Toxoplasmose beeinträchtigt Gedächtnis im Alter
Eine Infektion mit Toxoplasma gondii kann vor allem für Schwangere gefährlich werden. Die Gesundheit von Neugeborenen könnte dadurch beeinträchtigt werden. Doch der gefährliche Erreger hat offenbar deutlich längerfristige Auswirkungen. Forschern zufolge kann eine Infektion auch das Gedächtnis im Alter beeinträchtigen.
Jeder zweite Deutsche trägt Erreger im Körper
Erst kürzlich berichteten US-amerikanische Wissenschaftler, dass bei manchen Katzenbesitzern eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Aggressionen und Jähzorn ausgemacht wurde. Und zwar bei denjenigen, die eine Infektion durch Toxoplasma gondii erlitten hatten. Jeder zweite Deutsche ist Träger dieses Erregers. Der weltweit vorkommende Einzeller verursacht eine der häufigsten Infektionskrankheiten, die Toxoplasmose.
Vor allem für Schwangere und Neugeborene gefährlich
Bekannt ist diese Krankheit hauptsächlich im Zusammenhang mit gesundheitlichen Risiken für Menschen mit geschwächtem Immunsystem und in der Schwangerschaft. Wenn sich eine werdende Mutter infiziert, kann das beim Kind zu dauerhaften Fehlbildungen und Schädigungen führen. Leider bleibt Toxoplasmose bei Neugeborenen offenbar oft unentdeckt, berichteten Experten des Robert-Koch-Institus (RKI) im Fachmagazin „Scientific Reports”. Das kann sich auch sehr viel später noch negativ auswirken.
Beeinträchtigung des Arbeitsgedächtnisses im Alter
Studien am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) haben nun gezeigt, dass eine Infektion auch das Arbeitsgedächtnis im Alter beeinträchtigen kann. Wie die Hochschule in einer aktuellen Meldung berichtet, vermehrt sich der Parasit Toxoplasma gondii nur im Darm von Katzen. Über den Katzenkot finden die robusten Parasiteneier ihren Weg in fremde Organismen, beispielsweise von Mäusen oder Vögeln.
Menschen infizieren sich demnach häufig durch Kontakt mit kontaminiertem Wasser, Gemüse oder nicht durchgegartem Fleisch von infizierten Nutztieren. Zwar bleibt die Infektion im Großteil der Fälle unbemerkt, doch die magensäureresistenten Erreger können die Blut-Hirnschranke passieren und sich lebenslang in Nervenzellen einnisten.
Verschlechterte Lebensqualität
Die Wissenschaftler am IfADo haben nach eigenen Angaben nun erstmals untersucht, ob dadurch kognitive Fähigkeiten beeinträchtigt werden. In einer Doppelblindstudie mit Senioren konnten sie zeigen, dass eine latente Infektion Gedächtnisleistungen und die subjektive Lebensqualität verschlechtern kann. Dafür testeten sie zwei Gruppen von über 65-Jährigen, eine Hälfte war latent mit Toxoplasmose infiziert, die andere nicht. In der Fachzeitschrift „Biological Psychology“ berichteten sie über ihre Ergebnisse.
Geringere Leistungen des Arbeitsgedächtnisses
Alle Probanden mussten Fragen zu Lebenssituation und Lebensqualität beantworten. Danach folgten verschiedene PC-Tests zu Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit und Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung.
Die Teilnehmer sollten unter anderem in einer schnellen Abfolge von einzelnen Buchstaben immer dann eine Taste drücken, wenn der vorletzte Buchstabe mit dem aktuell gezeigten übereinstimmte. Auf diese Art müssen Buchstaben im Kurzzeitgedächtnis gespeichert und kontinuierlich mit den neuankommenden Buchstaben verglichen werden.
Es zeigte sich, dass die Leistungen des Arbeitsgedächtnisses bei den Toxoplasmose-positiven Probanden um 35 Prozent geringer waren als bei den Nicht-Infizierten. Zudem schätzen die betroffenen Personen ihre körperliche, psychische und soziale Lebensqualität signifikant schlechter ein. Objektiviert wurden die gefunden Defizite in der Gedächtnisleistung mit EEG-gestützten Untersuchungen.
Zusammenhang von Toxoplasmose und Demenz
„Der Unterschied in der Arbeitsgedächtnisleistung zwischen Infizierten und Nicht-Infizierten entspricht in etwa der Differenz zwischen gesunden jungen Erwachsenen und Senioren“, erklärte IfADo-Studienautor Dr. Patrick Gajewski.
Laut den Experten wird für die Effekte ein durch die Toxoplasmose-Infektion verursachtes Ungleichgewicht des neuronalen Botenstoffhaushaltes von Dopamin und Norepinephrin verantwortlich gemacht. Daher sollte in Folgestudien ein Zusammenhang von Toxoplasmose und Demenz untersucht werden, da in beiden Fällen die Gedächtnisfunktion als erstes in Mitleidenschaft gezogen wird. „Die hohe Prävalenz der Toxoplasmose-Infektion und eine wachsende Anzahl von älteren Menschen verdeutlicht die sozioökonomische Bedeutung der Befunde“, so Gajewski. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.