Psychopathen lassen sich nicht vom Gähnen anderer anstecken
Dass Gähnen ansteckend sein kann, weiß jeder. Ob in der Schule, im Büro oder auf einer Party, wenn jemand beherzt gähnt, können wir das eigene Gähnen kaum unterdrücken. Nur bei Psychopathen scheint dieser Effekt nicht zu wirken. Das bestätigt eine Studie der Baylor University, die im Fachmagazin „Journal Personality and Individual Differences“ veröffentlicht wurde. Demnach fehlt Menschen mit psychopathischen Zügen die Empathie, die für das ansteckende Gähnen verantwortlich ist.
Gähnen steckt nur empathische Menschen an
Ob wegen Müdigkeit oder Langeweile – Gähnende Menschen begegnen uns überall. Forscher beschäftigen sich schon seit langem mit dem Phänomen des ansteckenden Gähnens und haben unterschiedliche Theorien entwickelt. Einig sind sich die Experten jedoch darin, dass Gähnen nicht nur bei Menschen sondern auch bei Schimpansen und Hunden ansteckend wirkt. Bereits das Geräusch, das beim Gähnen entsteht, ruft das Bedürfnis hervor, selbst zu gähnen – vorausgesetzt wir verfügen über ausreichend Einfühlungsvermögen. Wer sehr empathisch ist und die Gefühle des anderen gut nachempfinden kann, lässt sich besonders leicht vom Gähnen seiner Mitmenschen anstecken, was auf die Bindung zwischen den Artgenossen sowie das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gruppe zurückzuführen ist.
Dabei spielt die emotionale Nähe, die wir gegenüber einem Menschen empfinden, eine wichtige Rolle. Deshalb ist das Gähnen von Personen, die uns nahestehen, viel ansteckender als bei Fremden. Empfinden wir Sympathie, gähnen wir mit.
Psychopathen sind immun gegen ansteckendes Gähnen
Eine Ausnahme bilden jedoch Psychopathen. Denn Menschen mit psychopathischen Eigenschaften lassen sich viel weniger vom Gähnen ihrer Mitmenschen anstecken als empathische Personen, wie eine Studie der Baylor University zeigt.
„Sie gähnen mit, auch wenn Sie es eigentlich nicht müssten“, so der leitende Wissenschaftler Brian Rundle in einer Mitteilung der Universität. Wir alle wissen es und fragen uns warum. Ich dachte, wenn es stimmt, dass gähnen auf Empathie zurückzuführen ist, wette ich, dass Psychopathen viel weniger gähnen. Also habe ich es getestet.“
Rundle und sein Team untersuchten im ersten Schritt ihrer Studie 135 Studenten auf antisoziale Charaktereigenschaften, wie etwa Kaltherzigkeit, furchtlose Dominanz und egozentrische Impulsivität. Denn den Forschern zufolge zeigt sich Psychopathie durch einen antisozialen Lebensstil. Betroffene sind häufig egoistisch, manipulativ, impulsiv, furchtlos und herrschsüchtig. Vor allem aber mangelt Psychopathen an Einfühlungsvermögen.
Im nächsten Schritt wurden den Studienteilnehmern Video-Clips mit verschiedenen Gesichtsbewegungen gezeigt, wie ein lachendes, ein neutrales und ein gähnendes Gesicht. Die Forscher fanden Folgendes heraus: Je weniger empathisch eine Person war, desto weniger wurde sie auch vom Gähnen angesteckt.
„Wenn Sie gähnen und jemand anderes nicht, bedeutet das aber nicht, dass die andre Person ein Psychopath ist. Bei Fremden gähnen viele Leute nicht mit”, betont Rundle. Unter einer Psychopathie wird in der forensischen Psychologie und Psychiatrie eine schwere Form der dissozialen/antisozialen Persönlichkeitsstörung verstanden. Längst nicht Jeder, der eine solche Veranlagungsstruktur besitzt, muss zwangsläufig zum Massenmörder werden. (ag)
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