Ausreichend Betten aber zu wenig Pflegekräfte für Corona-Infektionen
Bisher blieb Deutschland von Infektionen mit dem neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) weitestgehend verschont. Laut Angaben des Robert Koch-Institutes (RKI) waren nur wenige bestätigte Infektionsfälle zu verzeichnen. Mit einem Import von weiteren Fällen nach Deutschland müsse jedoch gerechnet werden und auch neue Übertragungen und Infektionsketten in Deutschland seien möglich. Sollten die Infektionszahlen hierzulande steigen, stünden laut einer aktuellen Analyse zwar voraussichtlich genug Akutbetten zur Verfügung, doch wäre nicht ausreichend Pflegepersonal für die Betreuung vorhanden.
„Wenn die Zahl von Corona-Patienten in Deutschland steigen sollte, hat Deutschland voraussichtlich genug Akutbetten, aber zu wenig Pflegepersonal für ihre Betreuung“, warnt die Westfälischen Hochschule in einer aktuellen Mitteilung. Die Berechnung der Versorgungskapazitäten habe gezeigt, dass im Falle einer Ausbreitung der Coronavirus-Infektionen bei dem Personal das Nadelöhr liegen würde. Hier lasse sich kurzfristig zudem keine Abhilfe schaffen.
Infektionsrisiko in Deutschland bisher gering
Gegenwärtig sind keine Anzeichen für eine anhaltende Viruszirkulation in Deutschland zu erkennen, so dass die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung durch das neue Coronavirus eher gering bleibt, berichtet das RKI. Dennoch ist Wachsamkeit und gute Vorbereitung geboten, betont auch der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
Wie gut sind die Versorgungskapazitäten im Ernstfall?
Professor Bernd Mühlbauer von der Westfälischen Hochschule hat nun auf Grundlage der Spanne zwischen durchschnittlicher Belegung der Krankenhäuser und ihrer möglichen maximalen Kapazität berechnet, wie gut die Versorgungskapazitäten im Ernstfall einer Infektionswelle tatsächlich aufgestellt wären.
„Bei maximaler Auslastung aller verfügbaren Krankenhausbetten und einer Isolationsdauer infizierter Patienten von etwa zwei Wochen können in Deutschland theoretisch fast zwei Millionen Patienten im Jahr versorgt werden“, erläutert Professor Mühlbauer. Diese Zahl reduziere sich jedoch um zwei Drittel, wenn die Patienten in Einzelzimmern isoliert werden müssen.
Engpass bei der Personallage
Theoretisch liege die durchschnittliche Aufnahmekapazität bei einem Patienten pro Tag und Krankenhaus, so Mühlbauer weiter. Den Engpass bilden nach Einschätzung des Experten jedoch nicht die Akutbetten, sondern die Pflegekräfte. Die Personallage in den Krankenhäusern könnte schnell an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und zusätzliches Personal sei „faktisch nicht zu beschaffen.“
Drohende Überlastungen des Pflegepersonals
So würde im Falle vermehrter Coronavirus-Infektionen die Belastung für das ärztliche und pflegerische Personal deutlich steigen, was wiederum zu Fehlzeiten infolge von Erkrankungen des Personals und damit zu einer weiteren Belastung der übrigen Mitarbeitenden führen kann, berichtet Professor Mühlbauer.
Verdachtsfälle frühzeitig isolieren
Im Sinne der Vorkehrung ist es nach Einschätzung des Experten besonders wichtig, Verdachtsfälle möglichst frühzeitig – noch vor der Krankenhauseinweisung – zu identifizieren und sie bis zur Einlieferung in eine Klinik zuhause zu isolieren (unter der Kontrolle der Gesundheitsämter). So könne eine zu hohe Einweisungsrate „bei Verdacht“ verhindert und die Belastung in den Krankenhäusern reduziert werden. (fp)
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