Junge Frauen bekommen wieder mehr Kinder
05.09.2011
Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts in Rostock bekommen junge Frauen in Deutschland mehr Kinder als Ältere. Demnach findet derzeit eine demografische Wende in der Geburtenrate statt. Nach Meinung der Forscher könnte das Elterngeld und der Ausbau der Kindergärten trotz bisheriger Behauptungen tatsächlich zur Steigerung der deutschen Geburtenrate beitragen. Ein wissenschaftlichen Nachweis für die These gibt es jedoch nicht, da auch in den anderen EU-Ländern ein signifikanter Anstieg zu beobachten ist.
Junge Frauen bekommen mehr Kinder
Junge Frauen in Deutschland bekommen im Schnitt mehr Kinder, als es noch Ältere taten. Das ergab eine demografische Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock. Die Studienautoren erklärten, dass anhand der Ergebnisse eine Trendwende „bei den Geburtsjahrgängen um 1970“ erkennbar ist. Frauen, die vor 1970 geboren und demnach heute 40 Jahre alt sind, bekommen statistisch gesehen 1,5 bzw. 1,6 Kinder. Frauen, die danach geboren wurden, bekommen aller Voraussicht nach mehr Kinder, wie das Forscherteam um Joshua Goldstein und Michaela Kreyenfeld im Fachmagazin "Population and Development Review" erklärten. Die Wissenschaftler sind die ersten in ihrem Fachgebiet, die in Deutschland eine Trendumkehr bei den Geburtenraten feststellen. Das Team vermutet, dass die Kehrtwende im Kontext einer veränderten Familienpolitik zu betrachten ist. "Die Trendumkehr bei den endgültigen Geburtenraten könnte mit Änderungen in der jüngeren Familienpolitik zusammenhängen", sagte Goldstein. Frauen, die Anfang der 1960er Jahre gebaren, hatten noch deutlich weniger Kinder. Ab dem Geburtenjahrgänge Mitte der 70er stieg die Kinderanzahl aber wieder an, so Goldstein.
Das Elterngeld, dass im Jahre 2007 eingeführt wurde und der Beginn des Ausbaus der Kindergärten im Jahre 2008 hätten nun erste Positiveffekte hervor gerufen. Bislang waren Statistiker und Kritiker davon ausgegangen, dass die Familienpolitik der ehemaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) ins Leere verlaufen. Aus diesem Grund hatten mehre Politiker die Abschaffung des Elterngeldes gefordert, dass im eigentlichen Sinne keine Sozialleistung darstellt, weil die Elterngeldbezüge anhand des Einkommens nach oben hin berechnet werden. Nach Ansicht der Wissenschaftler könne nun ein leichter demografischer Trend beobachtet werden. Die Untersuchungen beziehen sich auf statistische Auswertungen der Daten der amtlichen Geburtsstatistik. Zwar bekommen Mütter immer später ihre Kinder, weil sich viele zunächst um ihre Ausbildung und Karrierechancen kümmern, allerdings setze sich der Trend der vergangenen Jahre zu weniger Babys nicht fort.
Keine genaue Datenlage
Genauere Messdaten konnten die Forscher allerdings nicht liefern. Bei den älteren Frauen könne man genau bestimmen, wie viele Kinder sie bislang geboren haben. Umso jünger allerdings die Frauen sind, um so schwieriger wird es, die Berechnungen exakt zu erfassen, wie die Forscher betonten. Aber: Eine „Trendumkehr ist sehr wahrscheinlich“, so Goldstein. „Das ist ein Schätzwert“ betont Michaela Kreyenfeld. Dieser Wert wird verzehrt, weil Frauen immer später ein Kind bekommen. Wird die Verzerrung heraus gerechnet, erhält man eine höhere Geburtenrate. Zur Grundlage der Berechnungen verwendeten die Forscher Zeitreihen, die das Alter und die Geburten der ersten, zweiten und dritten Kinder der Frauen anzeigten. Der Wert wird auf Jahresbasis berechnet, um das aktuelle Geburtenverhalten aufzuzeigen. Das wirkliche Geburtenverhalten kann erst berechnet werden, wenn alle endgültigen Daten zusammengetragen wurden.
Im Jahre 2008 waren die Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes in Ostdeutschland im Schnitt 27,5 Jahre und im Westen 28,7 Jahre alt. Vor 11 Jahren waren die Frauen bei der Erstgeburt 1,4 bzw. 1,3 Jahre jünger. Die bisherigen Auswertungen von Ost- und Westdeutschland waren bislang von älteren Erhebungen ausgegangen. In Ostdeutschland betrug die Geburtenrate 1,46. Hier dominierte das bereits zu DDR Zeiten gut ausgebaute Kindertagesstättennetz. Zudem haben es Familien in den neuen Bundesländer wesentlich einfacher einen Kindergartenplatz zu finden, weil der Anteil der Familien durch Wegzüge in den Westen im Gegensatz zum Angebot der Kinderbetreuung steigend ist. Im Westen betrug die Rate bislang 1,39.
Zusammenhang von Elterngeld und Geburtenrate nicht bewiesen
Ganz bewiesen ist der Zusammenhang zwischen Familienpolitik oder Trendumkehr nicht. Darauf verweisen auch die Forscher. Denn auch in den anderen europäischen Ländern kann beobachtet werden, dass Frauen der jüngeren Geburtenjahrgänge mehr Kinder bekommen. Zu denken ist, dass in den anderen EU-Ländern Zuwendungen wie Elterngeld unbekannt sind. Daher ist zwar eine demografische Trendwende ersichtlich, aber ein deutlicher Zusammenhang nur Vermutung. (sb)
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Bild: Matthias Hübner / pixelio.de
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