LSG Darmstadt: Erhaltung der Gesundheit zählt zum Existenzminimum
In Deutschland lebende, befristet geduldete Ausländer dürfen bei einer Hepatitis-C-Behandlung nicht allein gelassen werden. Erhält der Ausländer Asylbewerberleistungen, muss das Sozialamt ihm grundsätzlich auch die erforderliche antivirale Therapie bezahlen, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Dienstag, 17. Juli 2018, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: L 4 AY 9/18 B ER). Voraussetzung für die Übernahme von Krankheitskosten sei, dass der Ausländer sich nicht nur kurzfristig in Deutschland aufhält und es sich nicht um die Behandlung einer Bagatellerkrankung handele.
Damit kann der aus Aserbaidschan stammende Antragsteller sich doch noch wegen seiner Hepatitits-C-Erkrankung behandeln lassen. Der Mann reiste Ende 2015 mit seiner Frau aus den Niederlanden ohne Papiere in die Bundesrepublik ein. Er beantragte eine Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Als im Oktober 2016 bei ihm eine Hepatitis-C-Infektion festgestellt wurde, empfahl ein ärztliches Gutachten eine zwölfwöchige antivirale Therapie mit einer Heilungschance von 90 Prozent.
Der zuständige Landkreis Fulda lehnte die Kostenübernahme für die Behandlung ab. Leistungen könnten für befristet geduldete Ausländer nur auf niedrigem Niveau erbracht werden. Außerdem sei der Mann zur Ausreise in die Niederlande verpflichtet.
Per einstweiliger Anordnung wollte der Ausländer die Kostenübernahme erzwingen. Sein Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert.
In seiner Entscheidung vom 10. Juli 2018 verpflichtete das LSG den Landkreis zur Kostenübernahme. Auch geduldete Ausländer im Asylbewerberleistungsbezug hätten Anspruch auf ärztliche Behandlung von akuten Erkrankungen und der Sicherung der Gesundheit. Das Grundgesetz gewähre einen Leistungsanspruch auf Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Dazu gehörten auch Gesundheitsleistungen.
Zu den unerlässlichen Leistungen gehörten alle erforderlichen Therapiemaßnahmen, soweit es sich nicht um Bagatellerkrankungen handele und der Ausländer sich nicht nur kurzfristig in Deutschland aufhalte. Hier sei die zwölfwöchige antivirale Therapie der chronischen Hepatitis C zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich. Es könne auch nicht weiter abgewartet werden, da unklar sei, wann der Mann abgeschoben werden könne. fle
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