Lebensgefahr wegen Medikamenten-Mix
29.09.2014
Unerwünschte Wechselwirkungen von Medikamenten-Cocktails bringen jedes Jahr tausende von Menschen ins Krankenhaus. Experten schätzen sogar die Zahl der Todesfälle infolge gefährlicher Arzneimittelkombinationen auf einen fünfstelligen Bereich. Besonders ältere Menschen, die häufig an mehreren Erkrankungen leiden, sind betroffen. Staatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU) weist im Hinblick auf das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) angekündigte E-Health-Gesetz gegenüber der Zeitung „Die Welt“ daraufhin, wie wichtig eine funktionierende elektronische Gesundheitskarte ist, um unerwünschter Neben- und Wechselwirkungen zu vermeiden. So sei es „zwingend notwendig“, dass auch Daten zur Medikation auf der Karte gespeichert werden.
Wechselwirkungen von Medikamenten-Cocktails können lebensbedrohlich sein
Heftige Schwindelanfälle, Übelkeit, Nasenbluten und viele andere Beschwerden können die Folge von Medikamenten-Cocktails sein. Laut dem Gesundheitsministerium ist bei etwa fünf Prozent aller Patienten, die ins Krankenhaus kommen, dies die Ursache ihrer gesundheitlichen Probleme. Für die Betroffenen und ihre Angehörigen ist ein solcher Bund oft schwer zu glauben: Die Medikamente, die sie gegen Bluthochdruck, Herzprobleme oder sonstige Beschwerden eingenommen haben, machen sie krank. Expertenschätzungen zufolge stirbt jedes Jahr etwa eine fünfstellige Zahl von Patienten an den Folgen von Wechselwirkungen von Medikamenten. Meist kann den Patienten mit aufwendigen Therapien geholfen werden, die die Krankenkassen jährlich Millionen kosten. Zudem hohen Gesundheitsrisiko für die Betroffenen sind die gefährlichen Arzneimittelkombination deshalb auch ein Kostentreiber im Gesundheitssystem.
Laumann fordert im Gespräch mit der Zeitung Krankenkassen und Ärzte auf, „nach jahrelanger Verzögerung endlich den Weg frei zu machen für eine voll funktionsfähige elektronische Versichertenkarte, die sämtliche Medikamente des Patienten speichern und in einem weiteren technischen Schritt auch Wechselwirkungen anzeigen kann.“
Bei mehreren Erkrankungen entsteht schnell ein Medikamenten-Cocktail aus unterschiedlichen Wirkstoffen
Das höchste Risiko für Wechselwirkungen haben Senioren. „Das Problem lebensgefährlicher Wechselwirkungen der von den Ärzten verschriebenen Medikamente ist gerade bei Patienten im Alter über 65 Jahren gewaltig", erläutert Gerd Glaeske, Professor für Arzneimittelversorgung an der Universität Bremen gegenüber der Zeitung. „10,2 Prozent der über 65-Jährigen, die ins Krankenhaus eingewiesen werden, leiden unter einem Zuviel an Arzneimitteln." Rund 50 Prozent dieser Altersgruppe leidet an zwei oder mehr Krankheiten und wird deshalb medikamentös behandelt. Da die Therapie dieser Erkrankungen meist bei unterschiedlichen Fachärzte erfolgt – typischerweise, einem Allgemeinmediziner oder Internisten, Orthopäden, Urologen oder Frauenarzt sowie einem Augenarzt – und diese jeweils das aus ihrer Sicht passende Medikament verordnen, sammeln sich leicht vier oder mehr Arzneimittel an, die der Patient täglich und häufig auch unmittelbar nacheinander einnimmt. „Betrachtet man aber die Gesamtmengen, kommt oftmals eine große Summe von Wirkstoffen zusammen, bei denen die Gesundheitsrisiken durch Wechselwirkungen viel zu wenig Beachtung finden", so Glaeske, der ehemals Mitglied im Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen war.
Hinzu kommt, dass die Leber- und Nierenaktivität mit dem Alter nachlässt, so dass sich die Intensität und Dauer der Wirkkraft von Medikamenten stark verändern und ebenfalls zu Problemen führen können. Viele Menschen schlucken zudem regelmäßig nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate, die ebenfalls unerwünschte Wechselwirkungen begünstigen können.
Wechselwirkungen von Medikamenten und Milch
Auch herkömmliche Lebensmittel wie Milch können nicht bedenkenlos mit Medikamenten wie Antibiotika eingenommen werden. Denn das Kalzium aus der Milch geht im Magen-Darm-Trakt schwer lösliche Verbindungen mit bestimmten Arzneistoffen ein, die dann vom Blut nicht mehr aufgenommen werden können. Auf diese Weise kann die Wirksamkeit der Mittel verhindert oder zumindest beeinträchtigt werden. Desweiteren können auch Lakritze, Grapefruits und Gojibeeren die Wirkung von Medikamenten hemmen oder verstärken. Informationen zu möglichen Wechselwirkungen können in der Apotheke erfragt werden. (ag)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.