „Human Reproduction“ im März dieses Jahres berichteten, zeigte sich im Rahmen ihrer Studie, dass die Anzahl der Spermien bei Männern mit besonders hohem Fettkonsum deutlich geringer war als bei den übrigen Studienteilnehmern. Das sei auf die enthaltenen gesättigten Fettsäuren zurückzuführen. Der vermehrte Konsum von ungesättigte Omega-3-Fettsäuren hätten dagegen einen positiven Einfluss auf die Spermienproduktion, die sich leicht erhöhte, so die Forscher. (sb)
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Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
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