Frühjahrsputz: Viel Chemie und übertriebene Hygiene können auch krank machen
16.03.2012
In vielen Haushalten Deutschlands steht der Frühjahrsputz an: Dann heißt es Fenster putzen, Schränke reinigen, den Teppichböden vom Staub befreien und Fußböden wischen. Die Gründlichkeit mancher Menschen kennt beim Putzen aber oft keine Grenzen. Das Umweltbundesamt und Experten der Verbraucherzentralen raten daher zur Vorsicht: Aggressive Putzmittel schaden nicht nur den Bakterien und Keimen sondern unter Umständen auch der eigenen Gesundheit. Die Folgen sind unter anderem Hautreaktionen, Allergien und Verätzungen der Schleimhäute. Zudem belasten chemische Reinigungsmittel übermäßig stark die Umwelt.
Die meisten chemischen Reinigungsmittel sind überflüssig
Die Hersteller werben mit der „Kraft der Reinigungsmittel“, um Bakterien, Keime und Pilze den Kampf anzusagen. Doch chemische Putzmittel bedeuten nicht gleich mehr Hygiene oder Gesundheitsschutz. Laut letzter Untersuchungen setzen die Deutschen pro Jahr rund 78.000 Tonnen Universalreiniger und etwa etwa 29.000 Tonnen Scheuermittel ein, um die eigene Wohnung zu reinigen. Die meisten Chemiekeulen sind jedoch völlig unnötig, wie das Umweltbundesamt berichtet. Denn um die eigenen vier Wände zu säubern, reichen im Grundsatz vier Mittel aus.
Einfache Hausmittel, Scheuer- und Spülmittel reichen aus
Für die Fußböden, Fliesen und weitere glatte Oberfläche reicht ein neutraler Reiniger. Scheuermittel ist zweckmäßig für hartnäckig sitzenden Schmutz, Spülmittel reicht fürs Fensterputzen und Haushaltsessig oder natürliche Zitronensäure eignen sich für die Beseitigung von Kalk. Flecken auf Polstermöbeln oder Teppichböden lassen sich am Besten mit Seifenschaum oder lauwarmer Feinwaschmittellösung beseitigen. Verbraucher sollten bei den angebotenen Erzeugnissen darauf achten, dass diese das vom Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichung (RAL) vergebene "Europäische Umweltzeichen" auf dem Etikett tragen. Das "Europäische Umweltzeichen" kennzeichnet Produkte, die sich durch besondere Umweltverträglichkeit und vergleichsweise geringe Gesundheitsbelastungen auszeichnen.
Gesundheitsgefahren durch Chemiekeulen
Zahlreiche Reinigungsprodukte werben damit, dass sie angeblich mit „antibakteriellen Zusätzen für mehr Reinheit sorgen“. Nach Meinung von Verbraucherschützern sind derlei Zusätze jedoch völlig überflüssig. Desinfektionsmittel und antibakterielle Reinigungsmittel vernichten auch wertvolle Bakterien der Hautflora. Studie der letzten Jahre weisen daraufhin, dass der übermäßige Gebrauch dieser Mittel zu einem Anstieg von Allergien geführt hat. Zudem können die chemischen Substanzen Ekzeme und allergische Hautreaktionen auslösen, da die körpereigenen Immunabwehrkräfte beschädigt werden. Ist das körpereigene Abwehrsystem geschwächt, „können erst recht Krankheiten entstehen“, warnen die Experten. Einige Desinfektionsmittel können darüber hinaus möglicherweise das Erbgut verändern oder sogar die Entstehung von Krebskrankheiten begünstigen. Auch hierzu liegen bereits mehrere Forschungsarbeiten vor, die hierauf hindeuten. Obwohl die Werbung suggeriert, Reiniger mit antimikrobiellen Zusätzen sorgen für mehr Hygiene, ist deren tatsächliche Wirksamkeit bis heute nicht eindeutig erwiesen.
Viele auf dem Markt angebotene desinfizierende Reinigungsmittel enthalten Chemiestoffe, die für den menschlichen Organismus gefährlich werden können. Beispielsweise wird die Substanz Triclosan bei Kontakt über die Haut aufgenommen und greift in den Prozess der Entgiftung der Leber ein. Ein weiterer Stoff, der für die Gesundheit gefährlich sein kann, ist Natriumhypochlorid. Dieser ist in sehr vielen Mitteln enthalten kann Chlor freisetzen. Durch Kontakt kann die Haut gereizt und durch das Einatmen die Schleimhäute geschädigt werden.
Putzmittel nicht mischen
Diese Art von Reinigern sollten in keinem Fall mit anderen Putzmitteln versetzt werden, da es durch chemische Reaktionen zu schwerwiegenden Vergiftungen kommen kann. Zudem sind Desinfektionsmittel für die Umwelt äußerst schädlich, weil Organismen im Wasser abgetötet werden das Reinigen des Wassers in Kläranlagen gestört wird.
Übertriebene Hygiene schädlich für Kinder
Eine übermäßig betriebene Hygiene ist auch dann nicht sinnvoll, wenn Kinder im Haushalt leben. Im Gegenteil: Herrscht eine geradezu klinische Atmosphäre vor, können Kinder ihr Immunsystem nicht trainieren. Keime, mit denen Kinder ansonsten in der Wohnung in Berührung kommen sind daher sinnvoll, denn nur so erfährt das Abwehrsystem, wie es künftig vorgehen muss, um schwere Krankheiten zu verhindern.
Daher gilt: Etwas mehr Kraftaufwand mit Essigreinigern lohnt, um Chemie beim Putzen einzusparen. Einzige Bedingung: Putzutensilien wie Wischer oder Lappen sollten häufig gewechselt werden. Alternativ können Putzlappen auch ausgekocht werden, damit Krankheitserreger keine Chance haben.
Zur Motivation lädt das Umweltbundesamt zum Fitness ein. Ohne Chemie zu hantieren, bedeutet meistens auch mehr Kraft anzuwenden. Ein Mensch mit einem durchschnittlichen Körpergewicht verbraucht beim Putzen der Fenster rund 80 Kilokalorien, sofern das Reinigen gut 15 Minuten dauert. Weitere 15 Minuten Staub-Feudeln verursachen einen Verbrauch von gut 40 Kilokalorien. Beim Wischen der Böden oder beim Reinigen der Fliesen kommen noch einmal 74 Kalorien dazu. (sb)
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Bild: "halmackenreuter" / pixelio.de
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