Schlafapnoe: Durch Zungenschrittmacher bleiben Atemwege während des Schlafs offen
Gesundheitsexperten zufolge leiden rund 3,7 Millionen Menschen in Deutschland unter obstruktiver Schlafapnoe. Dabei kommt es während des Schlafens immer wieder zu gefährlichen Atemaussetzern. Ein implantierter Zungenschrittmacher kann dafür sorgen, dass die Atemwege während des Schlafs offen bleiben.
Sauerstoffmangel durch aussetzende Atmung
Wie das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) in einer Mitteilung berichtet, leiden rund 3,7 Millionen Menschen in Deutschland unter obstruktiver Schlafapnoe. „Bei diesem Syndrom erschlafft die Zungenmuskulatur und das umliegende Gewebe während des Schlafes“, erläutert Prof. Dr. Rudolf Hagen. „Dabei werden die oberen Atemwege verschlossen und die Atmung setzt aus. Der daraus folgende Sauerstoffmangel führt unter anderem zu häufigen Aufwachreaktionen während der Nacht“, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, plastische und ästhetische Operationen des UKW.
Schlafapnoe muss unbedingt behandelt werden
„Eine Schlafapnoe ist eine schwerwiegende Erkrankung, die in jedem Fall behandelt werden muss“, schreibt der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte auf seiner Webseite „HNO-Ärzte im Netz“.
Durch den Sauerstoffmangel besteht ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt und Schlaganfall.
Bleibt die Schlafapnoe unbehandelt, erhöht sich die Sterblichkeit der Patienten deutlich: „Binnen 10 Jahren versterben 40 bis 50% der Betroffenen. Wird die Schlafapnoe entsprechend ihrer Ursachen adäquat behandelt, ist die Prognose jedoch in der Regel gut“, berichten die HNO-Ärzte.
Standardtherapie nicht für alle Patienten geeignet
Laut dem UKW können die Betroffenen als Standardtherapie eine spezielle Maske tragen, die ihnen während des Schlafens kontinuierlich Umgebungsluft mit einem leichten Überdruck zuführt.
Bei diesem als CPAP (vom englischen „Continuous Positive Airway Pressure“) bekannten Verfahren stabilisiert der Überdruck das im Schlaf entspannte Gewebe im Nasen- und Rachenraum und hält diesen offen.
„Obwohl die CPAP-Masken in diversen Varianten zur Verfügung stehen, gibt es eine beträchtliche Anzahl von Patienten, die diese Therapie aus unterschiedlichen Gründen nicht tolerieren können oder wollen“, sagt Dr. Philipp Schendzielorz, der Leiter des Schlaflabors des UKW.
Für diese Zielgruppe gibt es mit dem Zungenschrittmacher eine weitere Behandlungsoption.
Zungenmuskulatur wird aktiviert
Wie das UKW berichtet, besteht der Zungenschrittmacher aus drei funktionalen, miteinander durch Leitungen verbundenen Elementen, die alle nach der Implantation unter der Haut getragen werden.
Ein Sensor am Brustkorb erkennt den Atemrhythmus des Patienten und gibt diesen an einen Neurostimulator mit integriertem Generator weiter.
Dieses Modul verarbeitet die Atemsignale und sendet im passenden Takt elektrische Impulse an eine Stimulationselektrode, die auf dem Unterzungen-Nerv (Hypoglossus-Nerv) platziert wurde.
Die leichte elektrische Anregung des Nervs aktiviert die Zungenmuskulatur, so dass die Zunge nicht mehr zurückfallen kann.
Der Patient schaltet das System mit einer Fernbedienung per Knopfdruck vor dem Zubettgehen ein und am Morgen nach dem Erwachen wieder aus. Über die Fernbedienung lässt sich außerdem die Stärke der Stimulation vom Patienten selbst regulieren.
Dauerhaft verbesserte Lebensqualität
Nach Herstellerangaben nehmen die Patienten die Stimulation in der Regel nur gering oder gar nicht wahr. Für gewöhnlich werde ein leichtes Kribbeln oder eine leichte Kontraktion der Zungenmuskulatur gefühlt.
Die Batterie des Generators hält normalerweise acht bis elf Jahre und muss dann mit einer kurzen Operation ausgetauscht werden.
„Der Zungenschrittmacher ist eine geprüfte und sichere Behandlungsoption“, so Dr. Schendzielorz.
Seinen Angaben zufolge profitieren die Implantatträger nicht nur von einer nachhaltigen Reduktion der nächtlichen Atemaussetzer, sondern auch von einer dauerhaft verbesserten Lebensqualität sowie letztlich auch von einer höheren Lebenserwartung.
„Bei unbehandelter Schlafapnoe besteht ein stark erhöhtes Schlaganfall– und Herzinfarktrisiko. Außerdem wächst bei einer verstärkten Tagesmüdigkeit die Gefahr eines Sekundenschlafs am Steuer“, erläutert Dr. Schendzielorz. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.