Neues Webportal hilft Frühchen-Eltern bei Kliniksuche
01.03.2014
In Deutschland werden pro Jahr rund 9.000 Kinder mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm geboren. Ein neues Internet-Portal soll künftig Eltern und Frauenärzten dabei helfen, eine passende Klinik für die Frühchen zu finden.
Rund 9.000 Frühchen mit weniger als 1.500 Gramm
Pro Jahr werden in Deutschland rund 9.000 Kinder mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm geboren.Nahezu jedes zehnte Neugeborene ist ein Frühchen. Die Versorgung der besonders Frühgeborenen, die oft in einer Handfläche Platz finden, braucht viel Erfahrung. Eltern und Frauenärzte hatten bislang kaum Möglichkeiten, zu überblicken, welche Einrichtungen tatsächlich routiniert in der Behandlung sehr leichter Babys sind. Doch mit einer neuen Webseite soll sich das nun ändern. Das Internet-Portal www.perinatalzentren.org ist seit kurzem online gegangen.
Klinken legen ihre Daten freiwillig offen
In diesem Deutschland-Atlas finden sich bislang 93 Klinken, die freiwillig offenlegen, wie viele Kinder sie jährlich behandeln, deren Geburtsgewicht weniger als 1.500 Gramm beträgt. Bundesweit gibt es knapp 200 dieser Perinatalzentren, die solche Babys versorgen können. Auf dem neuen Webportal können Eltern in einer Suchmaske die Postleitzahl ihres Wohnortes eingeben und auswählen, in welchem Umkreis sie ein Perinatalzentrum suchen. Man kann dabei die Klinken nach Kriterien wie Fallzahl, Behandlungsroutine und Überlebensraten vergleichen.
Strengere Vorgaben beschlossen
„Die Website soll eine verlässliche Entscheidungshilfe bieten“, so Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des Göttinger AQUA-Instituts, welches die Klinikangaben verifiziert und das Projekt im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) realisiert hat. Bereits im Juli des vergangenen Jahres hatte der G-BA für die Versorgung von Frühchen strengere Vorgaben beschlossen. In diesem Gremium sitzen Vertreter von Krankenkassen, Ärzten, Kliniken sowie Patienten. Die Veröffentlichung der Daten auf dem Internet-Portal solle in einem zweiten Schritt für alle deutschen Kliniken verpflichtend werden, wie der G-BA und das AQUA-Institut mitteilten.
Nur die Hälfte der Kliniken hat ihre Daten offengelegt
Der Auskunft des AQUA-Instituts zufolge hat bisher nur etwa die Hälfte aller Kliniken ihre Daten offengelegt. Szecsenyi meinte dazu: „Indem Krankenhäuser ihre Daten freiwillig im Internet veröffentlichen, zeigen sie ein hohes Maß an Transparenz und dass sie gewillt sind, fortlaufend ihre Behandlungsqualität zu optimieren.“ Im Dezember 2012 hatte das Bundessozialgericht eine G-BA-Regelung kassiert, nach der nur noch große Spezialkliniken Frühchen mit einem Geburtsgewicht von bis zu 1.250 Gramm behandeln dürfen. Der Bundesausschuss wollte die Mindestgrenze von 14 auf 30 Frühchen-Behandlungen pro Jahr erhöhen, doch das Gericht meinte, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür gebe, dass die Sterblichkeit frühgeborener Kinder linear mit steigender Fallzahl sinke. Eine Klinik verdient mit der Versorgung eines extrem leichten Frühgeborenen mehr als 100.000 Euro.
Nicht nur dem Internet vertrauen
Der Vorsitzende des Bundesverbands „Das frühgeborene Kind“, Hans-Jürgen Wirthl, hält für die Qualitätsverbesserung eine Reduzierung der knapp 200 Perinatalzentren für unbedingt notwendig. Vor allem für sehr kleine Zentren sei es schwierig, eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Allgemein sind die Überlebenschancen der sehr kleinen Frühchen in den vergangenen Jahrzehnten ständig gestiegen und so überleben bei 24 vollendeten Schwangerschaftswochen heute etwa 70 bis 75 Prozent. Später haben jedoch viele von ihnen mit Entwicklungsverzögerungen, chronischen Atemwegserkrankungen oder motorischen Störungen zu kämpfen. Der Direktor der Kinderklinik des Universitätsklinikums Marburg, Rolf Maier, meinte, dass mit dem neuen Internetangebot mehr Transparenz geschaffen wird, schränkte aber ein, dass diese Statistiken für Laien nicht so leicht zu interpretieren seien. Daher sollten Eltern nicht nur dem Internet vertrauen.
Unterschiedliche Ursachen für Frühgeburten
Ursachen für eine extreme Frühgeburt können unter anderem Fehlbildungen des Kindes sein, Störungen der Plazenta und der Gebärmutter, aber auch eine schädliche Lebensweise der Mutter. Forscher, die vor wenigen Jahren an einem Frühgeborenen-Report der Vereinten Nationen (UN) beteiligt waren, führten den globalen Anstieg der Frühgeburten auf unterschiedliche Ursachen zurück. So tragen in den entwickelten Ländern die wachsende Verbreitung von Wohlstandkrankheiten (Übergewicht, Bluthochdruck) sowie der Tabak- und Alkoholkonsum und die späten Mutterschaften dazu bei, dass die Zahl der Frühgeburten steigt, während in den Entwicklungsländern Hygienemängel, fehlender Schutz vor Infektionen, ein geringes medizinisches Allgemeinwissen und die schlechte medizinische Versorgung den Anstieg der Frühgeburten bedingen. (ad)
Bildnachweis: N.Schmitz / pixelio.de
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