Kleine Steine – Große Qualen: Gallensteine können starke Schmerzen auslösen
20.06.2013
Häufig wissen Menschen gar nicht, dass sich in ihrer Galle Steine gebildet haben, denn meist verursachen diese keine Beschwerden. Gefährlich werden sie allerdings, wenn sie zu Koliken führen.
60 bis 80 Prozent wissen nicht, dass sie Gallensteine haben
Gallensteine können sich direkt in der Gallenblase oder in den unterschiedlichen Gallenwegen bilden. Vielfach bleiben die Gallensteine über Jahre hinweg unbemerkt, kommt es zu Beschwerden, so reichen diese von einfacher Übelkeit nach fettreichem Essen bis hin zur Gallenkolik, die sehr schmerzhaft sein kann. Berndt Birkner vom Berufsverband Deutscher Internisten in Wiesbaden, erklärt, dass etwa 26 Prozent der Frauen und 18 Prozent der Männer über 40 Jahren in Deutschland Gallensteine haben. Dabei wissen etwa 60 bis 80 Prozent der Betroffenen nichts davon. Man spricht im allgemeinen bei der Risikogruppe auch von den „fünf F“: female, fat, fertile, forty, fair (weiblich, übergewichtig, fruchtbar, vierzig Jahre alt, hellhäutig bzw. blond).
Wenn die Steine zu keinen Beschwerden führen, sei eine Behandlung auch nicht nötig. Gallensteine entstehen durch ein gestörtes Mischungsverhältnis des Gallensaftes, den die Leber produziert. Die Gastro-Liga erläutert, dass die Gallenflüssigkeit zu etwa 80 Prozent aus Wasser besteht und außerdem Cholesterin, Gallensäuren, den Gallenfarbstoff Bilirubin sowie Lecithin und Elektrolyte enthält. Werden durch die Leber zu viel Cholesterin, Bilirubin oder Kalzium beigemischt, können diese Stoffe Kristalle bilden, die sich eventuell im Laufe der Zeit zu Steinen formieren. Das Cholesterin in der Galle kann auch durch andere Faktoren zunehmen: bei Übergewicht, in der Schwangerschaft, bei starker Gewichtsabnahme oder auch im Alter. Ebenfalls Einfluss auf das Mischungsverhältnis können längere Fastenperioden, Stress oder unregelmäßige Mahlzeiten haben und somit Gallensteine fördern.
Blutuntersuchung und Ultraschall
Weitere Faktoren, die eine Entstehung fördern können, sind fettreiche Ernährung, chronische Verstopfungen und auch Bewegungsmangel. Allerdings ist bei vielen Patienten die Bildung auch genetisch bedingt. Im Laufe des Lebens machen sich die Gallensteine nur bei einem Viertel der Betroffenen bemerkbar. Oft treten Völlegefühl, Blähungen oder eine latente Übelkeit auf, diese Symptome können aber auch andere Ursachen haben. Treten solche unspezifischen Beschwerden auf, ist ein Arztbesuch anzuraten. Anke Richter vom Deutschen Hausärzteverband erklärt dazu: „Ich befrage jeden Patienten mit Oberbauchbeschwerden zu Krankheiten in der Familie, zur Verdauung und wann die Beschwerden auftreten." Eine Blutuntersuchung mit Leber- und Entzündungswerten gibt Aufschluss und mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung der Gallenblase können die Steine sofort gesehen werden. Birkner fügt an: „Zu einer Anamnese gehört auch eine Magenspiegelung, um auszuschließen, dass der Magen die Ursache ist." Eindeutige Symptome, die keinen Zweifel zulassen, sind extreme Schmerzen im rechten Oberbauch oder in der Magengrube, die ohne Vorankündigung auftreten. Diese fühlen sich an, als ob das Innere gleichzeitig auseinandergezogen und zusammengedrückt wird.
Stundenlange Schmerzen durch Gallenkolik
Zu den genannten Leiden kommen manchmal auch Übelkeit und Erbrechen hinzu. Außerdem in den Rücken ausstrahlender Schmerz und ganz typisch: ziehende Schmerzen in der rechten Schulter. Dies alles sind Anzeichen einer Gallenkolik, die nur 15 Minuten, aber auch bis zu fünf Stunden dauern kann. Zu einer solchen Kolik kommt es, indem Gallensteine aus der Gallenblase in den Gallengang rutschen und an der Mündung in den Zwölffingerdarm steckenbleiben. Der Druck im Gallengang wird dadurch erhöht und die Gallenflüssigkeit kann nicht abfließen. Prof. Tilman Sauerbruch von der Gastro-Liga in Gießen erklärt: „Ebenso können Steine auch am Hals der Gallenblase feststecken, wenn diese sich zusammenzieht und die Galle in Richtung Gallengang und Dünndarm abgibt." Es wird aber weiter Sekret von der Gallenblasenschleimhaut produziert und so steigt der Druck in der Gallenblase. Der Auslöser kann aber auch Gallengries (engl. Sludge) sein und so meint Hausärztin Richter: „Diese Gallensteinkrümelchen sind tückisch, denn sie rutschen leicht in den Gallengang und verstopfen ihn genauso wie ein Gallenstein."
Nicht auf die lange Bank schieben
Jeder, bei dem die bekannten Symptome auftreten, wäre schlecht beraten, wenn er das Problem auf die lange Bank schiebt. Sauerbruch rät: „Dauert die Kolik länger als eine Stunde, sollte ein Arzt aufgesucht oder der Notarzt gerufen werden.“ Es bestehe nämlich das Risiko gefährlicher Komplikationen wie einer akuten Entzündung der Gallenblase, der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse. („“) Diese Risiken müssen abgeklärt werden und darüber hinaus kann der Arzt mit Medikamenten die Schmerzen lindern. Ist die akute Attacke dann überstanden, ist das Problem damit jedoch leider nicht verschwunden. Laut der Gastro-Liga folgt bei der Hälfte der Patienten einer Kolik binnen eines Jahres die nächste und dabei kehren die Attacken oft wie aus heiterem Himmel wieder.
Entfernung der Gallenblase
Den Betroffenen wird von Ärzten oft zur Entfernung der Gallenblase geraten. Bei einer solchen Operation wird das Organ im Rahmen einer Bauchspiegelung über drei bis vier kleine Schnitte im Bauch entnommen. Methoden, wie das Zertrümmern der Steine oder deren Auflösen mit Medikamenten, gelten als überholt. Es würden sich innerhalb kurzer Zeit neue Steine bilden, da das eigentliche Problem, das gestörte Mischungsverhältnis des Gallensaftes, nicht behoben wird. Nach der OP wäre auch keine besondere Ernährung nötig und auch seien bei fettigen Speisen keine Medikamente erforderlich. Von der Leber fließt der Gallensaft über den Gallengang weiter in den Darm. Ein erneutes Bilden von Steinen in den Gallengängen sei äußerst selten. Es sei vielmehr so, dass der Betroffene wieder ein ganz normales Leben führen könne, ohne Angst vor einer weiteren Kolik, dafür aber mit mehr Genuss. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.