Botenstoff zur Früherkennung neurodegenerativer Krankheiten entdeckt
Neurodegenerative Krankheiten wie die Alzheimer-Demenz und die Parkinson-Krankheit richten im fortgeschrittenen Stadium irreversible Schäden im Gehirn an. Zur Zeit gibt es keine verlässliche Möglichkeit, diese Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Dies könnte sich jedoch bald ändern, denn Forscher haben einen Botenstoff entdeckt, der sich offenbar zur Früherkennung von Demenzerkrankungen eignet.
Wenn die Auswirkungen der Demenzen deutlich zu erkennen sind, ist der Schaden im Gehirn bereits weit fortgeschritten. Wissenschaftler suchen schon seit Jahren händeringend nach Methoden, um neurodegenerative Krankheiten in einem Frühstadium zu erkennen. Sogenannte Biomarker spielen bei der Früherkennung eine große Rolle. Anhand dieser Erkennungsmerkmale können Mediziner solche Erkrankungen frühzeitig feststellen. Ein Forschungsteam der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel hat einen solchen Biomarker entdeckt, der die Früherkennung neurodegenerativer Krankheiten unterstützen soll. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Cell Reports“ publiziert.
Wenn Zellen in Stress geraten
Menschliche Zellen kommunizieren in einem komplexen und koordinierten Zusammenspiel miteinander. Ist diese normale Funktionsweise gestört, aktivieren viele Zellen eine Stressantwort, die für das Überleben der Zellen wichtig ist. Die Baseler Forschungsgruppe um Professor Dr. Stephan Frank konnte detailliert dokumentieren, wie diese Stressantwort bei Nervenzellen im Gehirn abläuft. Dabei stellten die Forschenden fest, dass infolge der Stressreaktion häufig ein bestimmter Botenstoff auftaucht, bevor die Nervenzellen absterben. Da chronischer Zellstress und das Absterben von Nervenzellen einen großen Einfluss bei der Entstehung von Demenzen, Alzheimer und Parkinson haben, könnte sich der neu entdeckte Stoff als Biomarker zur Früherkennung eignen.
Der Ablauf im Detail
Mitochondrien gelten als die Kraftwerke der Zellen. Sie produzieren die benötigten Energieträger, um die Zelle zu versorgen. Wie die Wissenschaftler berichten, wirken sich Störungen in den Mitochondrien auf bestimmte benachbarte Zellbereiche (Organelle) aus. Dies führt zu einer Stressreaktion in den Nervenzellen. Die gestörten Mitochondrien schütten den neu entdeckten Stoff Fibroblast growth factor-21 (FGF21) aus. Derselbe Botenstoff wurde vermehrt in verschiedenen Modellsystemen neurodegenerativer Erkrankungen identifiziert. FGF21 taucht bereits auf, bevor die Nervenzellen beginnen abzusterben.
Früherkennung und neue Therapien möglich
Chronischer Zellstress gilt derzeit als einer der wichtigsten Faktoren bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen, bei denen immer noch viele Prozesse nicht ausreichend verstanden sind. Der Botenstoff FGF21 könnte sich als Biomarker für die Früherkennung von Krankheitsbildern wie der Alzheimer-Demenz oder Parkinson-Erkrankungen eignen. „Weitere Studien hierzu sind notwendig, da der Botenstoff auch durch andere Gewebe und Organe produziert werden kann, etwa durch Fettgewebe und Leber“, resümieren die Forscher in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
Ein robuster Biomarker?
Wenn sich in weiteren Untersuchungen FGF21 als robuster Biomarker beweist, wäre eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung neuer Früherkennungsmethoden und Therapieansätze gegeben, die sich zur Bekämpfung gegen chronischen Zellstress eignen. Laut der Baseler Forschergruppe sind solche Methoden auch dringend benötigt. Die ständig ansteigende Lebenserwartung wird demografischen Schätzungen zufolge dazu führen, dass in den nächsten zehn Jahren Demenzerkrankungen um das 1,7-Fache zunehmen werden, so die Forschenden. (vb)
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