Wie sich Lungenzellen ein Leben lang an Allergene erinnern
Die Lunge besitzt spezialisierte Gedächtniszellen, die sich ein Leben lang an eingeatmete Allergene erinnern und sofort auf diese reagieren. Forschende aus Österreich sehen in dieser neuen Erkenntnis einen möglichen Grund, warum ein Großteil der Asthma- und Heuschnupfen-Betroffenen lebenslang allergisch reagieren und warum sich die Reaktionen verstärken, wenn sie häufiger mit den Allergenen in Kontakt kommen.
Eine aktuelle Studie der Medizinischen Universität Wien identifiziert sogenannte T-Lymphozyten in der Lunge als Gedächtniszellen, die sich an eingeatmete Allergene erinnern und sofort auf diese reagieren, wenn sie erneut eingeatmet werden. Diese speziellen Zellen verbleiben ein Leben lang im Lungengewebe und sorgen dafür, dass Asthmatikerinnen und Asthmatiker Anfälle erleiden. Die Forschenden sehen in diesen Zellen den Grund, warum eine Allergie oft lebenslang bestehen bleibt. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Frontiers in Immunology“ vorgestellt.
Asthma und Heuschnupfen sind stark verbreitet
Rund 70 bis 100 Millionen Menschen in Europa leiden unter Asthma oder allergischem Schnupfen. Atmen die Betroffenen Allergene wie Pollen von Gräsern und Bäumen ein, führt dies sofort zu Symptomen wie Kurzatmigkeit, Husten und pfeifender Atmung. Die genauen Gründe, warum diese heftige Reaktion auf an sich ungefährliche Substanzen stattfindet, sind bis heute weitgehend unbekannt. Asthma und Heuschnupfen stellen auch ein gesundheitspolitisches bzw. gesellschaftliches Problem dar. Die jährlichen Kosten für Arbeitsausfälle und das Gesundheitssystem werden in der EU auf 55 bis 151 Milliarden Euro geschätzt.
Keine Anfälle ohne Allergene
„Allergisches Asthma kann ein chronisches Leiden sein, tritt aber oft nur zeitweise auf. So etwa, wenn Menschen mit Allergenen, auf die sie sensibilisiert sind, in Kontakt kommen“, berichtet Studienleiterin Michelle Epstein in einer Pressemitteilung der Medizinischen Universität Wien. Beispielsweise führe saisonales Asthma, das von Baumpollen hervorgerufen wird, nur dann zu Asthmaanfällen, wenn die Pollen in der Luft sind und eingeatmet werden. Zu anderen Zeiten weisen die Betroffenen keine Lungenprobleme auf.
Warum eine Lunge nie etwas vergisst
„Unsere Studie zeigt erstmals, dass T-Lymphozyten (Th2-TRMs) über 600 Tage in der Lunge verbleiben und beweist, dass immunologisches Gedächtnis bereits nach dem ersten Anfall von allergischem Asthma induziert wird und die Gedächtnis-T-Zellen ein Leben lang erhalten bleiben“, erklärt die Allergie-Expertin. Die Forschenden fanden rund 150.000 bis 200.000 Gedächtniszelle in der Lunge, die sofort aktiviert werden, wenn Allergene eingeatmet werden. Außerdem fand das Forschungsteam Hinweise darauf, dass sich die Anzahl der Gedächtniszellen erhöht, wenn eine Allergikerin oder ein Allergiker häufig den Allergenen ausgesetzt ist. Dies könne möglicherweise zu einem schweren Verlauf der Allergie führen.
Neue Therapie für Asthma?
Die Forschenden halten es für möglich, dass aus diesen Erkenntnissen eine neue Therapie gegen Asthma entstehen kann. Hierfür müsse man gezielt die Gedächtniszellen der Lunge manipulieren. „Aber dazu ist es notwendig, einen Weg zu finden, dass diese Zellen selektiv eliminiert werden, ohne andere Gedächtnis-T-Zellen zu beeinträchtigen, die uns vor Bakterien und Viren schützen“, ergänzt Mitautor Sahar Kazemi.
Ozonbelastung verstärkt Allergiebeschwerden
Eine weitere Studie kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass eine starke Ozonbelastung in der Luft die Symptome von Allergien und Asthma verstärken können. Für weitere Informationen lesen Sie: Ozon verstärkt Pollenallergie und Asthma. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.